Gründer Ludwig, Sohn Friedemann und Enkel Wolfgang Decken (v. l.). Foto links: Das Kontorgebäude des Unternehmens um 1951 Der Farbenkaufmann Ludwig Decken (1842-1914) gründete 1874 seine Firma, die seit nunmehr 150 Jahren als typischer Mittelständler Farben und Lacke herstellt und vertreibt. Decken stieg in den allgemeinen Aufschwung nach dem Gründerkrach ein, der sowohl für den industriellen als auch den städtebaulichen Ausbau Farben und Lack benötigte. Zunächst am Stadtrand zwischen Spandau und Charlottenburg errichtete Decken ebenerdige Lackversorgungsanlagen, Löseräume, Rühr- und Mahlmaschinen sowie Lager- und Verkaufsräume. Fundament des Erfolges waren die selbst fabrizierten Copalharzlacke, die 1882 einen Umzug und den Ausbau in der Weddinger Müllerstraße 138 ermöglichten, wo am Kontorgebäude bis heute „Lackfabrik“ steht. Alle Arten von Anstrichmaterialien und -werkzeugen wurden hier im Farbensortimentsgroßhandel angeboten, ergänzt durch eine Verkaufsstelle für den Einzelhandel. Der eigene Fuhrpark ermöglichte auch Lieferungen. Nach dem Tod des Vaters übernahm Sohn Friedemann 1914 die Fabrik, wurde aber schon vier Monate nach Beginn des Ersten Weltkriegs eingezogen. Als er 1918 den Betrieb wieder aufnahm, kamen ihm mehrere Faktoren zu Hilfe: Zunächst konnte er auf erfahrene Mitarbeitende zurückgreifen – Know-how lässt sich nicht ersetzen –, zudem besaß das Unternehmen einen zufriedenen Kundenstamm, der Decken die Treue hielt. Die 1920er-Jahre standen nach den Herausforderungen von Inflation und Weltwirtschaftskrise im Zeichen von Fabrikationsausbau und vor allem Modernisierung der Maschinen. Krieg und Teilung der Stadt beraubten das Unternehmen seiner Absatzorganisation im Umland sowie seiner Rohstoff- und Warenlager und schufen eine Situation wie nach dem Ersten Weltkrieg. Erst ein ERP-Kredit aus dem Marshallplan ermöglichte die Errichtung einer fünfgeschossigen Fabrik und damit die technischen Voraussetzungen zur im eigenen Lacklabor verbesserten Produktion von Industrielacken – schnell trocknende Kunstharz-, Einbrenn-, Nitro- und Chlorkautschuklacke. Die Fassade des Firmensitzes bekam 1964 den heutigen Charakter, das Sortiment wurde auf komplette Raumausstattung umgestellt inklusive Tapeten und Bodenbeläge. In den 1980er-Jahren teilte Wolfgang Decken zunächst Vertrieb und Fabrikation in zwei Gesellschaften auf, ehe er den Familienbetrieb veräußerte. Mit Betriebsübergang am 1. Januar 1988 war er in neuen Händen. Bis heute wird die Tradition dieses Mittelständlers fortgesetzt – nun mit Sitz in Stahnsdorf. ■ Die vor 150 Jahren gegründete Ludwig Decken Lackfabrik versorgte Berlin mit innovativen Lacken, Farben und Anstrichmaterialien und zählte auf treue Kunden von Björn Berghausen (BBWA) Bunt und beständig Zugang zum Wirtschaftsarchiv Die Bestände des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs (BBWA) können nach Vereinbarung eingesehen werden. Kontakt und Infos: bb-wa.de FOTOS: BBWA Historie | 47
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