Berliner Wirtschaft Juli & August 2022

für Gründer, das sind die größten Klagen. Gegensteuernwill jetzt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der jüngst seine Start-up-Strategie in einem 28-seitigen Entwurf vorlegte. Sein Haus will für mehr Wachstumskapital sorgen, die Anwerbung von Talenten aus demAusland vereinfachen und selbst zumKunden von Start-ups werden. „Mit demEntwurf der Start-up-Strategie legenwir Lösungsvorschläge für die großen Baustellen imStart-up-Bereich vor und wollen Deutschland zu einemTreiber eines europäischen Start-up-Standorts machen“, so Anna Christmann, Start-up-Beauftragte des Ministeriums. Die Eckpunkte: Rentenversicherungen sollen künftig einen Teil ihres Kapitals in Risikokapital investieren, Mitarbeiterbeteiligungen an Unternehmen sollen erleichtert werden und öffentliche Aufträge vermehrt an Start-ups gehen. Gemeinsam ist man stärker, sagten sich die Gründer der Berliner Ghost Feel it GmbH und der Potsdamer Feelbelt GmbH. Beide sorgen dafür, dass bei Menschen via Vibrationen Tastsinn und Fühlen angesprochen werden. Eine innovative Software wandelt dabei digitale Inhalte so um, dass etwa ein Spieler sie haptisch wahrnehmen kann. Dabei überträgt die Software die Tonspur von Spielen, Musik oder Filmen über einen Gürtel (Feelbelt) auf den Körper, sodass der Träger etwa eine Explosion imFilmoder das Gebrüll eines Dinos haptisch spürt. Ihren Doppelsitz würden die Start-ups behalten, sagt Geschäftsführer BenjaminHeese, aber nach einem Rebranding ihre Produkte unter einer gemeinsamen Dachmarke anbieten. Zielgruppe sind unter anderem die großen Player aus der Entertainment-Industrie wie Freizeitparks. Top-Thema: das Metaverse, ein virtueller Raum, in dem Avatare via Virtual-Reality-Technologien miteinander interagieren können. Während Ghost Feel it bislang mit Fördermitteln und Kapital von Business Angels auskam, schloss Feelbelt zwei Finanzierungsrunden erfolgreich ab. Entscheidend für den Erfolg sei ein gutes Team, sagt Heese. „Die beste Idee zieht nicht, wenn das Team schlecht aufgestellt ist.“ Weitere Faktoren seien das richtige Momentum, sprich, zur rechten Zeit mit dem passenden Produkt am Markt zu sein. „Und schließlich muss man seine Geschäftsidee zügig umsetzen können.“ Die Zeiten werden aber nicht einfacher. Nach KriegsbeKommission sowie der Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg. Nach dem Einbruch zu Beginn der Corona- Pandemie wurden zuletzt wieder konstant pro Quartal mehr als 800 Start-ups in Deutschland gegründet. Das sind gut drei Prozent aller Neugründungen. Sie zeichnen sich durch ihr innovatives Geschäftsmodell, Produkt oder Dienstleistung und hohes Wachstumspotenzial aus. Die meisten Neugründungen verzeichnet die Analysefirma Startupdetector in den Bereichen Software, Medizin und Onlinehandel, gefolgt von Lebensmitteln und Industrie. Nachholbedarf bei Gründungen Trotz der positiven Entwicklungen hat Deutschland nach Ansicht der Branche im internationalen Standortwettbewerb um die klügsten Gründer und innovativsten Start-ups noch viel Aufholbedarf. Zu viel Bürokratie, zu wenig Kapital Sven Przywarra (l.) und Daniel Seidel Co-Founder und CEOs LiveEO GmbH Gemeinsam gründeten Wirtschaftsingenieur Przywarra und Raumfahrtingenieur Seidel 2017 das Unternehmen. Mithilfe ihrer Technologie lassen sich Rohdaten von Satelliten nach den Bedürfnissen der Kunden aufbereiten. Zu denen zählt die Deutsche Bahn, die so Trassen überwacht. FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 24 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 07-08 | 2022

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