Berliner Wirtschaft Mai 2025

Bundeswehr Was der OperationspIan Deutschland für Berlins Unternehmen bedeutet Seite 10 Infrastruktur Wirtschaftsverkehr wird durch Brückenabriss stark beeinträchtigt Seite 18 IHK Berlin Netzwerk für Unternehmerinnen Über 1.100 Frauen aus allen Wirtschaftsbereichen sind dabei Seite 58 Ja zur Ausbildung! Nein zur Umlage! Berliner Unternehmer wie Hotelmanager Philip Ibrahim stehen zu ihrer Verantwortung für Fachkräftenachwuchs mit Qualität Seite 20, Interview Seite 28 Das Magazin der Industrie- und Handelskammer zu Berlin 05/2025 berliner-wirtschaft.de

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Sebastian Stietzel ist Präsident der IHK Berlin und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments Alle sprechen vom Bürokratieabbau. Doch Teile des Berliner Senats wollen Bürokratie offensichtlich nicht nur nicht abbauen, sondern massiv aufblähen. Tarnname: „Ausbildungsplatzumlage“. Demnach müssen alle Unternehmen – ja, auch die, die bereits ausbilden – eine Strafabgabe zahlen. Für jedes aktive Ausbildungsverhältnis gibt es dann wieder Geld zurück. Das ist geradezu kafkaesker Bürokratismus und bringt keinen einzigen zusätzlichen Jugendlichen in Ausbildung. Die IHK Berlin investiert seit Jahren viel Geld und Herzblut, um mehr Jugendliche für Ausbildung zu begeistern (S. 20). Dieses Engagement trägt Früchte. 2024 konnten wir die Zahl der Ausbildungsverträge um fast vier Prozent steigern. Im Gegensatz zum Bundestrend – und übrigens auch im Gegensatz zur Verwaltung selbst. Ausgerechnet im öffentlichen Dienst Berlins ist die Zahl der Ausbildungsverträge 2024 um fast 20 Prozent zurückgegangen. Hier wird also scheinbar mit zweierlei Maß gemessen? Darüber müssen und werden wir mit den Projektpartnern reden, bei der nächsten Sitzung des Bündnisses FÜR Ausbildung im Mai. Ihr Umlage für Ausbildungsplätze ist Bürokratismus berliner-wirtschaft.de Mehr Business-News und Storys aus den Unternehmen der Hauptstadt, dazu Zahlen, Fakten und Meinungen – das ist der neue Online-Auftritt der „Berliner Wirtschaft“: Infrastruktur Die Ringbahnbrücke zeigt exemplarisch die Defizite in Berlins Infrastruktur, die den Anforderungen einer funktionierenden Metropole nicht mehr gerecht wird. Aktuell führt dies zu besonderen Einschränkungen im Wirtschaftsverkehr, wie betroffene Unternehmen verdeutlichen. Seite 18 ZEICHNUNG: ANDRÉ GOTTSCHALK; TITEL: AMIN AKHTAR Editorial | 03 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

Politikgespräch Berlins Bausenator Christian Gaebler erläuterte beim Wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK seine Pläne 14 BRANCHEN 32 Klimaschutz Das Berliner Bündnis für Biodiversität feiert ein Jahr Engagement für Ökologie 36 Handel Naturkaufhaus in Steglitz setzt auf nachhaltigen Erfolg 38 Förderprogramm MINT-Studentinnen erhalten mit Femtec Unterstützung für ihren Weg an die Spitze 40 Start-up Kasia Szmurlo-Sirbu, Aiden Immo GmbH, im Interview 42 Technologiemesse Im Mai findet die Gitex Europe erstmals in Berlin statt 44 Historie Das BBWA, das Gedächtnis der Wirtschaft, ist 20 Jahre alt 45 Jubiläum Weißgerber Lesezirkel liefert seit 1925 Lesestoff an Praxen oder auch private Kunden AGENDA 10 Zivile Verteidigung Interview mit Brigadegeneral Horst Busch über Aufgaben der Wirtschaft im Ernstfall 13 Kolumne Andreas Knieriem erläutert, warum Work-Life-Balance im Job nicht alles ist 14 Politikgespräch Bausenator Christian Gaebler zu Gast bei der Wirtschaft 16 Position IHK Berlin und andere Akteure fordern Maßnahmen zur Fachkräftestrategie 18 Infrastruktur Marode Ringbahnbrücke zeigt exemplarisch die Defizite FOKUS 20 Ausbildung Fachkräftenachwuchs wird von Unternehmen dringend gesucht. Das Letzte, was gegen den Bewerbermangel hilft, ist eine Umlage 24 Unternehmenspraxis Klosterfrau Berlin, Eclarity und Frisch & Faust arbeiten auf unterschiedliche Art an der Lösung der Misere 28 Interview Hotelmanager und Ausbilder Philip Ibrahim will den Azubis ein Vorbild sein. Auch in Schulen ist er oft zu Gast, um für den Hotelberuf zu werben Philip Ibrahim General Manager Mercure Hotel Moa Berlin 28 Die Ausbildungsplatzabgabe löst unsere Probleme nicht. Wir haben offene Stellen. 20Ausbildung Dass Lehrstellen häufig zu Leerstellen werden, liegt am Bewerbermangel und an fehlenden Basiskompetenzen Inhalt | 04

Netzwerk Die IHK Berlin unterstützt Unternehmerinnen mit einem dynamischen Forum für Austausch und Support 58 FACHKRÄFTE 46 Duales Studium Perfekte Mischung aus Praxis und Theorie für Unternehmen 48 Bildung Stiftung „Kinder forschen“ zeichnet Berliner Kita aus 49 Selbstständigkeit IHK-Initiative IMMS bringt unternehmerisches Wissen direkt ins Klassenzimmer 51 Verbundausbildung Vermittlung von Inhalten aus der Versicherungsbranche 53 Ausbildungsmarketing IHK-Botschafterinnen und -Botschafter berichten in Schulen von ihrer Ausbildung SERVICE 56 Außenwirtschaft Land Berlin reagiert mit einer Taskforce auf die Zollpolitik von US-Präsident Trump 58 Netzwerk IHK Berlin unterstützt Frauen in der Wirtschaft mit Foren und Veranstaltungen 60 Beratung EU-Verpackungsverordnung verlangt die Beachtung einiger neuer Anforderungen 61 Digitalisierung Digitaler Wirtschaftsservice der Senatsverwaltung hilft bei Verwaltungsprozessen 03 Editorial | 06 Entdeckt | 48 Impressum | 52 Seminare 65 Gestern & Heute | 66 Zu guter Letzt Schreiben Sie uns Worüber möchten Sie in der „Berliner Wirtschaft“ informiert werden? Senden Sie Ihre Anregungen per Mail an: bw-redaktion@berlin.ihk.de FOTOS: GETTY IMAGES/MONTY RAKUSEN, IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN, IHK BERLIN/ROBERT SCHLESINGER Berliner Wirtschaft 05 | 2025 Inhalt | 05 das uns! Überlassen Sie Professionelle Entsorgungslösungen für: Gewerbeabfälle Bedarfsgerechte Konzepte zur Erfassung Ihrer gemischten Gewerbeabfälle – entsprechend der Gewerbeabfallverordnung Altpapier Beste Preise für Industrie, Handel, Gewerbe, Wohnungswirtschaft und Privathaushalte Gewerbefolien Kostengünstige und umweltgerechte Wertstoffentsorgung Andere Abfälle Zuverlässige Erfassung aller anderen Abfälle zur Verwertung (Glas, Holz, Schrott, E-Schrott) Bartscherer & Co. Recycling GmbH Montanstraße 17-21 13407 Berlin Tel: (030) 408893-0 Fax: (030) 408893-33 www.bartscherer-recycling.de Bestellungen direkt im Onlineshop. Günstige Pauschalpreise für Umleerbehälter von 240 l bis 5,5 cbm.

