Sommerfest 2.000 Gäste aus Politik und Wirtschaft folgten der IHK-Einladung Seite 10 Premiumpartner Warum der Handel mit dem Nachbarland Polen immer wichtiger wird Seite 56 Mehr in der BW Online IHK-Initiativen Internationale Fachkräfte Lückenschluss mit Projekten wie der „TalentsBridge“ nach Namibia Seite 44 Zukunft jetzt gleich Neugier und Innovationsfreude treiben Ingo und Carsten Rückert vom Familienunternehmen Wilhelm Dreusicke an. In Berlin sind sie damit genau am richtigen Platz Seite 18, Interview Seite 26 Das Magazin der Industrie- und Handelskammer zu Berlin 07-08/2025 ihk.de/berlin
Sebastian Stietzel ist Präsident der IHK Berlin und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments Jeder hat den Anspruch, innovativ zu sein, die Politik natürlich auch. Im Koalitionsvertrag des Bundes wird Innovation 49 Mal genannt, im Berliner Koalitionsvertrag immerhin 23 Mal. Doch was bedeutet das konkret? Und welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Inno- vationen entstehen können? Klar ist: Wissen und Kooperation sind entscheidende Hebel. Die Start-up-Factory Unite hat damit aktuell den Bund überzeugt und eine Millionen-Förderung für die Gründer-Szene in Berlin und Brandenburg gesichert. Hier machen sich starke Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft der Hauptstadtregion gemeinsam auf den Weg, um Know-how aus der Forschung in marktfähige Produkte zu übersetzen. Was es vom Geistesblitz zur Gründung braucht, lesen Sie in dieser Ausgabe Ihrer Berliner Wirtschaft. (S. 18) Rund um Innovationen als Treiber unternehmerischen Erfolgs dreht sich auch alles beim Festival der Berliner Wirtschaft am 11. September. Wir sehen uns hoffentlich dort! Ich freue mich auf den gemeinsamen Austausch. Ihr Wirtschaftskonferenz Im Mittelpunkt des diesjährigen Treffens von Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik stand die Infrastruktur in der Region rund um den BER. Straßen- und Schienennetz müssen dringend ausgebaut werden, so die einhellige Meinung und Forderung der Experten. Seite 14 berliner-wirtschaft.de Mehr Business-News und Storys aus den Unternehmen der Hauptstadt, dazu Zahlen, Fakten und Meinungen bietet der Online-Auftritt der „Berliner Wirtschaft“: Warum eine Idee noch keine Innovation ist ZEICHNUNG: ANDRÉ GOTTSCHALK; TITEL: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025 Editorial | 03
AGENDA 10 Sommerfest 2.000 Gäste feierten mit der IHK ein beschwingtes Fest 12 Vollversammlung IHK-Gremium fordert vom Senat mehr Reformwillen 13 Kolumne Sonja Jost macht deutlich, dass Ausgründungen Teil der Innovationspolitik sind 14 Wirtschaftskonferenz Optimierung der Infrastruktur am BER zentrales Thema 15 Verwaltung Nach beschlossener Reform muss nun gehandelt werden 16 Politikgespräch Berliner Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe stellt sich den Fragen der Wirtschaft FOKUS 18 Innovation Forschung und Netzwerke bilden in Berlin einen satten Nährboden für Innovation, die Start-up-Factory Unite bringt die Akteure zusammen 22 Unternehmensbeispiele Drei Firmen, drei Konzepte, aber bei allen steht Innovation ganz oben: Dussmann, Biokorntakt und Beyobie 26 Interview Ingo und Carsten Rückert, Geschäftsführer, erzählen, wie sie Wilhelm Dreusicke regelmäßig neu erfinden Wir diskutieren sehr oft neue Ideen mit unseren Mitarbeitern. BRANCHEN 30 Influencer-Marketing Elias Nerlich baut mit großer Internet-Reichweite seinen Fußballclub Delay Sports auf 33 Standort Ku’damm-Großprojekt „Fürst Berlin“ wird weitergebaut 36 Start-up Ines Schiller, Mitgründerin der Vyld GmbH, im Interview 37 Kreativwirtschaft House of Games soll Berlin zur ersten Adresse für die boomende Branche machen 38 Gründerstory ODE International GmbH setzt auf den Aperitifmarkt 40 Wettbewerb „Mittendrin Berlin!“ sorgt für Schwung in den Zentren 42 Jubiläum Unternehmensnetzwerk Motzener Straße ist seit 20 Jahren für den Standort aktiv 43 Historie C.L.P. Fleck Söhne baute ausgeklügelte Maschinen für die Holzverarbeitung Influencer-Marketing Im Internet ist Elias Nerlich ein Popstar. Seine Popularität nutzt er für den Aufbau eines Fußballvereins 30 18Innovation Experimentierfreudige Köpfe und eine exzellente Wissenschaftslandschaft machen Berlin zu einem Biotop für Innovation Ingo Rückert Geschäftsführer Wilhelm Dreusicke GmbH & Co. KG 26 Inhalt | 04
03 Editorial | 06 Entdeckt | 35 Impressum | 51 Seminare 65 Gestern & Heute | 66 Zu guter Letzt FACHKRÄFTE 44 Integration IHK Berlin schlägt innovative neue Wege gegen den Fach- kräftemangel ein 49 Berufsorientierung Azubis berichten in den Schulen von ihrer Ausbildung 50 Auszeichnung Geyer Umformtechnik für Ausbildungsqualität geehrt 52 Verbundausbildung Gemeinsam qualifizieren und so die nötige Fachkraft finden SERVICE 56 Auslandsgeschäft Auch wenn nicht alles ohne Probleme läuft in Polen, wird das Nachbarland als Partner für Berlin immer wichtiger 60 Gewerberecht Betreiber eines Foodtrucks benötigen in der Regel eine Reisegewerbekarte – und müssen einiges beachten 63 Beratung Was jemand tun muss, der sich als Immobilienmakler selbstständig machen möchte Sommerfest IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner begrüßte die Gäste vor dem Ludwig Erhard Haus zum „Familienfest“ 10 Schreiben Sie uns Worüber möchten Sie in der „Berliner Wirtschaft“ informiert werden? Senden Sie Ihre Anregungen per Mail an: bw-redaktion@berlin.ihk.de FOTOS: GETTY IMAGES /J STUDIOS, AMIN AKHTAR (2), IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025 Inhalt | 05 das uns! Überlassen Sie Professionelle Entsorgungslösungen für: Gewerbeabfälle Bedarfsgerechte Konzepte zur Erfassung Ihrer gemischten Gewerbeabfälle – entsprechend der Gewerbeabfallverordnung Altpapier Beste Preise für Industrie, Handel, Gewerbe, Wohnungswirtschaft und Privathaushalte Gewerbefolien Kostengünstige und umweltgerechte Wertstoffentsorgung Andere Abfälle Zuverlässige Erfassung aller anderen Abfälle zur Verwertung (Glas, Holz, Schrott, E-Schrott) Bartscherer & Co. Recycling GmbH Montanstraße 17-21 13407 Berlin Tel: (030) 408893-0 Fax: (030) 408893-33 www.bartscherer-recycling.de Bestellungen direkt im Onlineshop. Günstige Pauschalpreise für Umleerbehälter von 240 l bis 5,5 cbm.
