Berliner Wirtschaft Juli & August 2022

FOTOS: AMIN AKHTAR KI-Start-ups müssen dort gegründet werden, wo Talente gern leben möchten. Adrian Locher chenmarkt mit Angeboten überhäuft wurde, unsere Fläche innerhalb kürzester Zeit komplett zu vermieten. Heute sind wir sehr glücklich mit den Räumlichkeiten, die wir haben. Sie sind so konzipiert, dass wir Menschen wirklich zusammenbringen können. Warum ist Ihnen das so wichtig? Ich glaube, das ist ein ganz zentraler Punkt für das Funktionieren eines Ökosystems. Wir beschäftigen dafür sogar zwei Campus-Managerinnen, die gezielt Teams zusammenbringen und Events organisieren – wobei wir inzwischen oft nur noch die Plattform anbieten. Die meisten Events werden von Mietern selbst organisiert. Teilweise finden hier zwei oder drei Events pro Tag statt. Der Austausch zumThema KI ist das verbindende Element – für die praktische Anwendung bis hin zur Spitzenforschung. Waswar Ihre Idee, als SieMerantix gegründet haben? Ich habe schon inmeinemHeimatland, der Schweiz, ein Start-up aufgebaut und verkauft. Danach bin ich nach San Francisco gezogen, ummich neu zu orientieren. Dabei empfand ich vor allem das Umfeld von Elon Musk sehr inspirierend. Ich habe gesehen, wie groß die Bedeutung der künstlichen Intelligenz bei all seinen Plänen ist. Also wollte ich gern imBereich KI etwas Neues aufbauen. Warum sind Sie für die Gründung nach Berlin gekommen? KI ist die wichtigste Technologie dieser Zeit, aber Europa hat einen großen Rückstand auf die USA und China. Ichmöchte, dass wir mit Europa den Zug nicht verpassen. Wir müssen dafür weltweit nach den besten Leuten suchen. KI-Start-ups müssen also dort gegründet werden, wo Talente gern leben möchten. Wir haben uns viele Städte in Europa angeschaut und gemerkt, dass nur Berlin und London so kosmopolitisch sind, dass Menschen aus der ganzen Welt einfach zu integrieren sind. Die Lebensqualität, auch im Verhältnis zu den Kosten, ist in Berlin am höchsten. Wie schwer ist es, KI-Experten zu finden? Wir haben das Problem gelöst und uns hier in Berlin einen guten Ruf erarbeitet. Die Attraktivität der Stadt kommt uns tatsächlich sehr entgegen. Für eine Neueinstellung sehen wir uns ungefähr 50 Bewerberinnen oder Bewerber an. Mehr als die Hälfte der Bewerbungen kommt aus demAusland. Mittlerweile beschäftigen wir Menschen mit 30 verschiedenen Nationalitäten. Talente wollen immer dort arbeiten, wo viele andere Talente schon sind, weil sie den Austausch suchen und lernen möchten. Glauben Sie, dass Europa tatsächlich den Rückstand zu den USA und China aufholen kann? Ja, weil wir hier eigentlich alles haben, was man dafür braucht. In der Forschung sind wir sogar führend. Gemessen an der Anzahl der Einwohner, hat Deutschland mehr KI-Forscherinnen und -Forscher als die USA und China zusammen. Aber bei den Investitionen für die Umsetzung liegt Europa bei einemZehntel der Ausgaben, die in den USA getätigt werden. Deshalb suchen wir hier am Campus die Nähe zur Forschung und entwickeln unsere Fähigkeiten, die Ideen wachsen zu lassen. Oft werden erfolgreiche Start-ups zwar in Deutschland gegründet. Die Finanzierung kommt aber aus Amerika oder aus Asien, sodass am Ende doch keine deutschen Unternehmen dabei entstehen. Sehen Sie darin ein Problem? Ja, darin sehe ich eine riesige Herausforderung. Langfristig geht die Wertschöpfung dorthin, wo das Geld SCHWERPUNKT | Interview

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