Noch liegt die Orca ten Broke an ihrem Anleger in Moabit, unweit des Hauptbahnhofs. Wenn Betriebsleiter Holger Jirka (Foto) das 36 Meter lange Solar-Hybrid-Schiff in Bewegung setzt, geschieht das fast geräuschlos. Die Seminarschiff Fluxservice GmbH, für die das unkonventionelle Wasserfahrzeug 2017 in Stralsund gebaut wurde, kann damit bis zu 200 Passagiere über Berlins Gewässer schippern. Tagungen, Hochzeiten und andere Events finden auf der Orca ten Broke statt. 30 Zentimeter Wandstärke und Dreifachverglasung ermöglichen einen Ganzjahresbetrieb. Augenfällig sind die Solarmodule, die nahezu die gesamte 160-Quadratmeter-Dachterrasse überspannen und vor niedrigen Brücken abgesenkt werden können. Erst wenn sie nicht mehr genügend elektrische Energie liefern, springt ein Motor ein, der mit Kraftstoff aus wiederaufbereitetem Pflanzenöl läuft. Auf dem Sonnendeck FOTO: ULRICH SCHUSTER Berliner Wirtschaft 05 | 2025 Entdeckt | 06

Entdeckt | 07 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

„Es ist gut, dass die Koalition mit dem neuen Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung sowie dem Neuzuschnitt des Ressorts Forschung, Technik und Raumfahrt einen klar erkennbaren Fokus auf Innovation legt. Ein effizienter Staat mit modernen Strukturen, der die richtigen Rahmenbedingungen für Innovationen sowie den Transfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft herstellt, ist das, was wir in Deutschland brauchen.“ Einige Koalitionsvereinbarungen können helfen, Deutschland aus dem Konjunkturtal zu führen Fokus auf Innovation gesagt Sebastian Stietzel, Präsident IHK Berlin 22 % der Wege in Berlin wurden laut der Studie „Mobilität in Städten 2023“ mit dem Auto zurückgelegt. 2018 waren der TU Dresden zufolge noch 26 Prozent. Der Fußverkehr stieg von 30 auf 34 Prozent. Das Fahrrad liegt weiterhin bei 18 Prozent. kopf oder zahl Andrea Franke Julien Mattei von der WillyBrandt-Schule Berlin ist als beste Schulleiterin Deutschlands ausgezeichnet worden. Sie habe in der Brennpunkt-Einrichtung eine „einzigartige Integrationsleistung“ vollbracht. Träger des Wettbewerbs sind die Heraeus Bildungsstiftung und der Deutsche Philologenverband. Die IHK Berlin unterstützt ein Projekt zur Berufsorientierung an der Schule. ist neuer Chief Investment Officer der Berliner Budget- kette a&o Hostels. Er bringt 15 Jahre Erfahrung im Bereich Immobilieninvestment und -entwicklung in ganz Europa mit. Zuvor war er unter anderem als Investment Director bei The Social Hub (früher The Student Hotel) und im Invest- ment Management der Norges Bank (Staatsfonds von Norwegen) tätig. FOTOS: A&O HOSTELS, PA/DPA/SEBASTIAN GOLLNER, STOCKSY, CHRISTIAN KIELMANN Berliner Wirtschaft 05 | 2025 Kompakt | 08

500 1000 1500 2000 2500 3000 Arbeitsstunden der Erwerbstätigen insgesamt in Millionen Arbeitsstunden je Erwerbstätigen 2024 2000 2004 2008 2012 2020 2016 Quelle: Statistik Berlin-Brandenburg 2982 1357 500 1000 1500 2000 2500 3000 Arbeitsstunden der Erwerbstätigen insgesamt in Millionen Arbeitsstunden je Erwerbstätigen 2024 2000 2004 2008 2012 2020 2016 Quelle: Statistik Berlin-Brandenburg 2982 1357 19 % mehr Arbeitsstunden wurden in den letzten 25 Jahren in Berlin verzeichnet. Patrick Schulze, IHK-Experte für Statistik Tel.: 030 / 315 10-226 patrick.schulze@berlin.ihk.de Steigendes Arbeitsvolumen Auf 2.982 Millionen kletterten die geleisteten Arbeitsstunden im Jahr in Berlin insgesamt, pro Kopf hingegen sanken sie auf nur noch 1.357 berliner wirtschaft in zahlen Kreuzkröten leben im Schnitt fünf, ganz selten bis zu zwölf Jahre. Nicht einmal uralte Tiere erinnern sich an den Start des Projekts Pankower Tor. Seit 2009 konnte über die Zukunft der dort lebenden 800 Kröten keine Einigkeit zwischen Naturschützern, Politik und Investor Kurt Krieger erzielt werden. 2.000 Wohnungen blieben bislang ungebaut. Nun gibt es einen Vertrag – und eine neue Klage. Investoren brauchen in Berlin einen langen Atem. bw Was finden Sie typisch? Schreiben Sie uns: bw-redaktion@berlin.ihk.de Teure Kröten typisch berlin Grafiken: BW; Quelle: Arbeitskreis „Erwerbstätigenrechnung der Länder", Statistik Berlin-Brandenburg Kompakt | 09

Im „Operationsplan Deutschland“ werden auch Aufgaben für die Wirtschaft definiert. Brigadegeneral Horst Busch erläutert im Gespräch, was das bedeutet von Henrik Holst Der Ernstfall für Unternehmen Für den Krisen- und Kriegsfall sind die Anforderungen an die unterschiedlichen Akteure klar benannt Der „Operationsplan Deutschland“ wurde 2024 vorgestellt und definiert erstmals seit dem Kalten Krieg konkrete Aufgaben für Militär, Behörden und Wirtschaft. Ziel ist eine verbesserte Koordination und Vorbereitung aller Akteure für die gegenseitige Unterstützung im Krisen- und Kriegsfall, wie etwa ein Angriff auf ein NATO-Mitglied. Brigadegeneral Horst Busch ist Kommandeur des Landeskommandos Berlin. Berliner Wirtschaft: Brigadegeneral Busch, die Bedrohungslage für Staat, Gesellschaft und Wirtschaft hat sich spürbar verschärft. Womit sind wir zurzeit besonders konfrontiert? Berliner Wirtschaft 05 | 2025 agenda