Inhaber kleiner Musiklabels können ein Lied davon singen: Bei der Vinyl-Herstellung müssen sie sich wegen Produktionsengpässen oft hinten anstellen. Jeremy Guillot und Daniel Plasch, beide erfahrene Unternehmer aus der Branche, lösten das Problem, indem sie ihr eigenes Presswerk gründeten, die Objects Manufacturing Oberspree GmbH. Seit 2023 läuft der Betrieb in einer Halle auf dem traditionsreichen Industrieareal an der Wilhelminenhofstraße in Schöneweide (Foto rechts: Mitarbeiter Vladimir Händel an einer Schallplattenpressmaschine). Weil das Unternehmen mit vielen Recycling-Materialien und auch darüber hinaus mit hohen Standards bei Umwelt-und Klimaschutz arbeitet, wurde es im vergangenen Jahr bei den „Listen to Berlin: Awards“ der Berlin Music Commission mit dem Preis für Nachhaltiges Wirtschaften ausgezeichnet. Schwarzes Gold Entdeckt | 06 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
FOTOS: ULRICH SCHUSTER Entdeckt | 07 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
„Das ist ein guter Tag für den Wirtschaftsstandort Berlin. Mit Unite entsteht ein ambitionierter Nukleus für wissenschaftsbasierte Ausgründungen in Berlin. Die Start-up-Factory wird eine Brücke zwischen forschungsbasierten Ausgründungen und KMU schlagen und die Voraussetzungen für einen neuen industriellen Mittelstand schaffen. Unite kann auch zum Ausgangspunkt für eine nachhaltig prosperierende Deeptech-Wirtschaft werden.“ Die Start-up-Factory Unite ist als Leuchtturmprojekt für wissensbasierte Gründungen prämiert worden Neue Chance für Deeptech gesagt Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin 5.760 Taxis sind laut Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten aktuell in Berlin gemeldet. Damit steigt die Zahl wieder. Vor einem Jahr waren es rund 150 weniger. Im Jahr 2019, vor der Corona-Pandemie, hatte Berlin noch mehr als 8.000 Taxis. kopf oder zahl Dr. Malte Dous Thomas Götze ist neuer Managing Director für Zentraleuropa beim Fintech Qonto. Nach seinem Karrierestart bei der Boston Consulting Group hat Malte Dous in den vergangenen zwölf Jahren im E-Commerce Plattform- Geschäftsmodelle für Zalando, Wayfair und DocMorris aufgebaut. Betriebswirtschaftslehre studiert und promoviert hat er an der Universität St. Gallen. vom Verein Berliner Beratungsdienst ist erster Vorsitzender des neu gegründeten Bundesverbands der Wirtschaftssenioren. Eines der Ziele des Bundesverbandes ist es, die Vereine auf regionaler und Landesebene zu unterstützen und bekannter zu machen. Mit rund 1.000 Experten im aktiven Ruhestand ist der Verband das größte Beratungsnetzwerk seiner Art. FOTOS: BUNDESVERBAND DER WIRTSCHAFTSSENIOREN, QONTO, GETTY IMAGES/BORIS SV, CHRISTIAN KIELMANN Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025 Kompakt | 08
Ja, immer Ja, hin Nein 57,0 % 15,6 % 27,4 % IHK-Umfrage: Melden Sie o ene Ausbildungsplätze an die Agentur für Arbeit? und wieder 18,3 % der Unternehmen melden Azubi-Stellen nicht, weil die Arbeitsagentur keine Bewerber vermitteln konnte. Sandra Theede, IHK-Expertin für Ausbildung Tel.: 030 / 315 10-829 sandra.theede@berlin.ihk.de Verzerrte Statistik Mehr als 40 Prozent der Ausbildungsbetriebe melden nicht oder unregelmäßig offene Ausbildungsplätze bei der Agentur für Arbeit berliner wirtschaft in zahlen Berlin ist groß. Lange Strecken zu fahren ist normal, das Auto für viele Menschen dabei Verkehrsmittel der Wahl. Auch Lieferan- ten und Dienstleister legen weite Wege zurück. Zurzeit wird Tempo 30 auf etlichen Hauptstraßen geprüft. 30 oder 50 – das macht einen Unterschied. Gefühlt aber noch mehr, ob Ampeln so geschaltet sind, dass der Verkehr fließt. „Grüne Welle“ hieß das einst und sparte Emissionen und Nerven. Erinnert sich jemand? bw Was finden Sie typisch? Schreiben Sie uns: bw-redaktion@berlin.ihk.de Stop-and-Go typisch berlin IHK-Umfrage: Melden Sie offene Ausbildungsplätze an die Agentur für Arbeit? Grafiken: BW Quelle: Umfrage der IHK Berlin Kompakt | 09
Mit 2.000 Gästen, darunter viel Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, feierte die IHK Berlin ein beschwingtes Sommerfest in der Fasanenstraße von Holger Lunau Ein Fest unter Freunden 1 2 3 agenda
1 Gute Stimmung vor dem Ludwig Erhard Haus: Auch das Wetter spielte mit, als sich Wirtschaft und Politik zum Sommerfest trafen 2 IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner nutzte die Gelegenheit zum Austausch mit der Unternehmerschaft 3 Die Verwaltungsreform freut alle: der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (l.) mit IHK-Präsident Sebastian Stietzel. Im Vordergrund: Iris Spranger, Berliner Innensenatorin Hin und wieder richteten sich besorgte Blick gen Himmel, aber die Regentore blieben zum Glück verschlossen. Und so feierten am 9. Juli bei lauen Temperaturen 2.000 Gäste ein beschwingtes IHK-Sommerfest. Bereits zum dritten Mal hatte die IHK zum Feiern vor und im Ludwig Erhard Haus eingeladen – zum „Familienfest“, wie es IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner zur Begrüßung formulierte. Erneut herrschte dichtes Gedränge auf der Festmeile in der Fasanenstraße, gekommen waren viele Unternehmerinnen und Unternehmer, Vertreter der brandenburgischen Kammern sowie ehrenamtlich tätige Helfer wie Ausschussmitglieder oder Prüferinnen und Prüfer. Aber auch zahlreiche Politprominente waren der Einladung gefolgt, um Bekannte zu treffen oder die Veranstaltung zum Netzwerken zu nutzen. Neben dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner wurden viele Senatorinnen und Senatoren gesichtet, auch Staatssekretäre, Abgeordnete und der frühere Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung bis zum späten Abend von der Berliner Band Sweet Music Collective und dem aus Budapest stammenden Songwriter Boti. Für die kulinarischen Highlights mit zwölf Foodtrucks sorgte das Catering-Unternehmen Berlin Cuisine. Bei der Eröffnung des Sommerfestes dankte IHK-Präsident Sebastian Stietzel dem Regierenden Bürgermeister, dass dieser sein Versprechen vom letztjährigen Sommerfest gehalten habe, binnen Jahresfrist die Verwaltungsreform auf den Weg zu bringen. „Doch mit diesem Etappen-Erfolg“, so Stietzel, „sind wir nicht am Ziel, denn die eigentliche Arbeit beginnt erst.