Berliner Wirtschaft Mai 2022

M it den beiden Programmen „Neustart Wirtschaft“ und „Perspektive Kultur“ hat der Berliner Senat ein Versprechen eingelöst, das er zu Beginn der neuen Legislaturperiode gegeben hatte: Branchen, die von der Pandemie besonders stark getroffen wur- den, sollen nach Aufhebung der meisten Coro- na-Beschränkungen bei einem nachhaltigen Neustart unterstützt werden. „Mit der schrittwei- sen Rückkehr zur Normalität und unseremNeu- startprogramm für die Berliner Wirtschaft wollen wir die Hotellerie, Gastronomie, das Messe- und Kongressgeschäft, den Einzelhandel, das Veran- staltungsmanagement und die Kulturwirtschaft aktiv beleben und gezielt unterstützen“, so die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Fran- ziska Giffey, bei der Vorstellung der beiden Pro- gramme Ende März. Dass bei der Pressekonferenz neben Journa- listen auch Vertreter von Visit Berlin, Dehoga, Ein- zelhandelsverband sowie von Kultur- und Krea- tivwirtschaft vertreten waren, zeugt davon, dass die beiden Programme in enger Abstimmung mit wichtigen Akteuren der Branchen erarbeitet wur- den. Auch die IHK Berlin hat sich in zahlreichen Branchendialogen aktiv in die Konzipierung der anvisierten Maßnahmen eingebracht. Für das Programm „Neustart der Wirtschaft“ stehen in diesemund imnächsten Jahr insgesamt 290 Mio. Euro zur Verfügung. Mehr als 30 sowohl branchenübergreifende als auch branchenspezi- fische Unterstützungsmaßnahmen sollen hier- von finanziert werden. Das Herzstück der bran- chenübergreifenden Maßnahmen bildet der Ber- liner Investitionsbonus, in dessen Rahmen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Investitions- zuschüsse von bis zu 30 Prozent erhalten kön- nen. Ein zusätzlicher Nachhaltigkeitsbonus von fünf Prozent soll dabei für besonders nachhaltige Projekte gewährt werden. Eine weitere branchen- übergreifende Maßnahme stellt die Neuauflage der Digitalprämie dar – diese soll ab der zweiten Jahreshälfte 2022 wieder die Digitalisierung von KMU unterstützen. Zu den branchenspezifischen Initiativen gehören das Erlassen von Sondernut- zungsgebühren, der Kongressfonds Berlin und die Einrichtung ressortübergreifender Zentrengipfel, für die sich die IHK Berlin bereits im vergange- nen Jahr starkgemacht hatte. Für den Neustart der Kulturbranche sind 2022 und 2023 insgesamt 40 Mio. Euro vorgesehen. Gerade die Musikbranche, die Veranstaltungs- wirtschaft und die Clubs hattenwährend der Pan- demie kaumMöglichkeiten, ihremKerngeschäft nachzugehen, da so gut wie keine Publikums- veranstaltungen stattfinden konnten. Neben den finanziellen Einbußen müssen sie zudem einen Mangel an Fachkräften und sogenannten „Hilfs- jobbern“ auffangen, da viele der Mitarbeiter wäh- rend der Pandemie in andere Wirtschaftsbran- chen gewechselt sind. „Wir mussten von einem Tag auf den anderen von 100 auf null runterfah- ren, wir können jetzt nicht an einemTag von null auf 100 hochfahren. Zum einen braucht es Zeit, Künstler zu buchen, und zum anderen müssen wir neues Personal finden, was die größte Heraus- forderung ist“, fasst Pamela Schobeß, Vorsitzende der Clubcommission Berlin, die Neustart-Prob- leme nicht nur ihrer Branche zusammen. Da es sich beim Fachkräftemangel um ein längerfristiges Problem handelt, sollen im Okto- ber und November zwei neue Formate umge- setzt werden. Das Fachkräfteformat „People&- Culture“ greift Themen wie Diversity, Leader- ship, Aus- undWeiterbildung sowie FutureWork auf. Zudem wird die Konferenz „Most Wanted: Music“ umRecruiting Events und Crossover-Pro- jekte zwischen Musik und anderen Teilmärkten der Kreativwirtschaft ergänzt. Außerdem sind Unterstützungsformate für den Kunstmarkt und die Modebranche, eine Aufstockung der VFX-Förderung/digitale Film- produktion und ein Berliner Bücherfest geplant. Auch soll im Spätsommer eine teilmarktüber- greifende Veranstaltung der Berliner Kreativ- wirtschaft stattfinden, die den Austausch zwi- schen den Branchen und Netzwerken unterstützt. Bei allen Formaten liegt die Federführung bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft in Zusammen- arbeit mit der jeweiligen Teilbranche. Insgesamt waren sich alle Vertreter der Krea- tivwirtschaft einig, dass die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft bei der Gestal- tung des Neustartprogramms wegweisend war – so wurden die Kreativverbände bei der inhaltli- chen Ausarbeitung von Anfang anmiteinbezogen. Auch seitens des Dehoga, deren Mitgliedsunter- nehmen vor nahezu identischen Herausforderun- gen stehen wie die Kreativwirtschaft, gab es Lob in Richtung Senatsverwaltung: „Wir haben das Gefühl, von der Politik verstanden zu werden“, sagte Christian Andresen, Präsident des Dehoga Berlin. Da bleibt das Gefühl nicht aus, dass die Harmonie zwischen Wirtschaft und Politik eine neue Ebene erreicht hat, hoffentlich langfristig und nicht als „Eintagsfliege“. ■ Pamela Schobeß Vorsitzende Clubcommission Berlin Wir mussten von einem Tag auf den anderen von 100 auf null runterfahren, wir können jetzt nicht an einem Tag von null auf 100 hochfahren. Euro stehen im Rahmen des Programms „Neustart der Wirtschaft“ 2022 und 2023 insgesamt zur Verfügung. 290 Mio. Melina Hanisch, IHK-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@ berlin.ihk.de Zuschuss Alle Informationen zum Berliner Investitions- bonus: ihk-berlin.de/ berlinerinvestitionsbonus FOTOS: GETTY IMAGES/KLAUS VEDFELT, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG 17 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2022 AGENDA | Wirtschaftspolitik

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