Brigadegeneral horst busch: Die Anzahl und Art der sicherheitsrelevanten Vorkommnisse hat sich in den vergangenen drei Jahren spürbar erhöht und verändert. Vorkommnisse wie Ausspähungen von Bundeswehrliegenschaften, Truppenübungsplätzen oder anderen neuralgischen Punkten mit sich stets verändernden Mitteln, wie zum Beispiel Drohnen, Kfz mit Dashcams, dem Ausgeben von falschen Identitäten oder Eindringversuche in Liegenschaften der Bundeswehr, sind lediglich ein Teil dessen, mit dem sich die Bundeswehr konfrontiert sieht. Vorkommnisse, die nicht nur die Bundeswehr betreffen, sind etwa die versuchte Einflussnahme auf unsere Gesellschaft. Die Verbreitung von Desinformationen, Diskriminierung bestimmter Gruppen oder Drohungen über soziale Medien rütteln massiv an unseren Wertevorstellungen und machen es notwendiger denn je, sich mit seinem Umfeld, sei es beruflich oder privat, auszutauschen und in den Diskurs zu gehen. Besonders betroffen ist natürlich auch die Wirtschaft, insbesondere mit Blick auf die bereits stattgefundenen Vorkommnisse, vor allem die erhöhte Anzahl von Cyberattacken. Gemäß einer Umfrage eines großen Digitalverbands wurden mehr als 80 Prozent der deutschen Unternehmen in den letzten zwölf Monaten Opfer von Datenlöschung, Datendiebstahl, Wirtschaftsspionage oder Sabotage. Das ist ein Anstieg von fast 30 Prozent zum Vorjahr, und auch die Bundeswehr wird davon nicht verschont. In den vergangenen Monaten ist die Bundeswehr gerade auch in Berlin immer wieder Ziel von Brandanschlägen geworden, sei es auf die Infrastruktur des Bundeswehrkrankenhaus oder auf Militärfahrzeuge, die sich zur Wartung in zivilen Werkstätten befanden. Viele dieser Herausforderungen begleiten uns schon länger. Was war der Anlass für die Entwicklung des „Operationsplans Deutschland“? Die Bedrohungslage in Mitteleuropa hat sich seit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine massiv verändert. Als Reaktion erarbeitete das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr – jetzt das Operative Führungskommando der Bundeswehr – den „Operationsplan Deutschland“. Er umfasst den operativen Einsatz der Bundeswehr in Deutschland in Frieden, Krise und Krieg und zeigt Bereiche auf, die einer noch stärkeren Zusammenarbeit mit Behörden, Wirtschaft und Gesellschaft bedürfen. Denn um es klar zu sagen, Russland wartet nicht, bis wir bereit sind. Was wir sehen, ist eine massive Umgestaltung der russischen Wirtschaft und Gesellschaft in Bezug auf Krieg sowie der Fähigkeiten, die dazu nötig sind, Krieg zu führen. Erst vor Kurzem, kurz vor dem dritten Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine, hat Kremlchef Putin den russischen Streitkräften modernere Waffen und Technik in Aussicht gestellt, gepaart mit den Äußerungen, den Aufrüstungskurs der letzten Jahre weiter voranzutreiben. Der Operationsplan hebt besonders die Bedeutung von Zivil-Militärischer Zusammenarbeit hervor. Was verbirgt sich dahinter? Für die Landeskommandos bedeutet das vor allem das Erstellen eines Lagebildes in ZusamDenn um es klar zu sagen: Russland wartet nicht, bis wir bereit sind. Brigadegeneral Horst Busch Seit September 2024 ist Brigadegeneral Busch Kommandeur des Landeskommandos Berlin. Zuvor war er unter anderem Leiter des Militärattaché-Referats im Verteidigungsministerium sowie Chef des Corona-Krisenstabs im Kanzleramt. Neben zwei Einsätzen in Afghanistan diente er mehrere Jahre als Heeresattaché in Washington. » FOTOS: BUNDESWEHR/ANNE WEINRICH, BUNDESWEHR/NICLAS BARONSKY Zivile Verteidigung | 11 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

menarbeit mit Behörden, Ländern und Kommunen. Im Fokus steht dabei die kritische und verteidigungswichtige Infrastruktur und wer was zum Schutz beitragen kann, sowohl im Bereich der physischen Sicherheit als auch in Bezug auf die Cyberabwehr. Dahinter verbirgt sich die Gewissheit, dass viele Leistungen, die auch schon vor der Schwelle des Spannungs- oder Verteidigungsfalls notwendig wären, allein durch Bundeswehrkräfte nicht zu leisten sind. Grundsätzlich ist die Unterstützung der Streitkräfte eine der vier Säulen der zivilen Verteidigung, und diese Zusammenarbeit bedarf der Abstimmung. Gibt es konkrete Szenarien, mit denen Sie planen, und hätten Sie einige Beispiele für die Einbindung von Unternehmen? Im Falle eines Falles ist Deutschland nicht Frontstaat, sondern Transitstaat für Truppen, die sogenannte Drehscheibe Deutschland. Dazu brauchen wir die zivilen Kräfte, vom Hafenbetreiber über die Betreiber von Straßen- und Eisenbahntransportsystemen (Güterverkehr) bis zu denjenigen, die die Truppen – seien es Briten, Franzosen, Niederländer oder unsere eigenen Kräfte – auf ihrem Marsch durch Deutschland mit Verpflegung, Wasser, Treibstoff oder auch Krankenversorgung unterstützen. Wenn Sie das zu transportierende Material und Personal in Zahlen fassen, lässt sich schnell erkennen, dass eine Einbindung von Unternehmen unabdingbar ist. Was können Unternehmen jetzt tun, um sich einerseits auf einen möglichen Ernstfall vorzubereiten und um andererseits die Bundeswehr dann effektiv unterstützen zu können? Was wirklich hilft, ist, sich die Zeit und Mühe zu machen, solche Szenarien durchzuspielen und dann mögliche Maßnahmen frühzeitig einzuleiten. Ein Beispiel: Sind in meinem Unternehmen Angestellte, die eine osteuropäische Staatsbürgerschaft besitzen, und stehen mir diese Angestellten noch zu Verfügung, wenn in ihren Ländern mobilgemacht wird? Oder: Verfügt mein Unternehmen über eine Autarkie in der Energieversorgung? Unternehmen können außerdem helfen, indem sie die Aktivitäten ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bestmöglich unterstützen, zum Beispiel durch Freistellungen für Reservistendienstleistungen. Berlin liegt nicht nur an diversen Hauptverkehrsadern Richtung Osten, sondern ist auch Regierungssitz und Deutschlands größte Metropole. Entstehen daraus spezielle Anforderungen an Behörden und Wirtschaft in Berlin? Aus den regionalen Besonderheiten Berlins leiten sich eine Menge spezieller Anforderungen ab, einige davon haben Sie bereits benannt. Diese zu identifizieren, zu bewerten und dann abgestimmte Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und zur Operationsfreiheit treffen zu können, ist eine enorme Herausforderung und funktioniert am Ende nur mit einer guten Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit. Dieses Thema ist bereits aufgegriffen. Wir stehen in enger Verbindung zu den Berliner Behörden, um diese Szenarien durchzuspielen und gemeinsame Lösungen für die Bevölkerung und die Behörden zu finden. Wie kann die IHK die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Wirtschaft fördern? Indem wir den gemeinsamen Austausch suchen, denn nur gemeinsam, mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und dem Willen, etwas umzusetzen, lässt sich diese Herausforderung stemmen. Konkret verbirgt sich dahinter etwa das Besprechen und Bewerten von möglichen Szenarien oder das gemeinsame Üben. Die IHK könnte hier sowohl als Bindeglied und Multiplikator wirken, indem sie das Thema auf die Agenda setzt und aktiv für und mit ihren Mitgliedern kommuniziert. Ein gutes Beispiel ist das kürzlich durchgeführte Hausspitzengespräch der Berliner Sicherheitspartnerschaft. Vielen Dank für das Interview. Henrik Holst, IHK-Public-Affairs- Manager Digitalpolitik Tel.: 030 / 315 10-623 henrik.holst@ berlin.ihk.de Zusammenarbeit Das Operative Führungskommando steuert alle Akteure Brigadegeneral Busch Im Falle eines Falles ist Deutschland nicht Frontstaat, sondern Transitstaat für Truppen, die sogenannte Drehscheibe Deutschland. FOTO: FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG; GRAFIK: BUNDESWEHR AGENDA | Zivile Verteidigung | 12 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