“ Es komme jetzt auf die konsequente Übersetzung der Reform in konkretes Verwaltungshandeln an. Im Anschluss ging Stietzel auf die wirtschaftspolitisch drängenden Themen ein: „Unsere Unternehmen arbeiten jeden Tag für den Wirtschaftsstandort und steigern trotz herausfordernder Konjunktur die Zahl der Ausbildungsverträge. Doch selbst engagierten Ausbildungsunternehmen droht die widersinnige Ausbildungsplatzumlage. Die Wirtschaft braucht Rückenwind und optimale Rahmenbedingungen wie eine funktionierende Infrastruktur statt einer Strafabgabe für politische Versäumnisse der Vergangenheit. Das wäre ein wichtiges neues Sommerfest-Versprechen.“ Kai Wegner (CDU) lobte in seiner Rede die konstruktive Zusammenarbeit von Politik und IHK. Er verwies auf etliche Erfolge des Senats in vielen wirtschaftlich wichtigen Bereichen, darunter die Verwaltungsreform, das Schneller-Bauen-Gesetz und die stärkere Berufsorientierung in den Schulen. Die massive Kritik der IHK an der geplanten Ausbildungsplatzumlage wies der Regierungschef allerdings zurück. Das Bündnis für Ausbildung habe vereinbart, die Umlage einzuführen, wenn nicht bis zum Jahresende 2.000 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden, so Wegner. Wenn man gemeinsam Ziele vereinbare, sollte man sie auch gemeinsam erreichen, und fügte hinzu: „Ich bin verliebt ins Gelingen.“ Auch beim Thema Bewerbung um die Expo 2035, die gemäß einem Vollversammlungsbeschluss vom selben Tag von der IHK Berlin auch finanziell mit 250.000 Euro unterstützt wird, gab der Regierende Bürgermeister der IHK einen Korb. Der Senat habe entschieden, sich auf eine Olympia-Bewerbung zu konzentrieren. Olympische Spiele würden der Stadt viele Investitionen bringen, die sonst nicht kommen würden. ■ 4 Im Gespräch: Klaus Wowereit, ehemaliger Regierender Bürgermeister (l.), und Unter- nehmensnetzwerker Ulrich Misgeld 5 IHK-Vizepräsident Stefan Spieker mit Antje Meyer, IHK-Ausschussvorsitzende Kai Wegner Regierender Bürgermeister Ich bin allen dankbar, dass wir mit der Verwaltungsreform jetzt ein Fundament haben, dass unsere Stadt funktioniert. 4 5 FOTOS: IHK BERLIN/JENS AHNER (3), IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN (2) Sommerfest | 11 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
In ihrer Vollversammlung im Juli forderte die IHK den Senat auf, bei den Landesfinanzen und in der Berufsausbildung Reformwillen zu beweisen von Holger Lunau Konsolidieren, modernisieren! S ie sind Dauerthemen im Alltag der IHK Berlin: die Landesfinanzen und die Berufsausbildung. Und es erinnert an Sisyphos, wenn immer wieder diese Themen diskutiert werden, sich aber (fast) nichts bewegt. Und so forderte die IHK-Vollversammlung (VV) am 9. Juli in Positionspapieren die jeweils Verantwortlichen auf, endlich Reformwillen zu beweisen. Die Finanzlage des Landes Berlin ist äußerst angespannt, und es fällt dem Senat nicht leicht, Ausgaben für 2026/2027 zu kürzen. Das weiß auch die Wirtschaft. Doch wenn schon gespart werden muss, dann intelligent und verbunden mit Effizienzsteigerungen, wie IHK-Geschäftsführer Henrik Vagt betonte. Dazu unterbreitete die VV zahlreiche Vorschläge. Zu den wichtigsten Punkten gehören unter anderem die Mobilisierung von privatem Kapital, die verstärkte Nutzung von Förderkrediten, die langfristige Sicherung von EU-Strukturfördermitteln, die Senkung der Verwaltungskosten durch Digitalisierung und der Abbau von parallelen Verwaltungsstrukturen. Zudem werden konsequente und digitalisierte Kontrollen zur Bekämpfung von Schattenwirtschaft, zeitnahe Betriebsprüfungen und eine moderne Parkraumbewirtschaftung gefordert. Darüber hinaus soll das Rechnungswesen von der Doppik auf eine ziel- und wirkungs- orientierte Haushaltsführung umgestellt werden. Berufsausbildung wieder im Fokus Ein seit Längerem diskutiertes Thema ist auch die Modernisierung der dualen Berufsausbildung, um ihre Attraktivität für Betriebe wie Auszubildende nachhaltig zu stärken, wie IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner erklärte. Die IHK Berlin fordert deshalb unter anderem die gesetzliche Verankerung der inhaltlichen Zusammenarbeit von beruflichen Schulen und Betrieben, die Etablierung regelmäßiger Austauschformate zur Abstimmung von Ausbildungsinhalten und einen stärkeren Praxisbezug im Unterricht, etwa durch Integration betrieblicher Expertise. Darüber hinaus sollen die Ausbildungsstrukturen flexibilisiert werden durch Einführung modularer Ausbildungsmodelle mit klaren, aufeinander aufbauenden Qualifikationsstufen, die individuelle und bei Bedarf auch beschleunigte Ausbildungswege ermöglichen. Dazu gehöre die rechtliche Verankerung modularer Ausbildungselemente und von Teilabschlüssen. Nicht zuletzt müssten Ausbildungsordnungen schneller aktualisiert werden, um auf technologische und wirtschaftliche Entwicklungen zu reagieren. ■ IHK-Vollversammlung am 9. Juli: Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner forderte unter anderem eine gesetzliche Verankerung der inhaltlichen Zusammenarbeit von beruflichen Schulen und Betrieben FOTO: IHK BERLIN/INES HASENAU AGENDA | Vollversammlung | 12 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
Wissenschaft braucht mehr Wagnis Ausgründungen müssen als strategisches Element der Innovationspolitik begriffen und entsprechend gefördert werden – hier ist dringend ein Umdenken erforderlich Neues zu schaffen, war schon immer Teil wirtschaftlichen Lebens. Doch in Zeiten tiefgreifender Transformation reicht es nicht, nur Bestehendes zu modernisieren – wir müssen Raum für Neues schaffen. Wissenschaftliche Ausgründungen bieten enormes Potenzial, um Innovationen aus der Forschung in die Praxis zu überführen. Doch dieses Potenzial bleibt in Deutschland viel zu oft ungenutzt. Start-ups – etwa in der Medikamenten- entwicklung oder Medizintechnik – haben gezeigt, wie aus Erkenntnis wirtschaftlicher Fortschritt wird. Sie verbinden wissenschaftliche Tiefe mit unternehmerischem Mut. Dennoch fließen nur 0,2 Prozent des Venture Capital in Chemie-Start-ups. In anderen Deeptech-Bereichen sieht es kaum besser aus. Gleichzeitig investiert der Staat jährlich über 37 Mrd. Euro in Forschung – ohne sicherzustellen, dass daraus auch neue Industrien entstehen. Ein Grund: Förderprogramme wie GRW schließen Start-ups oft aus, weil sie nach drei Jahren bilanziell als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ gelten können, wenn sie sich beispielsweise aus Darlehen des ProFit-Programms der Investitionsbank Berlin finanziert haben. Der Grund: Die Verlustvorträge sind bei ihnen schnell höher als die Hälfte ihres Eigenkapitals. Formal