Berliner Wirtschaft Juli/August 2023

Und so könnte sie aussehen, die Mail an Investoren, die zum Erfolg führen kann Andre Retterath ist ein gefragter Mann. „Tausende“ E-Mails habe er in den vergangenen Jahren von Gründern erhalten, sagt der 30-Jährige. Retterath ist Partner beim Münchner Venture-Capital-Finanzierer Earlybird und damit für junge Unternehmen einer der wichtigsten Ansprechpartner, wenn es darum geht, Geld für eine Finanzierungsrunde aufzutreiben. Earlybird gehört zu den aktivsten Risikokapitalgebern in Deutschland und ist unter anderem am Fintech N26, der Immobilienbörse McMakler und dem Logistikportal Sennder beteiligt. Erst in diesem Frühjahr schloss der VC einen Geldtopf mit 350 Mio. Euro, die nun in Start-ups fließen sollen. Allein: Nur die wenigsten Gründer kommen an das Geld. Laut Investor Andre Retterath auch deshalb, weil vielen schon bei der ersten Kontaktaufnahme per E-Mail Fehler unterlaufen. Schlechte Betreffzeilen, fehlende Formatierungen, schwer verständliche Selbstbeschreibungen, mangelnde Recherche – das seien nur einige Gründe, warum E-Mails von Gründern an Investoren häufig weder gelesen noch beantwortet werden. Retterath hat deshalb seine Best Practices für „Cold E-Mails“ geteilt: Eine Betreffzeile muss kurz sein Auf nichtssagende Formulierungen wie „Geld gesucht“ oder „Wir revolutionieren den Energiemarkt!“ sollten Gründer verzichten. Andre Retterath zufolge enthält eine gute Betreffzeile drei Eckdaten: Firmenname, gesuchte Fundinghöhe und Investitionsphase (Seed, Series A …). Absätze gliedern die E-Mail Niemand hat Lust, eine Textwüste ohne Absatz, Punkt und Komma zu lesen. Auch kein Investor auf der Suche nach dem nächsten Facebook. Retteraths Empfehlung: maximal drei bis vier Absätze sowie ein Pitchdeck im PDF-Format (angehängt oder mit einem Link zum Download). Mit dem Tool Docsend lasse sich zudem prüfen, wer das Deck gelesen hat und welche Folien eine hohe Verweildauer haben. Investoren-Name muss stimmen Retterer, Retter, Retterat – dem Investor zufolge scheitern viele Gründer schon daran, ihren möglichen Geldgeber mit korrektem Namen anzuschreiben. Das hinterlässt keinen guten Eindruck. Daher: Lieber einmal mehr das Linkedin-Profil aufrufen und einen Gegencheck machen als zu wenig. Einstieg mit kurzer Selbstbeschreibung Wer seid ihr? Was macht ihr? Welche Rolle habt ihr im Unternehmen? Wo befindet sich der Firmensitz, und um welche Branche geht es? Diese Informationen gehören laut Retterath zwingend in den ersten Absatz. Dieser sollte etwa auch einen Link zu eurer Website und dem Linkedin-Profil enthalten. Gründe benennen, warum man Geld braucht Weil ihr die nächste Wachstumsstufe für euer Start-up zünden wollt, ja klar. Aber welche Summe benötigt ihr dafür konkret? Befindet sich euer Unternehmen derzeit noch in der SeedPhase oder bereits im Stadium einer Series-A- oder -B-Runde? Laut Retterath gehört das ebenfalls mit in den ersten Absatz. Erklärung für Investoren-Anfrage Wie bei klassischen Bewerbungsschreiben gilt auch bei „Cold E-Mails“ an Investoren: Hebt euch von Massen-Mails nach dem Gießkannenprinzip ab. Macht deutlich, warum ausgerechnet dieser eine Investor genau der richtige Partner sein könnte. Der Investor bringt wichtiges Know-how sowie Erfahrungen mit für euer Geschäft relevanten Unternehmen mit? Dann schreibt das rein. Geschäftsidee auf den Punkt bringen Das Who und Why habt ihr laut Retterath jetzt beantwortet. Nun folgt das What: Beschreibt in einigen wenigen Sätzen, welches Problem ihr mit eurem Unternehmen angeht, welche Lösung ihr dafür entwickelt habt und wo das Alleinstellungsmerkmal (USP) im Vergleich zu Wettbewerbern liegt. Sofern ihr bereits erste Kunden- und Umsatzzahlen vorweisen könnt, nennt diese ebenfalls. Schlussakkord mit Calendly-Link Für die Schlussformel hat Retterath einen einfachen Tipp: Dankt dem Investor nicht nur für die Aufmerksamkeit, sondern ergänzt auch einen Link zu Calendly. Über das Online-Tool kann der Investor dann mit wenigen Klicks einen Gesprächstermin mit euch blocken. „Ihr werdet überrascht sein, wie sehr sich die Reaktionsfähigkeit und die Konversionsrate eurer E-Mails erhöhen“, so Retterath. ■ Christina Lüdtke, IHK-Fachreferentin Gründung, Start-ups und Nachhaltigkeit Tel.: 030 / 315 10-405 christina.luedtke@ berlin.ihk.de Link zur Website der Gründerszene Die ungekürzte Version des Textes unter: gruenderszene.de (kostenpflichtig). Der Autor Daniel Hüfner ist Redakteur und Chef vom Dienst bei Gründerszene. Nach dem Studium der Wirtschaftsgeographie und einem Volontariat war er Reporter beim Tech-Magazin „t3n“ mit Stationen in Hannover und San Francisco. FOTOS: GETTY IMAGES/WESTEND 61. FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG Berliner Wirtschaft 07-08 | 2023

RkJQdWJsaXNoZXIy MTk5NjE0NA==