Wir brauchen eine andere Einstellung zur Arbeit Es geht nicht nur um eine ideale Work-Life-Balance, sondern darum, eine Aufgabe als erfüllend erleben zu können Die Zoologischen Gärten Berlin spüren – wie viele Unternehmen – die Herausforderungen des deutschen Arbeitsmarkts. Der Fachkräftemangel ist längst kein abstraktes Problem mehr, sondern beeinflusst unseren Alltag spürbar. Als einer der größten Zoobetriebe weltweit mit rund 600 Mitarbeitenden in über 70 Berufsfeldern tragen wir die Verantwortung, faire und wettbewerbsfähige Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die Anpassung der Löhne war daher ein notwendiger Schritt – jedoch mit erheblichem finanziellem Aufwand verbunden. Unsere Tiere und Gäste sind physisch vor Ort, wodurch mobile Arbeitsmodelle kaum umsetzbar sind. Verlässlichkeit und intrinsische Motivation bleiben essenzielle Pfeiler – sowohl im operativen Zoobetrieb als auch aus ökonomischer Sicht. Der Fachkräftemangel hat das Machtgefüge am Arbeitsmarkt verändert: Wo früher Arbeitgeber die Bedingungen bestimmten, stehen heute zunehmend die Bedürfnisse der Arbeitnehmer im Fokus. Das ist eine positive Entwicklung, denn optimierte Arbeitsbedingungen und eine nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit sind wichtige Ziele. Gleichzeitig führt dieses gestiegene Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer zu neuen, nicht immer realisierbaren Erwartungen an die Arbeitswelt. Die gesellschaftliche Debatte sollte sich daher nicht nur um eine ideale Work-Life-Balance drehen, sondern auch die Frage einbeziehen, wie wir Arbeit wieder als erfüllend erleben können. Arbeit ist entgegen vieler Meinungen ein gesundheitserhaltender Faktor. Ein Blick über den deutschen Tellerrand bestätigt: Unsere Einstellung zur Arbeit braucht einen Wandel. Nach intensiven Jahren der Modernisie- rung – mit Projekten wie Panda Garden, Regenwaldhaus, Himalaya, Savanne oder Nashorn- Pagode – hat uns die jüngste Krisenlage gelehrt, das Tempo zu drosseln. Pandemie, Kosten- explosionen und seuchenbedingte Schließungen zwangen uns, Perfektion durch Realismus zu ersetzen. Manchmal ist ein Schritt zurück notwendig, um den Wert kleiner Fortschritte wieder schätzen zu lernen. Trotz aller Herausforderungen – Pandemie, Krieg, Inflation – konnten wir unsere Besucherzahlen stabil halten und erhielten in Umfragen Bestnoten von unseren Gästen (Zoo 1,5 / Tierpark 1,4). Diese positive Resonanz bestätigt die hohe Identifikation unseres Teams mit seiner Aufgabe. Denn wenn andere freihaben, beginnt bei uns die Hochsaison. Wir sind da – für die Tiere und für die Menschen. In dieser tief empfundenen Sinnhaftigkeit sehe ich den Schlüssel zur ausgeprägten Arbeitsmoral unserer Mitarbeitenden. Vielleicht können unsere Erfahrungen auch anderen als Orientierung dienen: Sinnstiftung, Teamgeist und Anpassungsfähigkeit sind Stärken, auf die man bauen kann. ■ Meinung In der Kolumne „Auf den Punkt“ positionieren sich im monatlichen Wechsel Mitglieder des Präsidiums zu wirtschaftspolitischen Fragestellungen aus ihrer persönlichen Sicht. präsidiumsmitglieder beziehen stellung Dr. Andreas Knieriem ist Vorstand der Zoologischer Garten Berlin AG und Mitglied im Präsidium der IHK Berlin FOTO: AMIN AKHTAR Auf den Punkt | 13 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

Bausenator Christian Gaebler erläuterte beim Morgentermin im Ludwig Erhard Haus seine Pläne. Von der IHK Berlin fühlt er sich gut unterstützt von Holger Lunau „Ich will meinen Beitrag leisten“ Berliner Wirtschaft 05 | 2025 AGENDA | Wirtschaftspolitisches Frühstück | 14

Kaum ein Thema bewegt die Berliner derzeit so sehr wie der sich immer weiter verschärfende Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Davon betroffen sind auch zahlreiche Unternehmen, die Beschäftigte aus anderen Bundesländern oder dem Ausland einstellen würden, wenn es für diese nicht so schwer wäre, eine Bleibe gemäß ihrem Gehalt zu finden. Die Teilnehmer eines Wirtschaftspolitischen Frühstücks mit Bausenator Christian Gaebler (SPD) am 4. April im Ludwig Erhard Haus der IHK Berlin waren deshalb gespannt, mit welchen Konzepten der Senat hier gegensteuern will. Wie bei einer während der Veranstaltung durchgeführten Online-Befragung deutlich wurde, stand fast die Hälfte der Gäste dem Wohnungsbau kritisch gegenüber. Um es gleich vorwegzunehmen: Es gibt viele Maßnahmen und Pläne seitens der Politik, aber so richtigen Optimismus konnte der Senator nicht verbreiten. Wirkung des Gesetzes bleibt abzuwarten Als positiven Fakt stellte Gaebler heraus, dass der schwarz-rote Senat im Dezember 2024 das „Schneller-Bauen-Gesetz“ auf den Weg gebracht hat. Das Maßnahmenpaket umfasst weit über hundert gesetzliche Änderungen und Regelungen, um Planungs-, Genehmigungs- und Bauprozesse zu beschleunigen und Rahmenbedingungen für die Bau- und Wohnungswirtschaft zu verbessern. Das soll insbesondere mietpreisgebundenen, unteren und mittleren Segmenten zugutekommen. Ob und wie das Gesetz dazu beiträgt, mehr und schneller zu bauen, das wird sich nach Aussage von Gaebler aber erst im Lauf dieses Jahres zeigen. Vor dem Hintergrund der vom Abgeordnetenhaus noch nicht verabschiedeten Verwaltungsreform gab es bei den Gästen der Veranstaltung eher Skepsis. Bevor nicht das Zuständigkeits-Wirwarr zwischen Bezirken und Senat aufhöre, sei kaum Besserung zu erwarten, so die Zweifler. Ja, es gebe in Berlin viel zu tun, räumte Christian Gaebler ein, fügte jedoch hinzu: „Aber ich will meinen Beitrag leisten.“ Dabei fühle er sich auch von der IHK Berlin gut unterstützt. Der Bausenator verwies zudem darauf, dass die Koalition die Förderung des sozialen Wohnungsbaus wieder verstärkt hat. Im Jahr 2024 seien die Fördermittel für zusätzlich 5.000 Wohnungseinheiten aufgestockt worden. Er hoffe, dass nunmehr auch der Bund nachziehe und Gelder aus dem geplanten Sondervermögen dafür zur Verfügung stellt. Genauso wichtig seien allerdings auch Investitionen in bestehende Infrastruktur sowie neue Infrastruktur in entstehenden Stadtquartieren. Das schließe nicht zuletzt die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr mit ein. Das sei allerdings nicht ganz einfach, räumte Gaebler ein, auch hinsichtlich der Priorisierung der Maßnahmen, da andere Senatsverwaltungen mit am Tisch säßen. Der Bundestag hatte Mitte März einem Finanzpaket von Union und SPD zugestimmt, zu dem ein 500 Mrd. Euro schweres Sondervermögen gehört, für das die Schuldenbremse gelockert wurde. Damit soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur finanziert werden, wobei die Bundesländer insgesamt 100 Milliarden Euro erhalten. Angesprochen auf das umstrittene Gesetz zur Vergesellschaftung von Wohnraum, sagte der Senator, die Initiatoren des damaligen Volksentscheids sollten endlich den seit eineinhalb Jahren angekündigten Gesetzentwurf vorlegen. „Die Hängepartie sollte beendet werden.“ Beim Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hatte sich im September 2021 eine Mehrheit der Bürger dafür ausgesprochen, dass der Senat Wohnungsbestände großer Privatkonzerne vergesellschaften soll, um horrende Mietpreissteigerungen zu verhindern. Im Koalitionsvertrag war daraufhin beschlossen worden, ein Vergesellschaftungsrahmengesetz zu erarbeiten. Darüber streitet die Koalition aber, woraufhin die SPD nunmehr von sich aus bis zum Sommer einen Gesetzentwurf vorlegen will. Ob er Vergesellschaftungen ablehnt, ließ Gaebler offen. Er verwies allerdings nachdrücklich darauf, dass es Schutzregelungen für Mieter bedürfe. Wohnungen seien „keine Ware wie jede andere“. Bebauungspläne für Urban Tech Republic Angesprochen auf die Entwicklung diverser Projekte und Standorte wie ICC und Urban Tech Republic auf dem ehemaligen Flughafengelände in Tegel, sagte der Senator, „wir müssen uns überlegen, wie wir privates Kapital einbinden“. Das betreffe unter anderem die Bedingungen, landeseigenen Grund und Boden zur Verfügung zur stellen. Bei der Urban Tech Republic sei es so, dass es wegen der Flüchtlingsunterkünfte, der Energieversorgung und der Diskussion um die Ansiedlung der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Verzögerungen gegeben hat. Inzwischen habe das Abgeordnetenhaus drei Bebauungspläne beschlossen. Er gehe davon aus, dass es ab 2028 erste Ansiedlungen geben könne. Noch in diesem Jahr solle dazu die Vermarktung beginnen. ■ Zu Gast bei der IHK Berlin: Bausenator Christian Gaebler (M.) mit IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner und IHK-Vizepräsident Robert Rückel Christian Gaebler Berliner Bausenator Eine integrierte Stadtentwicklung, die Wirtschaft, Arbeit, Wohnen und Infrastruktur gemeinsam denkt, ist absolut zentral. FOTOS: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN Wirtschaftspolitisches Frühstück | 15 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

