Berliner Wirtschaft Juni 2022

Christian Nestler, IHK-Experte für Konjunktur Tel.: 030 / 315 10-286 christian.nestler@ berlin.ihk.de 119 Punkte beträgt der Konjunkturklimaindex aktuell – dank des Dienstleistungs- sektors. 68% der Unternehmen berichten von teils erheblichen Lieferschwierigkeiten. 48% der Unternehmen sind in erheblichem Umfang von Preissteigerungen betroffen. Risiken prägen das Konjunkturklima Die Geschäftslage hat sich wieder verbessert, Energiepreise und Lieferprobleme dämpfen aber die Erwartungen Grafiken: BW Quelle: IHK Berlin etwa die Digitalwirtschaft weitgehend unbeein- druckt vomkonjunkturellen Gegenwind. Zudem überlagern die ins Euphorische umgeschlagenen Geschäftserwartungen des Gastgewerbes die skeptischeren Prognosen anderer Wirtschafts- zweige. Die Branche sieht dem weitgehend von Corona-Beschränkungen freien Sommer voller Zuversicht entgegen. Umso härter treffen die aktuellen Krisen- faktoren die produzierenden Unternehmen: So berichten inzwischen 68 Prozent der Unterneh- men von Lieferschwierigkeiten vonmittlerembis erheblichem Umfang. Noch zu Jahresbeginn lag dieserWert bei 64 Prozent. Dabei ist die Betroffen- heit zwischen den Branchen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während zwar 39 Prozent der Dienst- leistungsunternehmen nicht von Lieferschwierig- keiten betroffen sind, sind es im Handel oder im Baugewerbe lediglich sieben Prozent, im Gastge- werbe nur drei und in der Industrie lediglich zwei Prozent der Unternehmen. Auch infolgedessen ist knapp jedes zweite Unternehmen in erheblichem Umfang von Preissteigerungen betroffen. Das sind sieben Pro- zentpunkte mehr als noch zu Beginn des Jahres. Als Ursache dieser Steigerungen nennen 67 Pro- zent der Unternehmen kletternde Energiepreise, 65 Prozent höhere Kosten für Waren, 49 Prozent den Anstieg der Arbeitskosten, und 44 Prozent ver- weisen auf Mehrausgaben für Dienstleistungen. Die aktuelle Risikolage bewerten die Unter- nehmen als äußerst angespannt. Besonders besorgt sind die Unternehmen über weiterhin stei- gende Energiepreise. Der entsprechendeWert stieg im Jahresvergleich deutlich an und liegt jetzt nach dem Risiko der fehlenden Fachkräfte auf dem zweiten Platz. Auch wächst die Sorge bezüglich der Arbeitskosten. In Anbetracht der hohen Infla- tion rechnen viele Unternehmen mit steigendem Druck auf die Gehaltsentwicklung. Kontinuierlich verschärft sich auch die Risikoeinschätzung zu den Rohstoffpreisen. Der Risikofaktor wird inzwi- schen doppelt so häufig genannt wie in den ver- gangenen Jahren. Berlins Wirtschaft wird 2022 weiter wach- sen. Gestützt auf strukturell wachstumsstarke Unternehmen in wissensbasierten Branchen, vor allem imDigitalbereich, aber auch demnur einge- schränkt konjunktursensiblen öffentlichen Sek- tor, bleibt Berlin eines der Bundesländer mit der stabilsten Konjunktur. Doch verläuft der Wachs- tumspfad krisenbedingt weit flacher als Mitte des letzten Jahrzehnts. ■ -50 -100 0 50 100 Geschäftserwartungen Geschäftslage JB JM H JB JM H JB JM H JB JM Jahresbeginn Jahresmitte Herbst -55 62 46 30 35 5 2022 2021 2020 2019 2018 Problemfaktor Preisanstieg Die galoppierenden Preisentwicklungen treffen mehr Unternehmen in stärkerem Maße Jahresbeginn 2022 Frühsommer 2022 41 31 13 15 48 10 28 13 % % Last mit Lieferschwierigkeiten Schon zu Jahresbeginn waren etwa 80 Prozent der Betriebe betroffen, doch das Ausmaß ist gewachsen Jahresbeginn 2022 Frühsommer 2022 21 11 32 36 33 15 31 22 nicht mittel erheblich gering % % 17 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2022 AGENDA | Konjunktur

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