Berliner Wirtschaft April 2021

Gastgewerbe Arbeitnehmerüberlassung sonst. wirtschaftl. Dienstleistungen -14,6 -10,3 -4,1 1,5 Geflüchtete Gastgewerbe Arbeitnehmer- überlassung sonst. wirtschaftl. Dienstleistungen Ausländer Deutsche 12,4 6,9 14,1 12,3 7,2 3,3 11,1 3,4 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg Grafiken: BW Einbrüche in mehreren Branchen Entwicklung der Berliner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Corona-Jahr, Angaben in Prozent Zahl der erwerbslosen Ausländer imLand um44,6 Prozent auf 23.537 gestiegen. Die Arbeitslosigkeit von Deutschen ist im gleichen Zeitraum um 33,5 Prozent gestiegen. Die Geflüchteten sind dabei die am stärks- ten betroffene Gruppe. Doch warum verlieren gerade Geflüchtete momentan ihre Jobs? Hier geben die Ergebnisse mehrerer Untersuchungen und Befragungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Antworten. Einer der wesentlichen Gründe ist, dass der Anteil von Geflüchteten in den stark von der Krise betrof- fenen Branchen – wie beispielsweise dem Gast- gewerbe, der Zeitarbeit oder demDienstleistungs- sektor – besonders groß ist. Aber auch weitere Faktoren spielen laut den IAB-Experten eine nicht unerhebliche Rolle: Häufig weisen die Migranten noch nicht so lange Betriebszugehörigkeiten auf, was tendenziell eher zu einer Kündigung führen kann. Auch die Betriebsgröße wirkt sich negativ aus. Geflüchtete und Migranten arbeiten häufiger in kleinen und mittleren Betrieben, welche oft- mals nur über geringe Rücklagen verfügen und in Krisen dadurch eher gezwungen sind, Perso- nal freizustellen. Vielfalt und Weltoffenheit als Teil der DNA Viele Unternehmen versuchen jedoch trotz aller Herausforderungen, ihre Beschäftigten auch in der Krise zu halten. So auch die Berliner Ener- gieagentur (BEA), deren Geschäftsführer Michael Geißler der festen Überzeugung ist, dass man ins- besondere „nach der Pandemie alle Hände voll zu tun haben wird, das Land wirtschaftlich wieder in die Erfolgsspur zu bekommen“, und dies „nur gemeinsam und wenn alle mit anpacken“ gelin- gen könne. Nach Geißler sollte es vor allemdarum gehen, sich verstärkt um „junge Talente zu bemühen und diese gerade jetzt langfristig an sich zu binden, wenn sie nach der Pandemie durchstarten wol- len“. Dass sein Unternehmen auch Geflüchtete einbezieht, sei für ihn selbstverständlich. Viel- falt und Weltoffenheit seien Teil der Unterneh- mens-DNA. „Gerade auchmit Geflüchteten, deren große Lernbereitschaft wir erfahren haben, sind unsere Erfahrungen sehr positiv. Auch in Zukunft planen wir, erfolgreich auf die Integration auslän- discher Fachkräfte zu setzen“, so Geißler. Eine dieser Fachkräfte ist Maher Waked, 30-jähriger Junior-Projektingenieur bei der BEA. Der Syrer kam 2015 nach Deutschland und hatte vorher in Damaskus ein Studium als Maschinen- bauingenieur abgeschlossen. Die Jobsuche sei schon vor Corona schwierig gewesen. „Die Aner- kennung meiner beruflichen Ausbildung nach anfänglichen Schwierigkeiten ist gut gelaufen“, erzählt Waked. Die Bewerbungsphase sei dann aber größtenteils sehr ernüchternd gewesen. „Ich konnte schon froh sein, wenn sich ein Unter- nehmen überhaupt auf eine Bewerbung gemel- det hat.“ Dennoch habe Corona die Jobsuche für viele Geflüchtete noch einmal deutlich erschwert. Waked hat viele Freunde und Familienmitglieder mit einemFlüchtlingshintergrund, diemomentan Probleme haben, eine Arbeit zu finden. Betriebe dürfen nicht alleingelassen werden Gerade in Zeiten, wo laut aktueller IAB-Umfrage die Angst bei Migranten, den Job zu verlieren, dop- pelt so hoch ist wie bei anderen Beschäftigten, kommt es aktuell mehr denn je auf das Engage- ment der Betriebe sowie deren Kreativität und Flexibilität bei der Bewältigung pandemiebeding- ter Herausforderungen an. Die Betriebe dürfen bei ihren Bemühungen von der Politik jedoch nicht alleingelassen werden. Vielmehr sollten diese stärker entlastet und unterstützt werden, sodass am Ende die großen Integrationserfolge der letz- ten Jahre nicht verspielt werden. ■ der in Berlin lebenden Ausländer sind in Betrieben über 250 Mitarbeitern beschäf- tigt, während der Anteil der deutschen Angestellten bei 42,1 Prozent liegt. Aus- länder können also in weitaus weniger Fällen von der Krisenfestig- keit großer Unterneh- men profitieren. Julian Evans, IHK-Geschäftsfeld Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-153 julian.evans@berlin.ihk.de Michael Geißler Geschäftsführer Berliner Energieagentur Nach der Pandemie wird man alle Hände voll zu tun haben. Das geht nur, wenn alle anpacken. Verlierer in der Corona-Krise Anteil von Personengruppen in den am stärksten von der Pandemie betroffenen Branchen, in Prozent 29,3% 51 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 04 | 2021 FACHKRÄFTE | Integration

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