Berlin braucht mehr Fachkräfte, um seine wirtschaftlichen Ziele erreichen zu können – und das Wohlergehen der Stadt zu sichern Der anhaltende Fach- und Arbeitskräftemangel stellt eine der zentralen Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Berlin dar. Rund 90.000 Stellen sind bereits heute unbesetzt – mit gravierenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen. Vor diesem Hintergrund hat die IHK Berlin gemeinsam mit den wichtigsten Akteuren der Berliner Wirtschaft eine Erklärung mit konkreten Maßnahmen und Zielgrößen zur Fachkräftesicherung erarbeitet. Ziel ist es, die politische Diskussion zu beschleunigen und wirtschaftsnahe Lösungsansätze einzubringen. „Berlin braucht eine Fachkräftestrategie, weil wir auf einen dramatischen Fachkräftemangel zusteuern. Das hat sich der Senat selbst ins AufgaMehr Erwerbstätige, auch aus dem Ausland, und eine bessere Berufsorientierung: Berliner Wirtschaft fordert gemeinsame Fachkräftestrategie von Jan Bruns Auf breiter Basis zum Ziel ILLUSTRATION: STOCKSY.COM/GIADA CANU; FOTO: FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG AGENDA | Position | 16 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

benheft geschrieben“, erklärt Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin. Der Strategieprozess sei zwar angestoßen worden, „seither stockt er jedoch, und vor allem sitzt die Wirtschaft als hauptsächlich betroffene Stakeholder-Gruppe nicht mit am Tisch.“ Aus Sicht der IHK Berlin kann eine erfolgreiche Strategie nur dann gelingen, wenn sie auf klaren Kennzahlen basiert und die relevanten Akteure – insbesondere Unternehmen – aktiv einbezogen werden. Zu den angestrebten Zielwerten zählen etwa 400.000 zusätzliche Erwerbstätige bis zum Jahr 2035, ein Anstieg des Anteils ausländischer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter auf mindestens 30 Prozent sowie eine durchgängige Berufsorientierung aller Schulabgängerinnen und -abgänger. Maßnahmen zur Potenzialnutzung Die vorgeschlagenen Maßnahmen konzentrieren sich auf drei Felder: bessere Nutzung bestehender Arbeitskräftepotenziale, Erschließung neuer Fachkräftequellen, insbesondere international, sowie Stärkung der Standortattraktivität. Dazu gehören: • der Ausbau von Kitas mit Schichtbetrieb und zusätzlicher Plätze in der Tagespflege • bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende • die Digitalisierung des Arbeitgeber-Services bei der Bundesagentur für Arbeit • der Ausbau betrieblicher Weiterbildung und Verbundberatung. Ein zentrales Element ist ein strukturiertes Fachkräftepartnerschaftsprogramm mit ausgewählten Drittstaaten. Dieses soll Berliner Unternehmen frühzeitig Zugang zu qualifizierten Talenten ermöglichen. Die Fachkräfte sollen bereits im Herkunftsland sprachlich und fachlich auf ihren Einsatz vorbereitet werden, um bürokratische Hürden zu senken und eine effiziente Integration zu ermöglichen. „Mit mehr als 20 Kammern und Verbänden haben wir deshalb selbst Vorschläge, konkrete Maßnahmen und Kennzahlen für die Erfolgsmessung erarbeitet“, betont Stietzel. „Und wir freuen uns, darüber mit der Politik ins Gespräch zu kommen.“ Für die Berliner Wirtschaft ist klar: Berlin muss nicht nur Fachkräfte gewinnen, sondern sie auch langfristig binden. Dazu gehört bezahlbares Wohnen ebenso wie eine familienfreundliche Infrastruktur und berufliche Perspektiven. Die Wirtschaft ist bereit, aktiv mitzuwirken – erwartet aber verlässliche politische Rahmenbedingungen und eine koordinierte schnelle Umsetzung. Stietzel warnt abschließend: „Wer denkt, durch die aktuelle wirtschaftliche Lage habe das Thema Fachkräftemangel an Brisanz für den Standort verloren, dem sei gesagt: Das ist ein Irrglaube und hochgradig riskant für das Wachstum und Wohlergehen der Stadt.“ ■ Jan Bruns, IHK-Public-Affairs- Manager Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-920 jan.bruns@berlin.ihk.de 30 % sollte der Anteil ausländischer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter nach Ansicht von Kammern und Verbänden mindestens betragen. FOTO: XXXXXXXX Position | 17 Ihre Taxifahrt zum Festpreis Genießen Sie ganz entspannt Ihre Taxifahrt zum Festpreis durch Berlin und von Berlin zum Flughafen BER Einfach bestellen per Anruf oder App www.taxi-berlin.de/festpreis

Die Ringbahnbrücke kannte kaum jemand beim Namen, bis zum Tag ihrer endgültigen Sperrung. Sie steht damit exem- plarisch für das Dilemma kritischer Infra- struktur: Man nimmt sie oft erst wahr, wenn sie ausfällt. Wie heftig das dann sein kann, zeigte der 20. März. An diesem Donnerstag der sofort nötigen Brückensperrung ging gar nichts mehr. Besonders schwer getroffen hat das den Wirtschaftsverkehr, denn gerade die Lkw der Ver- und Entsorgung sind auf die Stadtautobahnen angewiesen. Vor über 60 Jahren war die Brücke für 25.000 Fahrzeuge pro Tag gebaut worden. Zuletzt musste sie täglich aber rund 95.000 Kfz aushalten, davon ein großer Anteil schwerer Lkw. Das Bauwerk wurde deshalb schon lange sehr genau beobachtet, wie auch die sich anschließende Westendbrücke. IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner hat sich sofort mit konkreten Forderungen an die Verkehrssenatorin gewandt, die einen stabilen Wirtschaftsverkehr und damit eine funktionierende Stadt gewährleisten sollen. Wie geht es nun weiter? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer digitalen Infoveranstaltung, die Die marode Ringbahnbrücke macht exemplarisch deutlich, dass mehr getan werden muss, um eine funktionierende Stadt gewährleisten zu können von Dr. Lutz Kaden Lücken im Wirtschaftsverkehr die IHK kurzfristig für ihre Mitglieder organisiert hat. Mit dabei waren Andreas Irngartinger, Geschäftsführer der planenden Deges GmbH, und Stefan Buitkamp von der Autobahn GmbH. Sie erklärten, wie beide Brücken jetzt unverzüglich abgerissen werden. Ab Ende April kann so die S-Bahn wieder auf der Ringbahn fahren. Parallel wird der Neubau der Ringbahn- und der Westendbrücke vorbereitet. Da sie nach dem Abriss nun an gleicher Stelle in fast gleicher Größe gebaut werden können, muss hier nicht auf die Planfeststellung gewartet werden. Sie werden dann die ersten fertigen Elemente des neuen Autobahndreiecks Funkturm sein. Derweil weist die Autobahn GmbH großräumige Umfahrungsrouten über den Berliner Ring aus, um die Situation am Funkturm zu entzerren. Für die Bauzeit muss das umgebende Hauptstraßennetz gestärkt werden, um den zusätzlichen Verkehr aufnehmen zu können. Dazu hatte die Verkehrslenkungsabteilung des Berliner Senats schnell agiert und zunächst ein Vorbehaltsnetz definiert. Abteilungsleiter Christian Haegele erläuterte, dass auf diesen AusweichrouAktuelle Infos Verkehrslage und Informationen zur Baustelle: viz.berlin.de Dr. Lutz Kaden, IHK-Experte für Verkehr und Mobilität Tel.: 030 / 315 10-415 lutz.kaden@ berlin.ihk.de AGENDA | Infrastruktur | 18 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

