Smart Money. Sie achten sehr darauf, dass sie nur in qualitativ hochwertige Projekte investieren, bei denen sie Mehrwerte generieren können. Es ist das Gegenteil der Gießkannenförderung. Staat und Gesellschaft sollten dieses Engagement fördern und die immense Wichtigkeit für das gesamte Ökosystem entsprechend honorieren.“ Ein weiterer Ort der Berliner KI-Zukunft ist der Campus Charlottenburg. Hier bietet die TU eine Plattform für Wissensaustausch mit der Industrie, Start-ups und anderen Partnern an. Am Campus finden sich zudem das nationale Kompetenzzentrum für KI – das Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD) und das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut. Grundlagen des maschinellen Lernens sowie neue Modelle des Deep Learnings werden hier entwickelt. Viele Spin-offs dieser Einrichtungen sitzen im Charlottenburger Innovations-Centrum (CHIC). KI-Lösung erweitert Nutzerkreis Eines davon ist Quantistry. Die FU-Ausgründung entwickelte eine KI, die komplexe chemische Reaktionen und deren Ergebnisse simuliert. „Simpel gesagt“, fasst Co-Founder Marcel Quennet zusammen, „prognostiziert unser KI-Modell beispielsweise, welche Eigenschaften ein Molekül haben wird.“ Bisher waren solche Instrumente nur ressourcenstarken Großunternehmen zugänglich, die speziell geschulte Experten und Supercomputing Power bereitstellen konnten. Quantistrys KI-Lösung senkt diese Hürden massiv. „Unsere Software arbeitet zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten. Mit ihr können auch Nicht-Experten Simulationen durchführen, die vorher den Big Playern vorbehalten waren“, erklärt Quennet. Um Kooperationspartner und Kunden muss sich Quantistry nicht sorgen – in Berlin allerdings finden sich die wenigsten. Kein Problem für das Start-up: „Wo die Kunden sitzen, ist für uns nicht so wichtig. Unser Produkt ist ja digital.“ Allzu viele adaptionsfähige Kunden mag es vor Ort also nicht geben. Die Voraussetzungen für KI-Gründungen in Berlin sind trotzdem gut, ist sich Quennet sicher: „In Forschung und Lehre ist Berlin top!“ Dass Berlin ein Top-Forschungsstandort ist, verdankt es ganz erheblich Zuwanderern wie Mina Kolagar und Farzad Vesali. Die iranischstämmigen Co-Founder von PANTOhealth forschten in Berlin und Leipzig zu Energiesystemen der Bahninfrastruktur. Dann wagten sie den Sprung in die Wirtschaft. Mittels sensor- und KI-generierter Daten ermittelt PANTOhealth die Wartungszeitpunkte für die Stromabnehmer von Zügen. „Bisher wussten die Unternehmen nicht genau, wann die Schleifstücke, die den Kontakt mit der Oberleitung herstellen, gewechselt werden müssen“, erklärt Kolagar. Mit der Sensor-KI-Lösung des Start-ups ist das nun punktgenau möglich. Für Bahnunternehmen ein wichtiger Effizienzfaktor. Berlin wählte das Gründungsteam nicht allein der akademischen Herkunft wegen als Standort: „Die Gründungs-Infrastruktur hier hat uns sehr geholfen.“ Also alles wunderbar für KI-Start-ups? „Der Zugang zu etablierten Unternehmen ist teils mühsam“, weiß Kolagar, „viele deutsche Unternehmen wirken sehr traditionell und in ihrer eigenen Welt verhaftet.“ Und private Investoren seien zu sehr darauf bedacht, Risiken durch öffentliche Förderung abzumildern. Aber Berlin sei der Ort, an dem PANTOhealth wachsen könne: „Unsere Vision ist, zu einem Zentrum für Herausforderungen in der Bahntechnologie zu werden“, schließt Kolagar. Linguistik, Fashion, Chemie und Wartungsintervalle – auf allen Feldern eröffnet KI Möglichkeiten, die bisher wenigen vorbehalten waren. Sie kann also, richtig angewendet, demokratisierend wirken und ist Quelle eines Innovationszyklus, der sich zu Recht disruptiv nennen darf. ■ „In Forschung und Lehre ist Berlin top“: die QuantistryGründer Dr. Vincent Pohl und Dr. Marcel Quennet (r.) Sonja Jost Vizepräsidentin IHK Berlin Die richtigen Business Angels bringen Netzwerke, Branchenwissen und unternehnerische Erfahrung in die Unternehmen ein. FOTOS: QUANTISTRY, AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 07-08 | 2023
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