greift dann regelmäßig eine EU-Regelung, durch die sie zu „Unternehmen in Schwierigkeiten“ deklariert werden – obwohl sie sich operativ gut entwickeln können. Dies trifft besonders forschungsintensive Start-ups, die in den ersten Jahren hohe Investitionen tätigen müssen. Könnte Berlin hier etwas tun? Selbstverständlich! Die EU-Richtlinie besagt nur, dass diese „Unternehmen in Schwierigkeiten“ andere Förderung bekommen sollen als solche Unternehmen, die nicht in Schwierigkeiten seien, und nicht, dass sie keine bekommen sollen. Leider werden aber diejenigen, die am meisten Unterstützung bedürfen, bisher noch ausgespart. Hier muss dringend etwas getan werden. Auch EU-Initiativen wie STEP oder der Critical Medicines Act benachteiligen junge Unternehmen strukturell: durch hohe Hürden, fehlende Start-up-Zugänge und eine Fokussierung auf etablierte Akteure. Dabei sind es gerade Start-ups, die mit digitalen, nachhaltigen und hochautomatisierten Lösungen neue Wege in der Produktion beschreiten – und damit Europas Wettbewerbsfähigkeit sichern könnten. Was es jetzt braucht, ist ein Umdenken: Wir müssen wissenschaftliche Ausgründungen als strategisches Element der Innovationspolitik begreifen. Dazu gehören gezielte Förderinstrumente, angepasste regulatorische Rahmenbedingungen und ein stärkeres Zusammenspiel von Wissenschaft, Wirtschaft und Kapital. Denn nur wenn wir den Mut haben, Neues zu ermöglichen, sichern wir uns eine wettbewerbsfähige Wirtschaft der Zukunft. ■ Meinung In der Kolumne „Auf den Punkt“ positionieren sich im monatlichen Wechsel Mitglieder des Präsidiums zu wirtschaftspolitischen Fragestellungen aus ihrer persönlichen Sicht. präsidiumsmitglieder beziehen stellung Sonja Jost ist Geschäftsführerin der DexLeChem GmbH und Vizepräsidentin der IHK Berlin FOTO: AMIN AKHTAR Auf den Punkt | 13 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
Klare Forderung auf der Wirtschaftskonferenz: Der Ausbau der Infrastruktur muss dem Wachstum der Airport-Region entsprechen von Karina Stolte und André Schmiljun Experten schlagen Alarm Beim Thema Schienen-Anbindung setzt die Wirtschaft große Hoffnung auf die Eröffnung der Dresdner Bahn im Dezember 2025. Damit werde der Flughafen vom Hauptbahnhof in nur noch 20 Minuten erreichbar sein. Trotzdem brauche es ein größeres Angebot im Regionalverkehr, mehr ICE-Halte am BER sowie Direktverbindungen, so IHK-Vizepräsident Robert Rückel. Stephan Erler, Deutschland-Chef von Easyjet, fordert im Eisenbahnfernverkehr sogar einen „Hub für Ostdeutschland“. Er machte den Vorschlag, die in Berlin endenden ICE bis zum BER zu verlängern. Einig zeigten sich Flughafenchefin Aletta von Massenbach, der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und Robert Rückel mit Blick auf den Luftverkehr. Der Flughafen Berlin Brandenburg ist das Tor zur Welt, kein Zubringer für München oder Frankfurt. Für mehr Konnektivität am BER muss die Luftverkehrssteuer gesenkt werden, es braucht eine Liberalisierung bei Luftverkehrsabkommen, damit mehr Airlines Berlin anfliegen können. Auch die Flexibilisierung der Randzeiten beim Nachtflugverbot ist ein Thema. Die Wirtschaftskonferenz fand dieses Jahr zum dritten Mal in Folge statt, insgesamt 21 Referenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft nahmen daran teil. ■ Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Wirtschaftskonferenz, darunter der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (7. v. r.), daneben IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner, und IHK-Vizepräsident Robert Rückel (2. v. l.) Gleich zu Beginn spricht Verkehrsplaner Bertram Teschner vor den 250 Teilnehmern und Teilnehmerinnen der diesjährigen Wirtschaftskonferenz Ende Juni in der IHK Klartext: „Wenn wir nicht bald mehr in den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes in der Airport-Region investieren, drohen vermehrte Engpässe, längere Staus und damit höhere Verlustzeiten sowohl für Einwohner, Beschäftigte und den Wirtschaftsverkehr.“ Bis 2040 ist mit mehr Einwohnern, neuen Gewerbeansiedlungen und wachsenden Pendlerströmen in der Airport- Region Berlin-Brandenburg zu rechnen. Verfall geht schneller als Sanierung Auch Dirk Brandenburger, technischer Geschäftsführer der Autobahn GmbH, wird deutlich: Die Autobahnen in Berlin und Brandenburg drohen schneller zu verfallen, als die nötigen Sanierungen und Neubauten geplant und genehmigt werden können. Nach wie vor müssen 71 Berliner Brücken saniert werden. Die Auswirkungen für die Wirtschaft sind fatal. Für Bernhard Lemmé von der Firma Nenn Entsorgung Berlin bedeutet die Teilsperrung der A100 durch den Abriss der Ringbahnbrücke Einbußen: „Wir schaffen ein Drittel weniger Touren durch den Brückenausfall.“ Dr. André Schmiljun, IHK-Public-Affairs- Manager Nachhaltige Verkehrspolitik Tel.: 030 / 315 10-614 andre.schmiljun@ berlin.ihk.de Karina Stolte, IHK-Public- Affairs-Managerin Stadtentwicklung Tel.: 030 / 315 10-446 karina.stolte@berlin.ihk.de FOTO: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025 AGENDA | Wirtschaftskonferenz | 14
IHK-Forum diskutierte über die Ausgestaltung der Berliner Verwaltung, deren Modernisierung beschlossene Sache ist von Merle Meyer Jetzt muss gehandelt werden Verwaltung neu denken – unter diesem Motto kamen Anfang Juni rund 350 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft zum IHK-Forum im Ludwig Erhard Haus zusammen. Gemeinsam diskutierten sie über die Zukunft der Berliner Verwaltung – getragen von dem klaren Wunsch nach mehr Innovation, Agilität und Digitalisierung. Ein Thema prägte den Tag in besonderer Weise, obwohl der Beschluss erst drei Wochen später auf der Agenda des Abgeordnetenhauses zur Beschlussfassung stehen sollte: die Berliner Verwaltungsreform. CDU, SPD, Grüne und Linke stimmten gemeinsam für ein umfassendes Gesetzespaket und mehrere Verfassungsänderungen – und ebneten damit den Weg für Kai Wegners zentrales Wahlversprechen. Die Maßnahmen treten Anfang 2026 in Kraft und sollen die Berliner Verwaltung leistungsfähiger und zukunftsfest machen. Dazu gehört das neue Landesorganisationsgesetz, das klare Zuständigkeiten auf Landes- und Bezirksebene schafft. Für die Kunden der Verwaltung soll eine öffentlich einsehbare Datenbank Transparenz gewährleisten und verdeutlichen, welche Verwaltung oder Behörde für welche Dienstleistung verantwortlich ist. Für die Berliner Wirtschaft als Power-User der Verwaltung