Heidrun Kraft-Bogatzki Geschäftsführerin IOB mbH, Bereichskoordination BVG AöR Carsten Böckenhauer Fuhrparkmanager B.A.S. Entsorgungs GmbH Eric Winkler Geschäftsführer Wohnwerk Berlin/W & S Handelsgesellschaft mbH Stimmen aus den Unternehmen aufgezeichnet von Jens Bartels Die Probleme rund um die Ringbahnbrücke beeinträchtigen den Verkehr von Reisebussen zum ZOB. „Allerdings stehen unsere Kunden seit Einrichtung einer Fahrspur auf der A100 in Richtung Norden kaum länger als auch sonst üblich im Stau“, sagt Heidrun Kraft-Bogatzki. „Die sehr schnelle Anpassung von Ampelschaltungen und weitere Maßnahmen zur optimierten Verkehrssteuerung auf der Ausweichstrecke in Richtung Norden haben zumindest im direkten An- und Abfahrbereich schnell Abhilfe geschaffen“, fügt die Geschäftsführerin der den ZOB betreibenden IOB mbH hinzu. „Für die Zukunft würden wir uns auf stauanfälligen Streckenabschnitten noch die Einrichtung von Busspuren wünschen, welche auch vom Reisebusverkehr genutzt werden dürfen.“ Zu den Hauptrouten der Berliner Asbest und Sonderabfall Entsorgungs GmbH (B.A.S.) zählen die beiden Verkehrsachsen Spandauer Damm und Messedamm. „Wir schaffen aktuell nur noch zwischen 50 und 60 Prozent unseres regulären Tagespensums. Nicht nur unsere Kunden zahlen den Preis für dieses Chaos, sondern der finanzielle Schaden für die gesamte Berliner Wirtschaft ist immens.“ Um die Verkehrssituation am ICC zu entschärfen, fordert der Fuhrparkmanager von B.A.S. unter anderem ein zweispuriges Abbiegen von der A100 in Richtung ICC sowie die Schaffung zwei reiner Lkw-Spuren in diesem Bereich. „Außerdem warte ich bezüglich der Steuerung des Verkehrs aus dem westlichen Berliner Umland auf bessere Ideen als nur den Hinweis, vermehrt die Heerstraße zu nutzen.“ Am Spandauer Damm, Ecke Königin-Elisabeth-Straße, ist das Wohnwerk Berlin ansässig. Viele Kunden kamen bislang mit dem Auto. „Das hat sich schlagartig geändert. Seit der Sperrung der Brücke und der Einrichtung einer Umleitungsstrecke direkt vor dem Geschäft ist der Kundenstrom drastisch eingebrochen, inzwischen lassen sich die täglichen Besucher fast an einer Hand abzählen.“ Die anhaltenden Verkehrsprobleme sind jedoch nicht das einzige Ärgernis: Seit der Eröffnung im Jahr 2018 wartet Eric Winkler vergeblich auf die Einrichtung einer Ladezone. Von den Behörden fühlt sich der Unternehmer im Stich gelassen – mit der Folge, dass er den Standort langfristig aufgeben wird. ten vorhandene Baustellen mit Hochdruck abgeschlossen und keine neuen begonnen werden. Das betrifft die Nahumfahrung über den Messedamm und die Königin-Elisabeth-Straße zum Spandauer Damm und zwei Ausweichrouten. Eine verläuft entlang der Konstanzer, der Brandenburgischen und der Kaiser-Friedrich-Straße zum Tegeler Weg. Die andere enthält den Sachsendamm, die Martin-Luther-, die Kurfürsten– und die Hardenbergstraße sowie die Otto-Suhr-Allee und den Tegeler Weg. Damit hier keine Havarien an Wasserleitungen entstehen, beobachten die Berliner Wasserbetriebe die Abschnitte genau. Zuerst lag der Fokus auf der U-Bahn-Baustelle Messedamm/Kaiserdamm, die sich direkt als Nadelöhr der Nahumfahrung gezeigt hatte. Mit Umplanungen der Verkehrsführung konnte die Durchlässigkeit mit zwei Fahrstreifen pro Richtung gewährleistet werden. Weitere Kreuzungen entlang der Umfahrungsrouten werden optimiert, sodass für die neuen Verkehrsströme mehr Grünzeit entsteht. Zudem wird die Beschilderung angepasst und die Entwicklung der Verkehrssituation genau verfolgt. ■ FOTO: DIE AUTOBAHN GMBH DES BUNDES/CLAUDIA PAULUSSEN Berliner Wirtschaft 05 | 2025

INHALT 24 Leidenschaft in der Ausbildung Engagement und Exzellenz: Klosterfrau Berlin 26 KI hilft bei der Theorie Eclarity gibt Auzubildenden Nachhilfe in Basiswissen 27 Möbel von der Firma Frisch & Faust lässt Azubis bei sich wohnen 28 „Bei uns gilt: Man muss Menschen mögen“ Philip Ibrahim, Hotel Mercure Moa Berlin, im Interview Ausbildungsplätze ohne Bewerbungen, Verträge werden aufgelöst – Realität in vielen Unternehmen Berliner Wirtschaft 05 | 2025 fokus

w Leerstelle Unternehmen in Berlin suchen händeringend Fachkräftenachwuchs. Gegen Bewerbermangel und fehlende Basiskompetenzen hilft am allerwenigsten eine Ausbildungsplatzumlage von Jens Bartels B ei der Suche nach jungen Menschen für eine duale Ausbildung können Unternehmen auf ganz unterschiedliche Hindernisse stoßen. Inzwischen berichtet zum Beispiel jeder vierte Betrieb mit unbesetzten Ausbildungsplätzen in Deutschland, dass geeignete Bewerber wieder abspringen. Dies geht aus einer im März 2025 veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. „Das Phänomen ,Ghosting‘ kann mit hohen betrieblichen Kosten verbunden sein, da nicht nur bereits in den Rekrutierungsprozess geflossene Investitionen verloren gehen“, erklärt IAB-Forscherin Barbara Schwengler. „Es besteht auch die Gefahr, dass zum Beginn des Ausbildungsjahres keine passende Neubesetzung mehr erfolgen kann“, so die Expertin. „Die Ausbildungsstelle bleibt dann unbesetzt und das Potenzial der Fachkräftequalifizierung ungenutzt.“ Ghosting ist nicht das einzige Thema, das Unternehmen bei der Besetzung offener Ausbildungsplätze Probleme bereitet. Auch bezahlbares Wohnen wird beim Werben um Azubis immer mehr zu einem wichtigen Faktor. Gleichzeitig klagen Personalverantwortliche über zu geringe Basiskenntnisse bei einer wachsenden Zahl von Bewerbern. Ergebnisse des IQB-Bildungstrends bestätigen diesen Trend: Gegenüber dem Vergleichsjahr 2015 ist der Anteil der Jugendlichen gestiegen, die im Jahr 2022 – und damit nach den beiden großen Zuwanderungs- und Flüchtlingswellen ab 2015 – im Fach Deutsch den Mindeststandard für den Mittleren Schulabschluss (MSA) im Lesen, Zuhören und in der Orthografie verfehlen. Zu den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften werden im Herbst dieses Jahres aktuelle Zahlen veröffentlicht. Allerdings lassen die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten der Berliner Schulen aus dem vergangenen Jahr auch in diesen Fächern enttäuschende Ergebnisse erwarten. » FOTO: GETTY IMAGES/MONTY RAKUSEN Ausbildung | 21

