Berliner Wirtschaft Mai 2021

Berlin 2015 2016 2017 2018 2019 112,9 101,6 2020 100 110 120 ohne Corona Deutschland ohne Corona Berlin Bruttoinlandsprodukt Verarbeitendes Gewerbe Handel, Verkehr, Gastgewerbe Information- und Kommunikation Finanz- und Versicherungsdienstleister Grundstücks- und Wohnungswesen Unternehmensdienstleister Ö entliche Dienstl., Erziehung, Gesundheit Sonstige Dienstleister Deutschland -4,9 -10,5 -6,1 -0,9 -0,2 -0,5 -8,1 -3,0 -11,4 -3,3 -3,0 -12,4 1,6 6,9 -1,1 -5,4 -2,0 -9,2 Auch wenn der Rückgang des Berliner BIP für 2020 nicht so dramatisch aussieht wie befürchtet, ist die Situation dennoch sehr ernst von Christian Nestler Harte Landung für die Konjunktur D ie Anfang März herausgegebenen Zah- len zum Berliner Wirtschaftswachstum 2020 wurden gelegentlich mit Erleichte- rung aufgenommen, legen sie doch auf den ersten Blick nahe, dass die Berliner Wirt- schaft resilienter ist, als zu befürchten stand. Um 3,3 Prozent verringerte sich das Berliner BIP im Vergleich zu 2019, während es in Deutsch- land um 4,9 Prozent schrumpfte. Unter ande- ren Umständen würde ein solcher Einbruch als katastrophal betrachtet, doch angesichts der Prog- nosen von fünf bis zehn Prozent Rückgang der Wirtschaftsleistung nimmt sich die nun amtlich festgestellte Zahl geradezu komfortabel aus. Für solch eine beruhigende Deutung besteht jedoch keinerlei Anlass: Es ist der schwerste konjunk- turelle Absturz seit Beginn der Aufzeichnungen, dreimal so stark wie in der Finanzkrise. Zudem handelt es sich bei den Zahlen umdie Erstberech- nung, der Korrekturen folgen werden. Wir wer- den erst in einigen Jahren genauer wissen, wie Corona die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Jahr 2020 tatsächlich beeinflusst hat. Darüber hinaus offenbaren die vorliegen- den Zahlen die unterschiedliche Belastung für die Branchen. Überraschend gut kam die Ber- liner Industrie durch das Jahr. Sie büßte drei Pro- zent ihrer Wertschöpfung ein, deutschlandweit waren es 10,5 Prozent. Möglich, dass der höhere Anteil chemischer und pharmazeutischer Pro- dukte in Berlin diesen Unterschied erklärt. Eben- falls überdurchschnittlich entwickelten sich der Informations- und Kommunikationssektor, der sogar um 1,6 Prozent wuchs, sowie die Finanz- und Versicherungsdienstleister, die um 6,9 Pro- zent wuchsen, auf den Bund gerechnet jedoch um 0,2 Prozent Wertschöpfung einbüßten. Diese drei Sektoren wirkten gemeinsam als konjunktureller Anker , imUnterschied zu den übrigen Branchen. Die verheerende Situation für Handel, Ver- kehrs-, Gast- und Tourismusgewerbe ist lange bekannt, nun fasst die Statistik die Tragödie in eine Zahl: Um 12,4 Prozent stürzte die Wert- schöpfung dieser Branchen ab. Es ist der bisher schlimmste Einbruch. Berlin, die internationale Stadt und Reisedestination, leidet weit stärker als andere Standorte unter der Corona-Krise. Resi- lient ist der Berliner Standort also keineswegs, allein die relativ gute Entwicklung dreier Bran- chen kompensiert teilweise die tiefe Krise der übrigen Sektoren. Da die ersten Monate dieses Jahres keine Entlastung brachten, dürfte sich die wirtschaftliche Talfahrt fortgesetzt haben. ■ Panademie-Folgen für Branchen höchst unterschiedlich BIP und Bruttowertschöpfung 2020 (preisbereinigt) in Land und Bund, in Prozent Grafik: BW Quelle: Volkswirtschaftl. Gesamtrechnung Bund und Länder, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Corona-Jahr: Rückgang in Berlin im Vergleich moderater BIP in Land und Bund, mit und – hypothetisch – ohne Corona (preisbereinigt, verkettet) Christian Nestler, IHK-Experte für Konjunktur Tel.: 030 / 315 10-286 christian.nestler@berlin. ihk.de Wachstum verbuchte der Informations- und Kommunikationssektor in Berlin, bundesweit verlor er 0,9 Prozent. 1,6% Rückgang verzeichneten in Berlin Handel, Verkehr, Gast- und Tourismus­ gewerbe, doppelt so viel wie im Bundesdurch- schnitt. 12,4% 13 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2021 AGENDA | Volkswirtschaft

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