Berliner Wirtschaft Mai 2024

ethisch basiertes wirtschaftliches Handeln zur Unternehmensbilanz. Die Stanova GmbH ist der zweite deutsche Maschinenbau-Betrieb mit einer Gemeinwohl-Ökonomie-Zertifizierung. Berliner Wirtschaft: Was hat Sie motiviert, diesen Weg zu gehen? Katrin Lechler: Als Kind der 80er-Jahre hat mich die Umweltbewegung stark beeinflusst. Vielleicht hatte ich auch einfach das Glück, dass ich viel Zeit in unserem Garten verbringen durfte. Später im Unternehmen fand ich die ISO 14001 zu kurz gefasst. Zum Beispiel wird das Geschäftsmodell eines Unternehmens dabei nicht infrage gestellt, sodass Flughäfen oder Atomkraftwerke eine ISO-14001-Zertifizierung erhalten. Es kann also als Greenwashing missbraucht werden. Es stört mich auch, dass die Mitarbeitenden nicht in den Zertifizierungsprozess einbezogen werden. Dagegen ist der GWÖ-Prozess auch eine Übung in demokratischer Teilhabe und kritischem Hinterfragen für das Team. Ein Unternehmen wird mitsamt seinen Lieferketten, Marktbegleitern, KundInnen und dem gesellschaftlichen Umfelds betrachtet. Wie lief die Zertifizierung ab? Ein Jahr lang haben wir eine Peer-Evaluation mit vier anderen Unternehmen in Begleitung von einer Auditorin und einem Auditor durchlaufen. Das war ein Jahr intensiver Diskussionen über nachhaltige Geschäftsmodelle, die Transparenz interner Abläufe, die Beteiligung der Mitarbeitenden sowie über die Kooperation mit Mitbewerbern, ethischen Banken und ökologisch orientierten Zulieferern. Wir haben uns in Präsenz getroffen oder digital kommuniziert. Es war schon ein Kraftakt, insbesondere ein hoher zeitlicher Aufwand, aber auch die entsprechenden Daten zur Verfügung zu stellen. Welchen Nutzen bringt die Zertifizierung? Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden müssen seit Jahresbeginn über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit berichten. Als Zulieferer unterstützen wir sie in ihren Berichtspflichten – und zwar mit 50 bis 100 von insgesamt 14.000 geforderten Datenpunkten. Grundsätzlich wollen wir mit dem GWÖ-Prozess darauf hinwirken, dass sich immer mehr Unternehmen Fragen zu den großen Themen Menschenwürde, Solidarität, Transparenz und ökologische Nachhaltigkeit stellen. ■ Katrin Lechler hat die Stanova Stanztechnik GmbH Gemeinwohl-Ökonomie-zertifizieren lassen. Ethik und Kooperation zählen von Holger Lunau „Sich den großen Fragen stellen“ Oberstes Unternehmensziel ist laut Ökonomie-Lehrbuch ein möglichst hoher Gewinn. Inzwischen aber gehen bundesweit rund 1.000 Unternehmen einen anderen Weg. Eines davon ist die Stanova Stanztechnik GmbH aus Berlin-Marienfelde. Für Geschäftsführerin Katrin Lechler, die auch Mitglied der IHK-Vollversammlung ist, zählen ebenso Kriterien wie Nachhaltigkeit, kooperative Geschäftsansätze statt Konkurrenzgebaren oder Stanova-Geschäftsführerin Katrin Lechler Unternehmerinnen und Unternehmer engagieren sich Die Berliner Wirtschaft zeigt Verantwortung. Die IHK unterstützt dieses gesellschaftliche Engagement. Mehr unter: ihk.de/ berlin/nachhaltige- wirtschaft Gemeinwohl- Ökonomie Infos zur GWÖ-­ Zertifizierung für Unternehmen unter „Umsetzung“ online hier: germany. ecogood.org oder via QR-Code FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Berliner Wirtschaft 05 | 2024 Zu guter Letzt | 66

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