bleibt zu hoffen, dass die Reform zügig Wirkung zeigt. IHK-Präsident Sebastian Stietzel sagt dazu: „Der Elan darf jetzt nicht nachlassen, denn bis Unternehmen und Bürger Auf dem Podium diskutierten Dirk Stettner (CDU), Dr. Julia Borggräfe, Co-Geschäftsführerin Metaplan Gesellschaft für Verwaltungsinnovation, Martin Hikel (SPD), Bezirksbürgermeister Neukölln, Bettina Jarasch (B’90/Grüne) und Moderator Volker Wieprecht (v. r.) IHK-Präsident Sebastian Stietzel, Staatssekretärin Martina Klement und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (v. l.) Heike Schöning, IHK-Public-Affairs-Managerin Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-331 heike.schoening@ berlin.ihk.de Markus Krause, IHK-Public-Affairs-Manager Verwaltungsmodernisierung Tel.: 030 / 315 10-154 markus.krause@ berlin.ihk.de die Reformeffekte spüren, wird es noch dauern. Deshalb gilt es, den Reformprozess genauso engagiert in konkretes Verwaltungshandeln zu übersetzen. Der Wirtschaftsstandort Berlin braucht eine moderne, leistungsfähige Verwaltung dringender denn je.“ ■ FOTOS: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN Verwaltung | 15 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe verteidigt vor Wirtschaftsvertretern die von ihr geplante Ausbildungsplatzumlage als Hilfe für Betriebe von Holger Lunau Alles andere als ein Heimspiel Mut hat sie. Der Auftritt von Berlins Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe beim Wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK Berlin am 16. Juli ähnelte einem Besuch in der Höhle des Löwen. Trotz massiver Kritik der Wirtschaft an der geplanten Ausbildungsplatzumlage des Senats stellte sich die Politikerin eineinhalb Stunden lang den Fragen von Unternehmern. Und die äußerten unisono, was sie von der Planung halten: rein gar nichts. Hintergrund: Sollten die im Bündnis für Ausbildung vereinbarten 2.000 zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsverträge bis Jahresende nicht erreicht werden, drohen nicht ausbildenden Unternehmen Strafabgaben in erheblicher Höhe. Nach Berechnungen der IHK Berlin könnten so über 400 Mio. Euro in die Staatskasse fließen. Welche Behörde Bescheide erstellt, den Geldfluss verwaltet und sich mit erwartbaren juristischen Auseinandersetzungen befasst – das alles ist unklar. Die Senatorin ging darauf nicht ein, äußerte stattdessen: „Ich will keinen Cent davon selbst behalten.“ Die Umlage sei „keine Bestrafung“, sondern als Hilfe gedacht. Ausbildungsbetriebe würden ihr Geld zurückerhalten. Die Frage, ob die Umlage angesichts der schwierigen Wirtschaftslage klug ist, blieb unbeantwortet. Zugleich wies die Politikerin Argumente von IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner zurück, wonach die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit nicht der Realität entsprechen. Einer IHK-Umfrage zufolge (s. auch S. 9) melden nur 57 Prozent der Ausbildungsunternehmen ihre freien Plätze den Arbeitsagenturen, die restlichen nie oder sporadisch – weil Akquisen wie Social Media, Schulkooperationen oder Messen effektiver sind als Behörden-Leistungen. Und ob tatsächlich 7.000 junge Leute einen Ausbildungsplatz suchen, sei mehr als fraglich. Denn es gebe keine Abmeldepflicht, wenn andere Berufswege beschritten werden. Kiziltepe sagte dazu, das Gesetzgebungsverfahren laufe erst an, und fügte an die Adresse der IHK hinzu: „Dann können Sie Ihre Zahlen in die Verbände-Anhörung einbringen.“ „An Ihnen prallen alle Zahlen und Fakten ab“, empörte sich der Kaufmännische Leiter der Frisch und Faust Tiefbau GmbH, Dieter Mießen. „Alles, was sich verändert hat, ignorieren Sie.“ Dazu gehöre, dass nach einer jüngsten Bertelsmann-Studie ein Fünftel der Jugendlichen weder ein Studium noch eine Ausbildung beginnen wolle. Da müsse angesetzt werden. Eine Umlage schaffe keine Ausbildungsplätze. Am Ende blieben viele Fragen offen. Fakt aber ist, die Fronten sind verhärtet. ■ Keine Spur von Konsens: Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (M.) im Gespräch mit IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner und IHK-Vizepräsident Stefan Spieker Cansel Kiziltepe Ich will keinen Cent davon selbst behalten. FOTO: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN AGENDA | Wirtschaftspolitisches Frühstück | 16 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
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INHALT 22 Am Anfang stand eine Idee Dussmann will sich als Familienunternehmen transformieren 24 Partner aus dem Network Biokorntakt: Innovationen im Bio-Großhandel 25 Manpower dank Software Beyobie-Tools optimieren Personaldaten 26 „Die Neugier darf nicht sterben“ Ingo und Carsten Rückert von Wilhelm Dreusicke im Doppelinterview Innovation fördern heißt, die richtigen Akteure zusammenbringen und deren Potenzial erschließen FOTO: GETTY IMAGES /J STUDIOS Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025 fokus
Starthilfe für Geistesblitze Berlins Forschungslandschaft und Unternehmensnetzwerke bieten beste Voraussetzungen für Innovationen. Die Start-up-Factory Unite bringt Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen von Eli Hamacher Werner von Siemens ließ 1881 die erste elektrische Straßenbahn in Berlin-Lichterfelde fahren. Ein Jahr zuvor hatte der Elektroingenieur auf der Gewerbeausstellung bereits den ersten elektrischen Aufzug präsentiert. Auf der Funkausstellung 1931 stellte Manfred von Ardenne den vollelektronischen Fernsehempfang vor. Thermoskanne, Quarzuhr, DIN-Normen und das Tonband feierten in Berlin ihre Premieren. Bahnbrechende Erfindungen kamen und kommen immer noch aus der Hauptstadt. Dafür sorgen Traditionsunternehmen, Start-ups sowie eine der größten und vielfältigsten Wissenschaftsregionen in Europa. „Berlin ist ein Hotspot für Innovation – ein Ort, an dem kreative Energie, unternehmerischer Mut und wissenschaftliche Exzellenz aufeinandertreffen“, sagt Sonja Jost, Vizepräsidentin der IHK Berlin. Deren Vision „Für ein innovativ wachsendes Berlin“ betone, dass Innovation nicht nur technologisch, sondern auch sozial gedacht werden müsse. „Wenn Berlin nicht Durchschnitt sein möchte, müssen internationale Standards gesetzt und Wirkung entfaltet werden.“ Durch eine dichte Forschungslandschaft mit mehr als 100 Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen, 24 hoch zitierten Spitzenforschenden und einer überdurchschnittlichen F&E-Aktivität in der Wirtschaft bestehen hierfür beste Voraussetzungen. Gleichzeitig zeigt aus Sicht von Jost die schwache Platzierung in der Exzellenzinitiative, dass Berlin sein Potenzial längst noch nicht ausschöpft. Festival der Berliner Wirtschaft Wie die Stadt noch innovativer werden kann, darum geht es auch beim Festival der Berliner Wirtschaft am 11. September im Ludwig Erhard Haus. Zum Programm, das sich an Ber- » Innovation | 19 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