So überrascht es kaum, dass sich die Bewerbungssituation gegenüber den Vorjahren deutlich verschärft hat. Zahlen dazu liefert die Aus- und Weiterbildungsumfrage der IHK Berlin aus dem Vorjahr: Hatten im Ausbildungsjahr 2017 noch 17 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, dass sie keine Bewerbungen erhalten haben, so waren es für das Ausbildungsjahr 2023/24 fast ein Drittel (32 Prozent). Klar wird bei diesen Zahlen: Viele Debatten um die Ausbildung werden mit einer falschen Schlagseite geführt. Das Kernproblem in der Hauptstadt sind nicht fehlende Ausbildungsplätze, es mangelt vielmehr an jungen Menschen, die die nötigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung mitbringen. Trotz dieses Gegenwinds engagierten sich die IHK-Unternehmen im vergangenen Jahr dafür, deutlich mehr Auszubildende aufzunehmen als noch im Vorjahr. Insgesamt konnte laut der gerade veröffentlichten IHK-Ausbildungsbilanz 2024 ein Plus von 3,2 Prozent an neuen betrieblichen Ausbildungsverhältnissen in Berlin verzeichnet werden. Dieser Aufwärtstrend in IHK-Berufen hätte noch deutlich größer ausfallen können, getrübt wird er aber von einer weiterhin hohen Vertragslösungsquote von rund 13,3 Prozent über alle Ausbildungsverhältnisse. Vor diesem Hintergrund sorgen die aktuellen Pläne des Senats, sich mit einem Gesetzesentwurf zu der Einführung einer möglichen Berliner Ausbildungsumlage zu befassen, für großes Unverständnis. „Wir sind ein Unternehmen der Baubranche und haben mit dem sogenannten SOKA-Verfahren bereits seit vielen Jahrzehnten eine brancheneigene Ausbildungsumlage, die von Tarifvertragsparteien begründet wurde“, berichtet zum Beispiel Dieter Mießen. „Eine allgemeine Umlage für alle Unternehmen dieser Stadt lehne ich aber nicht nur deswegen kategorisch ab“, bezieht der kaufmännische Leiter der Frisch & Faust Tiefbau GmbH klar Stellung. Strafabgabe geplant Aktuell plant das Land die Einführung einer solchen Strafabgabe, falls die Wirtschaft zwischen Ende 2023 und 2025 keine 2.000 zusätzlichen Ausbildungsverhältnisse schafft. Davon betroffen wären alle Berliner Unternehmen mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ab einer bestimmten Bruttolohnsumme. Derzeit ist Bremen das einzige Bundesland in Deutschland, das eine verpflichtende Ausbildungsabgabe eingeführt hat. Dort müssen alle Unternehmen ab einer Bruttolohnsumme von 135.000 Euro die Abgabe in einen Ausbildungsfonds einzahlen. Auch nach Überzeugung der IHK Berlin führt die Ausbildungsumlage in eine Sackgasse. „Die Umlage wird keinen einzigen zusätzlichen Ausbildungsvertrag schaffen – sie ist als Instrument vollkommen ungeeignet, da ihr ein völlig falsches Bild der Wirklichkeit zugrunde liegt“, beklagt sich Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin. Passungs- und Matching-Probleme bleiben dadurch weiterhin ungelöst, zudem bestraft die Umlage jene Unternehmen, die ausbilden wollen, aber keine Bewerber finden. Darüber hinaus schafft sie einen immensen Verwaltungsapparat. Basiskompetenzen stärken Der IHK-Präsident sieht zwei zentrale Themenfelder, die stattdessen neben vielen weiteren notwendigen Weichenstellungen von den verantwortlichen Akteuren vorangetrieben werden sollten, um Berlin in den nächsten Jahren als innovative Bildungsmetropole zu stärken. Hierzu zähle zum einen die Stärkung der Basiskompetenzen. „Kinder müssen frühzeitig in grundlegenden Bereichen wie Lesen, Schreiben und Mathematik sowie digitalen Kompetenzen gezielt unterstützt werden, um eine solide Bildungsbasis zu schaffen“, so Stietzel. „Kinder, die nicht richtig sprechen und verstehen können, sind in der Schule nur bedingt teilhabefähig und daher von Anfang an im Nachteil“, gibt er zu bedenken. Zum anderen müsse die Berufsorientierung durch eine engere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft weiter verstärkt werden. Die IHK Berlin beweist in diesem Themenfeld schon heute, wie es besser gehen kann. Gemeinsam mit unterschiedlichen Partnern hat die Kammer im Rahmen der im Jahr 2023 gestarteten IHK-Ausbildungsoffensive innovative Ideen für eine bessere Berufsorientierung und die Azubigewinnung auf den Weg gebracht. Für eine 32 % der Unternehmen hatten im Ausbildungsjahr 2023/24 keine Bewerber, so das Ergebnis der IHK-Aus- und Weiterbildungsumfrage. FOTOS: GETTY MAGES/MONTY RAKUSEN, IHK BERLIN/AMIN AKHTAR FOKUS | Ausbildung | 22 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

