Berliner Wirtschaft Juli/August 2023

Zugang zum Wirtschaftsarchiv Die Bestände des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs (BBWA) können nach Vereinbarung eingesehen werden. Kontakt und Infos: bb-wa.de Das Spezialunternehmen von Carl Bamberg für Messwerkzeuge verdankt seinen schnellen Erfolg in den ersten 15 Jahren nach seiner Gründung 1871 auch dem Umstand, dass die Reichsmarine ihre Schiffe von Holz auf Stahl umstellte. Denn der Stahlkörper der Schiffe und die Erschütterungen des Motors störten ihre Kompasse, was der Fluidkompass des findigen Mechanikers und Optikers ausgleichen konnte. Ein Generalauftrag der Marine für nautische Geräte war die Folge. Doch auch Planimeter, Magnetometer und Theodolite sowie Kathetometer und Auswertungsinstrumente für die Sternenbeobachtung gehörten zum Produktionsprogramm – alles hochwertige Präzisionsgeräte für Marine, Observatorien und die wissenschaftliche Forschung. Nicht zuletzt waren Bambergs Werkstätten bekannt für ihre Fernrohre. Als vor 135 Jahren der Sitz des Unternehmens von der Linienstraße in die heutige Bundesallee verlegt wurde, war einer der Anlassgeber der Auftrag der Berliner Urania für einen 4,5 Tonnen schweren Refraktor, also ein Zwölf-Zoll-Linsenfernrohr mit einer Brennweite von fünf Metern, das noch heute in der Sternwarte am Insulaner steht. Es kann auf 70- bis 700-fache Vergrößerung eingestellt werden. Der Uhrmachersohn Carl Bamberg aus Kranichfeld bei Weimar hatte seine Profession bei Carl Zeiss und Ernst Abbe in Jena gelernt. 1869 zog er nach Berlin und studierte unter anderem bei Wilhelm Foerster, der auch Direktor der Berliner Sternwarte war. Durch Foerster erhielt er Zugang zu den Kreisen in Wissenschaft, Politik und der Marine, die für seine Unternehmensgründung förderlich waren. Nach Bambergs frühem Tod übernahm zunächst seine Witwe Emma die Führung, ehe Sohn Paul Adolf Bamberg (1874–1946) in die Geschäftsführung eintrat, bald unterstützt von Carl Bambergs Schwiegersohn Max Roux (1886– 1946). Im Ersten Weltkrieg profitierte das Unternehmen von Lieferungen an die Marine und die sich entwickelnde Luftwaffe. Für die Produktion der Geräte in U-Booten und Motorflugzeugen stieg die Belegschaft während des Krieges von 60 auf knapp 1.000 Mitarbeitende. Nach den Fusionen mit Otto Toepfer & Sohn 1919 und der Dessauer Central-Werkstatt für Gasgeräte GmbH 1921 begann mit der Umfirmierung in die Askania AG ein neues Kapitel des Unternehmens. Mit dem Einstieg in die Fertigung von Filmkameras folgten zwei Jahrzehnte des wirtschaftlichen Aufstiegs, in den 1930er-Jahren insbesondere durch Rüstungsaufträge. Von den Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich das Unternehmen nur kurzfristig wieder erholt. Es schloss 1971. Die Marke wurde nach der Jahrtausendwende als Uhrenmanufaktur wiederbelebt. ■ Carl Bamberg war ein begnadeter Optiker, Bekanntheit erlangten seine Werkstätten durch Fernrohre mit großen Brennweiten von Björn Berghausen (BBWA) Durchblick für Sterngucker Carl Bamberg (1847–1892) schuf Präzisions- instrumente, wie etwa den Sterngucker Transit von 1892 FOTOS: BBWA Historie | 45

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