liner Unternehmer richtet, die sich zukunftssicher und erfolgreich aufstellen möchten, gehören Podiumsdiskussionen, die Präsentation von Best Practices, Workshops zu Innovationsstrategien und eine interaktive Ausstellung. Im Mittelpunkt stehen die Anwender, die Antworten auf Fragen bekommen sollen, wie ihr Unternehmen zukunftsfähig bleibt, was Mitarbeitende brauchen, um Innovationen mitgestalten zu können, und mit welchen Netzwerken und Partnerschaften sie ihre Ziele besser erreichen können. Allein ist man oft zu klein, diese Erkenntnis hat sich auch beim Thema Innovation durchgesetzt. Die Landesregierungen beschlossen deshalb schon 2019 die „Gemeinsame Innovationstrategie der Länder Berlin und Brandenburg“ (innoBB 2025). Ihre Vision: die Hauptstadtregion zu einem führenden Innovationsraum in Europa entwickeln und den richtigen Rahmen setzen, damit die Akteure in den Clustern Energietechnik, Gesundheitswirtschaft, IKT, Medien und Kreativwirtschaft, Optik und Photonik sowie Verkehr, Mobilität und Logistik innovative Lösungen für die Herausforderungen von morgen entwickeln können. Wie in der ersten Phase werden auch bei der jetzigen Erneuerung der Strategie Stakeholder der Region eng eingebunden, unter anderen die IHK Berlin, vertreten durch ihren Ausschuss „Innovative und wissensgetriebene Stadt“. „Wir brauchen eine noch stärkere Vernetzung aller relevanten Akteure und auch eine größere Transparenz ihrer Aktivitäten“, sagt Ausschuss-Mitglied Mirco Dragowski. Für den Strategie- und Politikberater gehen die jüngst gegründeten themenbezogenen Hubs House of Finance and Tech und House of Games in die richtige Richtung. Der Fokus soll künftig auf neuen Themenfeldern liegen, darunter Life Science, GovTech und DefenseTech. Ein Bestandteil von innoBB ist auch der „Transfer Wissenschaft + Wirtschaft“. Dazu veranstaltet die IHK im November ein „IP-Festival“, auf dem die Berliner Forschungslandschaft ihre Patente zeigt. Start-up-Factory Unite Eine Anlaufstelle für Innovation und Unternehmertum will die Berlin-Brandenburger Start-up-Factory Unite schaffen. Ziel ist es, dass Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam ein europaweit führendes, digitales Ökosystem für wissenschaftsbasierte Start-ups mit einem Fokus auf Health, Greentech und KI sowie nationale und internationale unternehmerische Talente aufbauen. Am Unite-Konsortium sind Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie Akteure aus Wirtschaft, Verbänden und Venture-Capital-Gesellschaften beteiligt, darunter die IHK Berlin. „Die Anzahl, Diversität und Reputation der Mitwirkenden aus dem Ökosystem sind bislang beispiellos – nicht nur in der Region, sondern in ganz Deutschland“, unterstreicht Laura Möller, CEO von Unite, die mit dem Projekt verstärkt Gründerinnen fördern will. „Wir glauben, dass in den Bereichen Greentech und Health das Potenzial, Gründerinnen zu aktivieren, besonders hoch ist, da Frauen häufiger in Bereichen mit positivem gesellschaftlichem Impact gründen.“ Um das zu erreichen, will Unite das erfolgreich etablierte Female Founders Network ausbauen. Auch das Exist-Women-Programm werde strategisch angebunden und gestärkt, um mehr Wissenschaftlerinnen zum Gründen zu bewegen. Darüber hinaus will Unite neue Kooperationen und Maßnahmen im Investment-Bereich vorstellen. Es gilt, weitere Herausforderungen zu bewältigen: „Berlin lebt noch von seiner Reputation als führende deutsche Start-up-Metropole. Leider haben wir in den letzten Jahren an Boden verloren“, stellt Laura Möller fest. Das Leben in Berlin sei nicht mehr so günstig wie früher. Wohnraum sei knapp, die Visa- und überhaupt bürokratische Prozesse für junge Gründer seien langsam. „Das sind Dinge, die wir bei Unite gemeinsam mit der Politik und privaten Anbietern angehen werden.“ Wie wichtig für Innovationen das Zusammenspiel industriell geprägter Standorte mit Unternehmensnetzwerken ist, zeigt eine von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe bei der Berliner regioteam in Auftrag gegebene und im Januar vorgestellte Studie. Identifiziert wurden 19 besonders innovative Gewerbestandorte – die „Innovationskerne Gewerbe“ –, von denen fünf zu den sogenannten Berliner Zukunftsorten zählen. „Die Innovationskraft der übrigen 14 Gewerbestandorte ist teilweise sogar höher und unterstreicht ihre Bedeutung für Berlin“, sagt Projektmanager Uwe Luipold. Es habe sich gezeigt, dass Standorte, an denen Netzwerke existieren, besonders innovativ seien. Die Studie „Innovative Gewerbestandorte und Standortnetzwerke“ hat Profile der für Produktion geeigneten Flächen mit dem Ziel ausgearbeitet, alle zukunftsweisenden Produktionsorte und Unternehmensnetzwerke in der Stadt zu halten beziehungsweise deren Gründung zu befördern. „Der Transfer in die Unternehmens100 Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zählt Berlin. Mirco Dragowski IHK-Ausschuss „Innovative und wissensgetriebene Stadt“ Wir brauchen eine noch stärkere Vernetzung aller relevanten Akteure und eine größere Transparenz ihrer Aktivitäten. FOTOS: GETTY IMAGES/J STUDIOS, IHK BERLIN/AMIN AKHTAR FOKUS | Innovation | 20 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
