Berliner Wirtschaft Juni 2021

Die Pläne des Landkartenverlags von Julius Straube dokumentierten auf einzigartige Weise die rasant wachsende Reichshauptstadt von Björn Berghausen (BBWA) Marktführer in Sachen Überblick Z wischen 1870 und 1910 war der Landkar- tenverlag von Julius Straube Marktfüh- rer in Berlin – nicht nur verlegte er topo- grafische Karten in hohen Auflagen und häufigen Aktualisierungen, sondern aus seinem Haus stammte auch die große Übersichtskarte 1:4.000 über die Reichshauptstadt Berlin, die in mindestens drei Ausgaben ab 1891 imAuftrag der Stadtverwaltung herausgegeben wurde. Sie war das Produkt einer haargenauen Messtätigkeit in der rasant wachsenden Stadt, bei der innerhalb von 23 Jahren 40 Vermesser auf 6.400 Hektar Stadtfläche 55.000 Parzellen, 24.200 Grundstücke, 4.800 Gebäude sowie Details wie Brunnen, Glei- se, Bordschwellen, Kanalisationsschächte und Wasserhähne in Handrissen festgehalten und in mehrstufige Pläne übertragen haben. Julius Straube (1832–1913) war für Karten und Pläne der „Hausverleger des Magistrats“ gewor- den. Geboren in Berlin als Sohn und Enkel von Schlachtern, hatte Straube sein Handwerk bei der topografischen Abteilung des Generalstabs gelernt und hier früh eine ausgesprochene Begabung für das Zeichnen von Plänen offen- bart. Schon mit 17 Jahren war er an bedeuten- den Kartenwerken namentlich beteiligt, ehe er in den Verlag von Carl Flemming einstieg, eine der ersten Adressen der preußischen Kartografie. Im Juli 1858 gründete Straube seine „Geogr. Lith. Anstalt v. J. Straube“. Beflügelnd wirkte 1874 die Gründung eines modernen Vermessungsam- tes unter Knud Wasa von Höegh in Berlin, das den wachsenden Bedarf kartografischer Fixie- rung der Stadtveränderungen festhalten musste. Dieser zeitliche Kontext traf in Straube auf einen bemerkenswert talentierten Kartenmacher, der es verstand, eine Fülle an Informationen auf einer Karte unterzubringen, ohne die Lesbarkeit zu beeinträchtigen, und dazu ein Händchen für schöne Gestaltung besaß. Hinzu kamen zwei technische Finessen, die Straube sich als „Straube-Druck“ patentie- ren ließ. Vorrichtungen beim Druck der groß- formatigen Pläne verhinderten, dass sich die Papierbögen beim Druck einerseits verzerrten und anderer- seits während der Druckdurchgänge ver- schoben, sodass Straubes Karten von höchs- ter Präzision und Qualität waren. Bemer- kenswert waren die vielfältigen thematischen Karten: Postpläne (mit den Zustellbezirken), Rad- und Automobilkarten, Wasserwege- karten, Wanderkarten, Friedhöfe in Berlin und Amtsgerichtsbezirke. Sohn Benno Straube konnte nicht an den Erfolg des Vaters anknüpfen und ging schon 1913 in den Konkurs, der Verlag wurde aber weitergeführt. Ab 1920 von Fritz Prein, ohne jedoch mit bahnbre- chenden Karten aufzufallen. Womöglich druckte Prein auch für die Rüstung – allerdings nur bis zur Zerstörung des Unternehmenssitzes 1943 und 1944. Eine Geschäftstätigkeit wurde ab 1950 nicht mehr ausgeführt. 1969 wurde Straube aus dem Handelsregister gelöscht.  ■ Zugang zum Wirtschaftsarchiv Der Publikumsverkehr im Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv (BBWA) ist pandemie- bedingt zurzeit eingestellt. Kontakt und Infos: bb-wa.de FOTOS: BBWA Die Karte oben zeigt die Bevölkerungs- dichte Berlins 1875, die untere den Tiergarten und Umgebung. Oben rechts: Das Logo des Straube-Verlags war die Berolina 43 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2021 BRANCHEN | Historie

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