Berliner Wirtschaft Mai 2021

D ie Sehnsucht nach einer Normalisie- rung des öffentlichen Lebens ist groß. Vor allem im Gastronomie- und Veran- staltungsbereich, in der Kultur und im Sport sind die Türen für Besucher seit geraumer Zeit fest verschlossen und der Termin für einen Neustart ungewiss. Für das Land Berlin Anlass genug, schon jetzt im Rahmen von Modellpro- jekten zu eruieren, wie eine Öffnung von Kultur-, Wirtschafts- und Sportveranstaltungen durch ein getestetes Publikum möglich ist. Erstes Fazit: Ja, es geht, der logistische Aufwand und die damit verbundenen Kosten sind allerdings nicht uner- heblich. Aufgrund der steigenden Inzidenzwerte ruhen die Testläufe, sollen aber sobald wie mög- lich weitergeführt werden. Testläufe für Kulturveranstaltungen Dass Kultur trotz Pandemie geht, hat die Senats- verwaltung für Kultur und Europa mit ihrem Pilotprojekt „Perspektive Kultur“ gezeigt und bundesweit ein Ausrufezeichen gesetzt. Gemein- sam mit dem Berliner Ensemble, den Berliner Philharmonikern, dem Konzerthaus Berlin, der Berliner Clubcommission, der Volksbühne Berlin, der Staatsoper Unter den Linden, der Deutschen Oper Berlin und VisitBerlin wurden ab dem 19. März erste Testläufe für die Öffnung von Kultur- und Wirtschaftsveranstaltungen geplant. Beim sogenannten „Pilot 1“ der Senatsver- waltung für Kultur und Europa waren insgesamt neun Formate vorgesehen. Nach Veranstaltungen im Berliner Ensemble, in der Philharmonie, im Konzerthaus, im Säälchen (Holzmarkt) und bei einem B2B-Kongress pausiert der Pilot. Die noch ausstehenden Formate u. a. in der Staatsoper und der DeutschenOper sindweiterhin fest eingeplant, die Zeitpunkte waren bei Redaktionsschluss noch offen. „Nachdemdie Zahlen fallen, wird es weiter- gehen“, so Susanna Kunz, externe Projektleiterin. Mit den bisherigen Erfahrungen ist sie zufrie- den, gab es doch weder positive Tests noch grö- ßere logistische Probleme. Und obwohl die unvor- hergesehene Pause den Zeitplan nach hinten ver- längert, blickt sie optimistisch in die Zukunft. So können die bisherigen Erfahrungen bereits jetzt auf die noch ausstehenden Veranstaltungen über- tragen werden: „Ziel ist es, die dezentralen Test- stellen auszuweiten und einen einheitlichen, digi- talen Testbefund zu ermöglichen.“ Nach Abschluss des Pilotprojektes sollen die Erkenntnisse von allen Beteiligten ausgewer- tet und von der Senatsverwaltung interessier- ten Institutionen zur Verfügung gestellt werden. Ebenfalls ist bereits der „Pilot 2“ in Vorbereitung. Neben Kinder-, Jugend- und Tanztheatern sind dann auch Testläufe in privatwirtschaftlichen Theatern geplant. Im Sport fand mit der Begegnung der BR Volleys gegen Düren erstmals wieder in der Max- Schmeling-Halle ein Spiel vor Publikum statt. „Wir waren die Ersten und Letzten mit Zuschau- ern im Sport, sind aber mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, fasst Sebastian Rüß seine Erfahrungen bei der Koordination zusammen. Der Geschäfts- führer der Velomax Berlin Hallenbetriebs GmbH hat ebenfalls an dem auch für den Sport gelten- den Pilotprojekt teilgenommen und hofft, dass es schon bald weitere Möglichkeiten für Testveran- staltungen im Sport gibt. Beeindruckt hat ihn vor allem die Disziplin der Besucher, alle mit Maske, immer auf Abstand und vor allem keine unnöti- gen Kontakte vor, während und nach dem Spiel. Getestet wurden die 800 Gäste zentral in einer Trainingshalle. „Es wurde eine Vielzahl von Mit- arbeitern für die Logistik eingesetzt, was durch ein dezentrales Testangebot entzerrt werden könnte“, so Rüß. „Zudem darf man die finanziel- len Herausforderungen nicht vergessen. Wir wol- len gernweitermachen, dauerhaft ist es unter die- sen Bedingungen jedoch nicht machbar.“ Wirtschaft braucht Öffnungsperspektiven Auch die IHK Berlin, als Stimme der Berliner Wirtschaft, fordert schon seit einiger Zeit Kon- zepte und Modellversuche, z. B. mit Schnell- tests, von der Politik statt eines Dauer-Lock- downs. Denn die Wirtschaft braucht nach nun- mehr über einem Jahr Pandemie endlich echte Öffnungsperspektiven. Im Pilotprojekt „Selbsttests zur Öffnung der Gastronomie“ im Bezirk Mitte, das von der IHK gemeinsam mit dem Diagnostiknetzwerk Ber- lin-Brandenburg, demBezirksbürgermeister von Berlin-Mitte und weiteren Partnern gerade ent- wickelt und geplant wird, geht es genau darum. Ziel ist es, den Beitrag virtueller Testzentren (tes- ten von zu Hause) und digitaler Kontaktnachver- folgung zur Eindämmung der Pandemie anhand von Testabläufen in Verbindung mit Restaurants im Bezirk Mitte an Testpersonen zu erproben. Das Pilotprojekt soll wissenschaftlich begleitet werden, um die Ergebnisse auch für zukünftige Formate nutzen zu können. Wann das Projekt genau starten kann und wird, stand bei Redakti- onsschluss noch nicht fest. ■ Sebastian Rüß Geschäftsführer der Velomax Berlin Hallenbetriebs GmbH Es wurde eine Vielzahl von Mitarbeitern eingesetzt, was durch ein dezentrales Testangebot entzerrt werden könnte. Lars Mölbitz, Key Account Manager Industrie und Gesundheitswirtschaft Tel.: 030 / 315 10-439 lars.moelbitz@berlin. ihk.de Jürgen Schepers, Key Account Manager Kreativ- und Digitalwirtschaft Tel.: 030 / 315 10-676 juergen.schepers@berlin. ihk.de Vor dem Spiel der BR Volleys gegen Düren in der Max-Schmeling- Halle wurden die 800 Besucher in einer Trainingshalle getestet FOTOS: GETTY IMAGES/CITY-PRESS, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG 39 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2021 BRANCHEN | Re-Start

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1