landschaft ist oftmals zu schwerfällig, vor allem den KMU müsse der Zugang zu dieser Infrastruktur erleichtert werden“, sagt Luipold. Eine weitere Handlungsempfehlung: Es müsste eine zentrale Stelle geben, die die Existenz der Gewerbestandorte und deren Stärken in der Öffentlichkeit stärker kommuniziert und die sich um die Weiterentwicklung bestehender, aber auch um die Gründung neuer Netzwerke kümmert. Wichtig sei schließlich, so Luipold, dass diese Innovationskerne den Zukunftsorten gleichgestellt würden. Aktuell gibt es elf Zukunftsorte, die von der Senatswirtschaftsverwaltung ernannt wurden. „Ein Netzwerk ist dann erfolgreich, wenn es für die Mitglieder Mehrwert schafft“, bringt es Armin Seitz, Geschäftsführer der Moll Marzipan GmbH und seit gut zehn Jahren erster Vorsitzender des Unternehmensnetzwerks Neukölln, auf den Punkt. Die 78 Mitglieder kommen aus Handwerk, Industrie, industrienahen Dienstleistungen und Immobilienwirtschaft. Sie treffen sich bis zu zwölfmal jährlich zu Veranstaltungen über Themen wie künstliche Intelligenz oder Big Data. Besonders willkommen sind junge innovative Unternehmen, die Know-how in neuen Technologien mitbringen. „Dank des Netzwerks haben wir einen kurzen Draht zueinander und können ausloten, wie unsere Unternehmen von den Zukunftstechnologien profitieren können“, so Seitz. Aktuell baut das Netzwerk eine digitale Plattform auf, damit Austausch und Informationszugang für alle Mitglieder noch einfacher und transparenter werden. Technologietransfer systemisch denken Um Berlin als internationalen Innovationsstandort zukunftsfähig aufzustellen, hat die IHK Kernforderungen an die Politik formuliert: von einem positiven wirtschaftspolitischen Mindset in Politik und Verwaltung über die Entwicklung des Anspruchs, auf Hochpotenzialfeldern international führend zu werden und als adaptive Stadt Innovationen gezielt zu scouten, zu testen und zu skalieren. „Hierfür muss die Verwaltung sich als Ermöglicher für die Wirtschaft begreifen und durch Reallabore und Experimentierklauseln einen innovationsfreundlichen Rechtsrahmen schaffen“, so Vizepräsidentin Jost. Technologietransfer müsse systemisch gedacht und gestärkt werden. „Insgesamt braucht es eine moderne, potenzialorientierte Förderpolitik, die international anschlussfähig ist, und eine stärkere Mitgestaltung der EU- und Bundespolitik, um Berlins Interessen wirksam zu vertreten.“ ■ Sonja Jost Vizepräsidentin IHK Berlin Die Verwaltung muss sich als Ermöglicher für die Wirtschaft begreifen. Es braucht eine potenzialorientierte Förderpolitik. IHK-Vision Politische Kernforderungen „Für ein innovativ wachsendes Berlin“ unter dem QR-Code: Innovationsstrategie Mehr zur länderübergreifenden Strategie unter dem Suchbegriff „innobb 2025“ auf: berlin.de/wirtschaft Unite Sciences e. V. Die IHK Berlin ist an der Start-up-Factory beteiligt. Mehr Infos: unite.berlin Gewerbestandorte Studie: Wo ist Berlin besonders innovativ? bitly.cx/ihYSd Masterplan Die Transformation der „Industriestadt Berlin“ unter dem QR-Code: Festival 2025 Das Festival der Berliner Wirtschaft am 11. September (10–17 Uhr) im Ludwig Erhard Haus steht im Zeichen der Innovation. Weitere Informationen und Anmeldung unter: ihk.de/berlin/innovation Julia Knack, IHK-Fachreferentin Nachhaltigkeit Tel.: 030 / 315 10-846 julia.knack@berlin.ihk.de Innovation | 21 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
Philipp Conrads, Vorsitzender der Geschäftsführung der Dussmann Service Deutschland GmbH Innovation ist klarer Bestandteil des bisherigen Erfolgs und der neuen Unternehmens- strategie Road to 2030. Philipp Conrads FOKUS | Innovation | 22 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
Am Anfang stand eine simple, aber clevere Idee. Welcher Junggeselle hat schon Lust, seine Wohnung zu putzen? Im Schmutz leben will er aber auch nicht und schon gar nicht mit zerknitterter Kleidung zur Arbeit oder zum Date gehen. Peter Dussmann, damals 25, war die Geschäftsidee etwas wert. Er nahm einen Kredit über 2.000 D-Mark auf und startete in München durch. Sein „Heimpflegedienst für Junggesellen“ lief so gut, dass er nicht lange selbst putzen, waschen und Blumen gießen musste. Er stellte Mitarbeiterinnen ein und konzentrierte sich auf gewerbliche Objekte. Als das 1963 gegründete Unternehmen 34 Jahre später seinen Firmensitz von München nach Berlin in die Friedrichstraße verlegte, blieben Flächen in der neuen Hauptverwaltung ungenutzt. Dussmann nutzte sie, um ein mehrstöckiges Kulturkaufhaus aufzubauen, heute Europas größtes Medienkaufhaus und für viele das Erste, woran sie denken, wenn der Firmenname fällt. Dienstleistung prägt den Konzern Doch Bücher, Musik und Filme steuern nur einen kleinen Teil zum Umsatz des international aufgestellten Dienstleistungsunternehmens bei, das zuletzt 3,3 Mrd. Euro mit rund 70.000 Mitarbeitenden weltweit erzielte. Sein Geld verdient der Konzern vor allem mit Gebäudetechnik, Gebäudereinigung, Sicherheitsdiensten, Food Services, technischem Anlagenbau, Cybersecurity, Seniorenpflege- und betreuung sowie Ganztagsbetreuung von Kindern. Für Philipp Conrads, Vorsitzender der Geschäftsführung der Dussmann Service Deutschland GmbH, ist „Innovation klarer Bestandteil des bisherigen Erfolgs und der neuen Unternehmensstrategie Road to 2030“. Mit vielen Kunden bestehen langjährige Geschäftsbeziehungen. „Da können wir natürlich nicht warten, bis der Kunde, der Dienstleistungen outsourct, ruft. Vielmehr bieten wir an, kontinuierlich Prozesse zu optimieren“, so Conrads. Mehrwert für den Kunden Im Vordergrund stehen dabei Prozessinnovationen, die zwar grundsätzlich bekannt, aber noch nicht beim Kunden im Einsatz sind und ihm einen großen Mehrwert bringen. Bei einem Halbleiterproduzenten etwa seien in dessen Reinräumen die Reinigungsabläufe so verbessert worden, dass sehr viel Zeit gespart wird, ohne die hohen Sicherheitsanforderungen zu gefährden. Im Mittleren Osten habe Dussmann mit einem Partner einen Reinigungsroboter entwickelt, um Lüftungsanlagen in Einkaufszentren effizient zu reinigen. „Das ist keine Raketentechnologie“, erläutert Conrads, „aus Sicht des Kunden gleichwohl ein großer Fortschritt.“ Doch für manche neuen Geschäftsfelder ist selbst ein großes Unternehmen allein zu klein. Um möglichst viele Dienstleistungen aus einer Hand anbieten zu können, stieg Dussmann deshalb vor zwei Jahren mit dem israelischen Joint-Venture-Partner Code Blue Ltd. in den Bereich Cybersecurity ein und verband so das Know-how von Dussmann im Bereich der physischen Sicherheitsdienste mit der Expertise des Partners. Um noch agiler zu werden, sucht der Konzern die Nähe zu innovativen Start-ups und rief zudem vor vier Jahren das Food Service Innnovation Lab ins Leben, das innovative Konzepte für gastronomische Betriebe entwickelt, die nachhaltig und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvoll sind. Um die Einbindung in das Innovations-Netzwerk Berlin kümmert sich die Abteilung Group Innnovation Management. Dussmann, das größte Familienunternehmen Berlins, trat zudem als eines der ersten Mitglieder dem Berliner Maschinenraum am Prenzlauer Berg bei, einem Ökosystem von Familienunternehmen für Familienunternehmen. Gegenseitig unterstützen sich die Unternehmen in allen Kernbereichen der Transformation, indem sie Erfahrungen, Wissen, Ressourcen und Fähigkeiten miteinander teilen. ■ Vom Junggesellen-Heimpflegedienst zum Weltkonzern: Dussmann setzt auf Transformation im Verbund von Familienunternehmen Am Anfang stand eine Idee Gut vernetzt Der QR-Code führt zum Manager auf LinkedIn: 70.000 Mitarbeiter hat Dussmann weltweit, der Umsatz des Konzerns lag zuletzt bei 3,3 Mrd. Euro. FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Innovation | 23 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
