Berliner Wirtschaft Juli/August 2023

Ins Schöneberger „Cafe Racer 69“ kommen Vespa-Maniacs teils von weit her, um Zweiräder zu kaufen, sie aufzumöbeln – oder einfach, um einen Kaffee zu trinken von Jürgen Schepers Alles ein bisschen anders I m „Cafe Racer 69“ in Schöneberg, direkt am Winterfeldtplatz, ist alles etwas anders. Statt puristischem Verkaufsraum und Werkstatt, steht man im gemütlichen, von den 1980er-Jahren angehauchten Retro-Raum und muss sich erst mal orientieren. An den Wänden hängen Motorradhelme, Brillen und Accessoires von kleinen internationalen Premium-Manufakturen, darunter auf Kleiderständern Lederjacken vom Typ „will ich haben“, und dann fällt der Blick aufs Eigentliche: umgebaute Vespas und Moto Guzzis, die sowohl vom Motor wie auch vom Design her kaum noch etwas mit dem Original gemein haben. Der Blick schweift weiter in die angeschlossene, blickoffene Werkstatt, und man kann zuschauen, wie die Vespa-Modelle repariert, getunt oder umgebaut werden. Der offizielle Vespa & Moto Guzzi Store von Carola Schlesinger-Thury und Michael Schierenberg und ihren acht Mitarbeitern ist mittlerweile eine Institution, national und international bekannt. Im Jahr 2011 eröffnet, trifft sich hier heute vorwiegend eine Vespa-Community, die nicht nur konsumieren will, sondern sich austauscht, fachsimpelt oder einfach nur für einen Kaffee aus der hauseigenen Barista-Maschine vorbeikommt. Kunden nehmen Anreisen von bis zu 800 Kilometern für eine Inspektion in Kauf oder schicken ihre neuen Vespas aus Spanien oder der Schweiz, um sie in Berlin umbauen zu lassen. Egal ob Unternehmer, Ärzte, Juristen, Angestellte oder Studenten, sie alle sind irgendwie infiziert von der italienischen Ikone, deren Rahmen seit 1946 unverändert ist und die selbst bei der Ralley Paris–Dakar an den Start ging. Dabei legt Carola Schlesinger-Thury Wert auf eins: „Das ist keine Männer-Domäne bei uns. Der Anteil von Frauen, die zu Vespa-Liebhaberinnen geworden sind, ist enorm hoch.“ Die beiden wissen auch, was sie an ihrer Community haben und dass es nicht selbstverständlich ist. So bieten sie Events wie spezielle Fahrertrainings mit dem ADAC an, und wenn sich beim An- und Abrollern im Mai und Oktober am Winterfeldtplatz Hunderte von Vespa-Fans treffen, ist das „Cafe Racer 69“ mittendrin. Seit 2019 findet man Michael Schierenbergs Tipps und Tricks für Vespa-Fans auch regelmäßig auf „Scooteria“, dem mit 35.000 Abonnenten größten YouTube-Vespa-Kanal Europas: „Dadurch haben wir natürlich zusätzliche Aufmerksamkeit bekommen und das eigene Marken-Branding unterstützt“, freut sich der 52-Jährige über den unternehmerischen Erfolg. Von blumig bis glitzernd: Hier bekommen Liebhaberinnen und Liebhaber auch die entsprechenden Zweirad-Accessoires FOTOS: CHRISTIAN KRUPPA BRANCHEN | Unternehmensporträt | 40

RkJQdWJsaXNoZXIy MTk5NjE0NA==