Berliner Wirtschaft Juli/August 2023

beruf zuständig sind und ebenfalls engen Kontakt zu Ausbildern und Azubis halten. Also müssen Sie die Soft Skills beibringen? Dorothee Frankenstein: Ja, alle unsere Azubis fangen gleich mit Aufgaben an, die wirklich notwendig sind und den Kundenkontakt mit sich bringen. Unsere kaufmännischen Azubis gehen auch ans Telefon oder koordinieren Termine. Sie sind wirklich überall mit dabei und erfahren, wie das Berufsleben funktioniert. Damit lernen sie von Anfang an, mit einem anderen Stress-Level umzugehen. Den Umgang mit Stress sowie gute und schnelle Entscheidungen zu treffen, beherrschen viele in der Generation zunächst nicht besonders gut. Wir suchen immer wieder Situationen, in denen wir das trainieren können. War das früher besser? Matthias Frankenstein: Es war anders. Wir müssen anders auf die Generation eingehen. Dorothee Frankenstein: In der Erziehung der Eltern, die noch den Krieg und die Zeiten des Wirtschaftswunders erlebt haben, ging es um Aufbau. Die Elterngeneration der heutigen Azubis ist zum Beispiel von den Ereignissen des 11. September in New York geprägt. Die Kinder sind stärker beschützt worden. Zudem sind die Eltern für sie ständig über das Handy erreichbar. Die Jugendlichen müssen häufig keine eigenen Entscheidungen mehr treffen. Wenn es ein Problem gibt, können sie jederzeit Mama oder Papa anrufen. Sie haben deutlich weniger Erfahrungen mit Stresssituationen. Welche positiven Fähigkeiten erleben Sie bei den heutigen Azubis? Matthias Frankenstein: Im Umgang mit der Technik sind sie schon sehr weit und in der Regel sehr breit aufgestellt, und sie gehen mit diesen Möglichkeiten auch sehr kreativ um. Wir merken das auf den Baustellen. Ältere Monteure haben weniger Erfahrungen mit elektronischen Endgeräten. Wir merken, dass dann oft Azubis kommen und zeigen, wie es geht. Wenn es zum Beispiel darum geht, über Google nach Bedienungsanleitungen zu suchen, sind die Jungen einfach schneller. Da ergänzen sich die Generationen, das schweißt zusammen. Von den Schulen erwarten Sie ja, dass die Azubis lesen, schreiben und rechnen können. Hat Corona auch da die Qualität verringert? Dorothee Frankenstein: Das ist auch vor Corona schon schlechter geworden. Wir merken jetzt, dass die Lehrer fehlen. Es gibt viele Unterrichtsausfälle, gerade auch an den Berufsschulen. Die Rechtschreibung leidet auch unter der Digitalisierung. Bei einer Whatsapp-Nachricht wird nicht auf Kommata oder Groß- und Kleinschreibung geachtet. In den Berufsschulen wird das auch nicht mehr korrigiert, dafür haben die Lehrer keine Zeit mehr. Wenn sie das in die Bewertung miteinbeziehen würden, würde gar keiner mehr durchkommen. Und wie sieht es beim Rechnen aus? Dorothee Frankenstein: Die Jugendlichen müssen nichts mehr im Kopf rechnen, da sie alles auch auf dem Handy berechnen können. Das Gehirn wird anders trainiert. Das hört sich jetzt aber viel zu negativ an. Ich glaube, das sind auch normale Entwicklungen im Wandel der Zeit. Schon Platon soll zu seiner Zeit vor der jungen Generation gewarnt haben, weil er glaubte, sie würde die Gesellschaft in eine Katastrophe führen. Und das Gegenteil ist passiert. Holen die jungen Menschen im Beruf viele Bildungsdefizite auf? Matthias Frankenstein: Ja, ich denke schon. Alle, die bei uns die Ausbildung absolvieren und bei uns Matthias Frankenstein klärt mit Mitarbeiter Mykola Schaefer technische Fragen Gut vernetzt Kontakt zu Matthias Frankenstein auf LinkedIn über den QR-Code: FOTOS: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 07-08 | 2023

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