Unternehmensnetzwerke sind wichtig für Innovationen, das weiß Hannah Selle. Vor zwei Jahren rückte sie in die Geschäftsführung der Biokorntakt Vertriebs GmbH, teilt sich die Aufgabe seitdem mit ihrem Vater Hans-Friedrich. Der hatte den Großhandel für Bio-Lebensmittel 1999 gegründet, belieferte zunächst Bäckereien in Berlin und Umgebung mit Rohstoffen, bevor er Radius und Sortiment erweiterte. Heute beziehen die Berliner immer noch Produkte von regionalen Landwirten, aber auch weltweit, etwa Mangos aus Indien, Rohrohrzucker aus Kolumbien, Kokos aus Sri Lanka und Indonesien. Hinzu kommen Nüsse, Öle und Saaten, die Biokorntakt an die verarbeitende Industrie beliefert, in Deutschland und angrenzende Länder. „Wir arbeiten in einem Nischenmarkt, für den Innovationen unerlässlich sind“, sagt Selle. KI übernimmt zeitfressende Aufgaben Im Unternehmensnetzwerk Neukölln lernte Hannah Selle ein Start-up kennen, mit dem sie den Bestellprozess im Unternehmen automatisierte. „Viele Kunden rufen an oder schreiben eine E-Mail, weil sie ganz schnell etwas bestellen möchten. Die Bestellung nahm ein Mitarbeitender an und übertrug sie dann ins ERP-System – die Ressourcenplanung – des Unternehmens. Jetzt übernimmt die zuvor zeitfressende Aufgabe ein teils auf künstlicher Intelligenz basierendes LLM-System (Large Language Model), das die Bestellungen in das ERP-System automatisch überträgt. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduzierte auch die Fehlerquote. Weiterer Pluspunkt: Für ihr Digitalisierungsprojekt fand die Unternehmerin ein passendes Förderprogramm des Landes, sodass das KMU die Kosten stemmen konnte. Ihre Lessons Learned: „Man braucht Geduld, das im November 2024 gestartete Projekt ist noch nicht komplett abgeschlossen, aber auf gutem Weg.“ Wie das Unternehmen mit seinen heute 20 Mitarbeitenden Prozesse kontinuierlich verbessern kann, ist auch ein fester Punkt auf der Agenda im wöchentlichen Meeting mit den Produktmanagern und der Qualitätssicherung. „Da kommt alles auf den Tisch, was nicht reibungslos läuft, und im Idealfall auch schon Ideen, wie wir etwas ändern können, etwa durch Outsourcing oder Automatisierung.“ Zugute kommen Selle dabei neben der langjährigen Erfahrung ihrer Kollegen auch ihr Studium der Betriebswirtschaft und des Internationalen Managements sowie ihre anschließenden Erfahrungen in einer Strategie- und Supply-Chain-Beratung. ■ Hannah Selle führt die Biokorntakt Vertriebs GmbH mit ihrem Vater Hans-Friedrich, dem Unternehmensgründer Gut vernetzt Der QR-Code führt zur Unternehmerin auf LinkedIn: Im Unternehmensnetzwerk Neukölln fand die Biokorntakt Vertriebs GmbH ein Start-up mit dem digitalen Know-how für Prozessautomatisierung Partner aus dem Network Hannah Selle Wir arbeiten in einem Nischenmarkt, für den Innovationen unerlässlich sind. FOTOS: BIOKORNTAKT/JONAS LOOCK, CHRISTIAN KIELMANN FOKUS | Innovation | 24 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
Katharina Schulze gründete die Beyobie Technologies GmbH mit ihrem big-Data- erfahrenen Bruder Wie finden Gründer eine innovative Geschäftsidee? Katharina Schulze startete mitten in der Corona-Pandemie zunächst den Podcast „HR Weekly“. Wöchentlich sprach sie mit Human-ResourcesManagern und Recruitern über Trends und Technologien in der Branche. „In einer der ersten Folgen äußerte sich der Personalchef eines großen E-Commerce-Unternehmens sehr frustriert darüber, wie wenig datengetrieben HR-Teams seien“, erinnert sich die Gründerin der Beyobie Technologies GmbH. Da machte es Klick. Ein Jahr später hatte sie mit ihrem Bruder und Co-Gründer, der viel Erfahrung in großen Unternehmen mit Big Data gesammelt hatte, ein erstes cloudbasiertes HR‑Analytics‑Tool entwickelt. Damit lassen sich verschiedenartige Personaldaten verknüpfen sowie automatisch und übersichtlich aufbereiten, um datenbasierte Führung zu ermöglichen. Dafür steht auch der Firmenname, wenngleich etwas verschlüsselt im Fantasienamen Beyobie: be your own business intelligence expert, übersetzt: Sei dein eigener Experte für Datenanalysen. „Viele Unternehmen wissen gar nicht, was sie mit der Fülle an verfügbaren Personaldaten anfangen sollen beziehungsweise können“, sagt Schulze, die auch in der Vollversammlung der IHK Berlin sitzt und mittlerweile sechs Mitarbeitende beschäftigt. Ziel von Beyobie ist es, dass die Kunden dank der aufbereiteten Daten Fehlzeiten reduzieren, Fluktuation senken oder auch ihr Recruiting optimieren. Kunden sind die HR-Teams von Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden. Oftmals seien die Systeme des Recruitings und der Personalabteilung nicht miteinander verknüpft, beschreibt Schulze ein typisches Problem. „Das Unternehmen weiß deshalb gar nicht, wie viel Zeit von der ersten Ansprache eines potenziellen Mitarbeitenden bis zu dessen tatsächlichem Arbeitsbeginn vergeht“, sagt die ehemalige Journalistin, die wie Philipp Conrads und Hannah Selle als Rednerin beim Festival der Berliner Wirtschaft teilnimmt. Wachstumsziele könnten aber nur erreicht werden, wenn auch die nötige Manpower an Bord sei. Dank der Software könnten die Kunden die Daten zusammenführen, so Schulze, die mit ihrem Unternehmen in Charlottenburg sitzt. Ihren Podcast, der heute zu den führenden im HR-Markt zählt, betreibt die gebürtige Berlinerin immer noch – für sie auch ein ideales Vertriebstool. ■ Gut vernetzt Die Unternehmerin auf LinkedIn unter dem QR-Code: Aus einem Podcast entstand die Geschäftsidee von Beyobie. Ein digitales Tool hilft, Einsatz und Recruiting von Personal zu optimieren Manpower dank Software Katharina Schulze Viele Unternehmen wissen gar nicht, was sie mit der Fülle an verfügbaren Personaldaten anfangen sollen. Innovation | 25 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
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