Berliner Wirtschaft Juli & August 2022

Oben: Adrian Locher im Gespräch mit Mitarbeitern. Links: In der Küche des Merantix-Campus lässt Adrian Locher sich den neuen Kochroboter erklären Melina Hanisch, IHK-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@ berlin.ihk.de Gibt es bestimmte Branchen, in denen Sie schwerpunktmäßig tätig werden? Wir haben Kontakt zu sehr vielen unterschiedlichen Branchen: Medizintechnik, Biotech, Autoindustrie, Maschinenbau, Chemie zum Beispiel. Auch unsere eigenen Start-ups sind in verschiedenen Feldern tätig. Sia Search entwickelt Systeme für das autonome Fahren. Vara will Brustkrebs-Screenings auch für Entwicklungs- und Schwellenländer erschwinglich machen. Cambrium sucht nach synthetischen Proteinen, aus denen neue nachhaltige Materialen gefertigt werden können. Wie gut ist der KI-Standort Berlin bisher aufgestellt? Wir arbeiten mit der TU, der HU und dem Hasso-Plattner-Institut zusammen. Das ist uns wichig. Sehr viel deutsche KI-Spitzenforschung findet in München, Darmstadt, Karlsruhe oder Tübingen statt. Wir müssen aber global denken, wenn wir Technologie schaffen wollen, die einen großen, positiven Einfluss auf diese Welt haben wird. Deeptechs können viele Probleme dieser Zeit lösen. Der Fachkräftemangel schreit geradezu nach Automation. ■ herkommt. Für die großen Finanzierungsrunden in den späteren Entwicklungsphasen ist derzeit nur in den USA genug Geld zu bekommen. Für die frühen Phasen ist der Appetit der institutionellen Anleger in Europa noch sehr gering. Ich wünsche mir in Deutschland eine Industriepolitik, die Technologie stärker fördert – durch Investitionen und dadurch, dass institutionellen Anlegern Risikoinvestments erleichtert werden. Ist es derzeit angesichts der großen Unsicherheiten in der Wirtschaft schwieriger geworden, Risikokapital für Start-ups zu bekommen? Auf jeden Fall. Ich glaube, es wird auch noch ein paar Monate so bleiben. Es gab einen Schock im System durch den Krieg und aufgrund der vielen Lieferengpässe. Die Situation ist vergleichbar mit demBeginn der Pandemie imMärz 2020: Es wird erst einmal alles gestoppt, um sich zu orientieren. Sobald die Investoren wissen, womit sie es zu tun haben, geht es weiter. Das Geld ist da, der Appetit der Investoren auch. Aber um ehrlich zu sein: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren bei den Bewertungen von Startups einen ungesunden Hype gesehen. Das wird jetzt gerade korrigiert. Warum haben Sie selbst kein einzelnes Unternehmen gegründet, sondern ein Venture Studio? Da spielen meine Erfahrungen mit meinem ersten Unternehmen „DeinDeal“ hinein. Aus diesem Start-up mit 200 Mitarbeitern sind 30 weitere Unternehmen entstanden. Ich habe Leute geholt, die eigentlich selbst ein Start-up gründen wollten, zunächst aber für ein bis zwei Jahre Erfahrungen in einem schnell wachsenden Unternehmen suchten. Das waren sehr motivierte Menschen, mit denen ich sehr eng und gut zusammengearbeitet habe, bevor sie tatsächlich selbst gegründet haben. Dabei habe ich gemerkt, was mir am meisten Spaß macht: das Zusammenbringen der richtigen Leute mit den richtigen Ideen. Wie gehen Sie vor, wenn Sie Start-ups gründen? Wir starten ganz amAnfang –mit der Idee. Die kommen aus drei verschiedenen Quellen. Die erste Quelle sind Gründerinnen und Gründer, die an uns herantreten. Die zweite Quelle sind wir selbst mit unserem Team, das ständig neue Ideen entwickelt. Die dritte Quelle ist unser Tochterunternehmen Merantix Momentum, das als Dienstleister Beratungs- und Projektaufträge von Unternehmen annimmt oder in Forschungsprojekte involviert ist. Auch dabei können Ideen für die Gründung eines Start-ups entstehen. 31 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 07-08 | 2022

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