bessere Berufsorientierung gehen etwa Ausbildungsbotschafter in Schulen, die Plattform praktikum.berlin präsentiert passende Praktikumsplätze, und die in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindende Praktikumswoche (s. ganz rechts) ermöglicht kurze Einblicke in eine Vielzahl von Berufen. Für ein besseres Matching bei der Ausbildung sorgen zum Beispiel die Portale ausbildung.berlin und meine-ausbildung-in-deutschland.de. Auch die Ausbildungsplatzentwickler der IHK Berlin oder die neue Kampagne „Ausbildung macht mehr aus uns“ verfolgen das Ziel, neue Ausbildungsplätze zu schaffen und zur Fachkräftesicherung in Berlin beizutragen. Ausbildungsprojekt in Namibia Um dem bereits heute existierenden Mangel an Fachkräften in der Hauptstadt zu Leibe zu rücken, hat die IHK Berlin nicht zuletzt ein spannendes Ausbildungsprojekt in Namibia mit ins Leben gerufen. „Prognosen zeigen deutlich, dass sich diese Lücke in den kommenden Jahren weiter dramatisch vergrößern wird“, erklärt IHK-Präsident Stietzel den Hintergrund des Projektes. „Ohne gezielte Zuwanderung aus dem Ausland wird es kaum möglich sein, diesem Trend entgegenzuwirken.“ Hierbei bietet sich Namibia als idealer Kooperationspartner für Berlin an: Neben der fehlenden Zeitverschiebung bestehen enge kulturelle Verbindungen zu Deutschland inklusive einer hohen Affinität zur deutschen Sprache. Gleichzeitig kämpft Namibia mit einer hohen Jugendarbeitslosigkeit und einem geringen Bildungsniveau insbesondere bei der praktischen Ausbildung, sodass eine Zusammenarbeit beiden Seiten große Chancen eröffnet: Jungen Menschen vor Ort eröffnen sich neue Perspektiven, und Berlin erhält dringend benötigte Fachkräfte. Der IHK-Präsident blickt voraus. „Unser Ziel ist es, von 2026 an unter dem Label TalentsBridge in Namibia eine Ausbildung nach deutschen Standards und in deutscher Sprache anzubieten – gezielt in den Branchen, in denen in Berlin der Bedarf, aber auch die Nachfrage vor Ort besonders hoch ist, etwa im produzierenden Gewerbe, im Handel und Tourismus.“ Interessierte Unternehmen können sich bereits heute bei der IHK melden und ihre Beteiligungsmöglichkeiten abstimmen. Die Hauptstadt wünscht sich noch mehr solcher Ideen. ■ Sebastian Stietzel Präsident IHK Berlin Die Umlage wird keinen einzigen zusätzlichen Ausbildungsvertrag schaffen. IHK-Ausbildungs- offensive Tel.: 030 / 315 10-687 janet.bueker@ berlin.ihk.de Große Chance Praktikumswoche Die Praktikumswoche Berlin war bereits in den vergangenen zwei Jahren ein voller Erfolg. Mehr als 500 Jugendliche wurden mit Unternehmen verbunden und 2.800 Tagespraktika ermöglicht. Viele Schnuppertage führten zu weiterführenden Praktika oder sogar festen Ausbildungsverhältnissen. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen profitieren von der Möglichkeit, motivierte Schülerinnen und Schüler kennenzulernen. Die Praktikumswoche ermöglicht auch dieses Jahr wieder kurze Einblicke in ganz unterschiedliche Berufsfelder für mehr Orientierung und berufliche Chancen. Die Plattform wurde weiter optimiert, um den Anmeldeprozess zu vereinfachen und die Teilnahmequote der Jugendlichen sowie die Verbindlichkeit zu erhöhen. Das attraktive Bildungsangebot findet drei Wochen vor und in den Sommerferien, vom 7. Juli bis 5. September, statt. Wer sich frühzeitig anmeldet, hat die besten Chancen, motivierte Praktikantinnen und Praktikanten für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Teilnahme und Anmeldung Hier können Unternehmen und Jugendliche in Kontakt treten: praktikumswoche.de/ berlin Ausbildung | 23 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

Patricia Kaiser, Senior HR Business Partnerin bei Klosterfrau Berlin, mit Timothy Lotz, der zum Industriekaufmann ausgebildet wird In den letzten Jahren konnten wir trotz aller Vorzüge nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. Patricia Kaiser FOKUS | Ausbildung | 24 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

E ngagement, Verantwortung und Top-Standards in der beruflichen Ausbildung: Das Siegel der IHK Berlin für exzellente Ausbildungsqualität ist ein wichtiges Zeichen. Es bietet beste Orientierung, in welchen Unternehmen das Thema Ausbildung großgeschrieben wird. Mehr als 100 hervorragende Ausbildungsbetriebe in Berlin haben das im Jahr 2015 eingeführte Siegel mittlerweile erhalten. Zu den ausgezeichneten Unternehmen in diesem Jahr gehört die Klosterfrau Berlin GmbH. 1826 durch die Klosterfrau Maria Clementine Martin in Köln gegründet, ist die Klosterfrau Healthcare Group bis heute zu einem führenden Anbieter im Bereich der Selbstmedikation mit zahlreichen bekannten Marken herangewachsen. Dabei hat sich die Klosterfrau Berlin GmbH in den vergangenen Jahrzehnten als leistungsstarker Produktionsstandort etabliert. Im Berliner Ortsteil Marienfelde, in der Motzener Straße, stehen die Produktion und Logistik unterschiedlichster Produkte im Fokus – darunter Lutschtabletten, flüssige Arzneiformen und sterile Einwegspritzen. Beste Karrierechancen „Das Siegel ist ein starkes Marketinginstrument, welches wir natürlich mit Stolz präsentieren“, freut sich Patricia Kaiser, Senior HR Business Partnerin bei Klosterfrau Berlin. „Es spiegelt unsere Leidenschaft in der Ausbildung wider!“ Die Personalverantwortliche von Klosterfrau Berlin ist überzeugt, dass gerade die Kombination aus der Qualität der Ausbildung, dem Arbeitsumfeld und besten Karrierechancen wichtig für ein attraktives Ausbildungsangebot ist, aber auch Faktoren wie eine tarifliche Vergütung, angebotene Zusatzleistungen und das Unternehmensimage zu einem Erfolg versprechenden Gesamtpaket beitragen. Dazu gehört auch, jungen Menschen gleich zu Beginn ihrer Karriere auf Augenhöhe zu begegnen. „Bei uns werden die Azubis direkt in den Betriebsablauf involviert, um sich schnell mit der Klosterfrau-Familie und unseren Produkten sowie unserer Geschichte zu identifizieren“, sagt Patricia Kaiser. „Dabei hilft, dass viele unserer Ausbilder bei uns selbst mal Auszubildende gewesen sind und genau wissen, was junge Menschen bewegt, motiviert und begeistert.“ Das Unternehmen liefert also insgesamt viele gute Argumente für eine duale Ausbildung bei Klosterfrau Berlin. Aktuell bietet der Betrieb zehn Ausbildungsberufe an. Ausgebildet werden unter anderem Chemielaboranten, Pharmakantinnen oder Elektroniker für Automatisierungstechnik, aber auch eine Ausbildung etwa zum Industriekaufmann, zur Fachinformatikerin für Systemintegration oder zum Koch ist möglich. Die Übernahmequote liegt bei 100 Prozent. Nach dem Abschluss einer Ausbildung besteht außerdem die Möglichkeit, darauf zum Beispiel mit einem berufsbegleitenden Studium oder Meisterkurs aufzubauen. Ausbildung erfordert Ressourcen „In den letzten Jahren konnten wir trotz aller Vorzüge nicht mehr alle Ausbildungsplätze besetzen“, bedauert die Personalchefin. „Dies liegt zum einen daran, dass es lange Zeit angesagt war, ein Studium zu absolvieren, was sich zum Glück gerade aber wieder wandelt, und zum anderen daran, dass technische Berufe leider nicht mehr so angesehen sind.“ Nicht nur deswegen wundert sich Patricia Kaiser über die Pläne des Berliner Senats, eine mögliche Ausbildungsumlage einzuführen. „Warum soll ich als Unternehmen, das jedes Jahr Ausbildungsplätze anbietet, noch in einen Fonds zahlen“, fragt sich die Expertin. „Bei diesem Thema werden häufig auch die mit der Ausbildung junger Menschen verbundenen Kosten übersehen“, fügt Patricia Kaiser hinzu. Dazu zählen nicht nur die Ausbildungsvergütung, sondern beispielsweise auch der Zeitaufwand der Ausbilder sowie die Ressourcen, die in die Rekrutierung fließen. „Auch die Anzahl der Auszubildenden würde sich übrigens durch so eine Abgabe nicht erhöhen, da wir bedarfsgerecht ausbilden, um den Auszubildenden auch nach der Ausbildung bei uns einen Arbeitsplatz anbieten zu können.“ Insofern erübrigt sich aus Sicht des Unternehmens die Notwendigkeit einer staatlich verordneten Umlage. ■ Zehn Berufe und 100 Prozent Übernahmequote: Die Klosterfrau Berlin GmbH engagiert sich vorbildlich beim Thema Fachkräftenachwuchs Leidenschaft in der Ausbildung Gut vernetzt Das Unternehmen auf LinkedIn unter dem QR-Code: 100 Unternehmen sind seit 2015 mit dem Siegel der IHK Berlin für exzellente Berufsausbildung ausgezeichnet worden. Die Klosterfrau Berlin GmbH gehört seit diesem Jahr dazu. FOTO: AMIN AKHTAR Ausbildung | 25 Berliner Wirtschaft 05 | 2025

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