Berliner Wirtschaft Mai 2021

Der Autor Dr. Jörg Buisset ist Geschäftsführer der s-H 2 – Sustainable Hydrogen GmbH und Vorstandsvorsitzender von H2Berlin Emissionsfreier Wasserstoff gilt als Schlüsselelement für die Energiewende. Wenn Berlin sich ins Zeug legt, kann die Stadt eine Vorreiterrolle einnehmen von Dr. Jörg Buisset Teilchen für ein gutes Klima ihren Gasnetzen. Wenn wir den damals grauen, aus der Kohle gewonnenen Wasserstoffanteil heute durch grünen, nachhaltigen Wasserstoff ersetzen, besteht ohne massive Eingriffe die Chance, den Wärmesektor schnell zu dekarbo- nisieren. Bei den theoretischen Betrachtungen der Umstellung von Gebäuden auf Niedrigenergie- werte wird oft die praktische Realität verkannt. Der für Berlin typische Altbaumuss hierfür innen und außen komplett saniert werden. Mieter müs- sen für Monate umgesiedelt werden. Wohin? Wer soll die dafür erforderlichen erheblichen Kosten tragen? Eine Beimischung im Gasnetz oder die Nutzung vonWasserstoff in der Fernwärme oder in Blockheizkraftwerken hätten eine schnell ska- lierbare Auswirkung auf die Emissionswerte. Eine vergleichbare Situation finden wir im Verkehr. Bei langen Strecken gibt es für Doppelde- ckerbusse bisher keine praktikable Batterielösung. Die Berliner Stadtreinigung hat für 2021 ihre ers- ten Müllfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb FOTOS: GETTY IMAGES/JORG GREUEL, PRIVAT Berliner Klimaschutzziele bis 2050 Für das Jahr 2050 steht die Entscheidung für die endgültige Zielmarke noch aus. CO 2 -Emissionen in Mio. Tonnen Grafiken: BW Quelle: BEK Monitoringbericht 2020 D ie Energiewende ist nicht mit der Ein- führung einer neuen Stromart vollzogen. Experten gehen hier von einemPotenzial zwischen 50 und 60 Prozent aus. Das gilt auch für Berlin. Die Stadt hat zwar keine schwer mit Elektrizität zu dekarbonisierende Industrie, wie Stahl, Chemie, Raffinerie oder Zement, aber eine Gebäudeversorgung und einen Verkehrs- sektor, die sich weder wirtschaftlich noch tech- nisch sinnvoll und sozial verträglich durchgehend elektrifizieren lassen. Vor diesem Hintergrund spielt die kurzfristige Einführung von treibhaus- gas-emissionsfreiemWasserstoff zur Erreichung der Klimaziele eine zentrale Rolle. Berlinmöchte bis 2050 klimaneutral werden, imDezember 2019 hat der Senat die Klimanotlage anerkannt. Auch wenn die Klimaziele für 2020 bereits 2019 erreicht werden konnten, zeichnen sich insbesondere imVerkehrs- und imWärme- sektor Zielverfehlungen und neue Herausforde- rungen ab. Aber Berlin hat das Kapital, etwa mit riesigen Abfallmengen und Abwasser, Wasserstoff zu gewinnen. Mit der Elektrolyse vonWasserstoff aus Solarenergie braucht der Ausbau von Pho- tovoltaik auf den Dächern Berlins nicht an den begrenzten Kapazitäten des elektrischen Netzes ausgerichtet zu werden. Wasserstoff kann den im Sommer produzierten Überschuss an Strom für die Wintermonate speichern. Mit der nahezu perfekt ausgebauten Gas- und Fernwärme-Netz- infrastruktur verknüpft sich das zu einer effi- zienten Gesamtkomposition zum Erreichen der Klimaziele. Warum vorhandene Infrastruktur abschaffen, wenn diese kostenoptimal für die Energiewende und das Erreichen der Klimaziele eingesetzt werden kann? Die Stadt hatte bis in die frühen 1990er-Jahre einen Anteil von rund 50 Prozent Wasserstoff in 5,6 10,6 1,0 2019 Verkehr Haushalte, GHD* Industrie Bilanz der CO 2 -Verursacher Der Sektor Haushalte und GHD* ist der größte Verursacher, CO 2 -Emissionen in Mio. Tonnen * Gewerbe, Handel, Dienstleistungen » CO 2 -Ausstoß 29,2 17,2 17,7 11,2 4,3 1,5 1990 2019 2020 2030 2050 Ziele 50% der CO 2 -Emissionen gehen in Berlin auf den Gebäudesektor zurück. Webinare rund ums Thema Wasserstoff Der DIHK bietet ab dem 11. Mai sieben Wasserstoff-Webinare zum Informieren und Netzwerken an. Infos und Anmeldung unter: dihk.de 35 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2021 BRANCHEN | Energiewende

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