Berliner Wirtschaft März 2022

achtungsdaten für den Umweltschutz liefern, zur Klimaüberwachung, zur Einschätzung von Naturkatastrophen und für andere gesellschaftli- che Aufgaben. Für das Copernicus-Programmder Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) liefert das Unterneh- men die Reaktionsräder für die Ausrichtung und Orientierung der Satelliten im Weltall. Mehr als 90 Prozent der Bestellungen bei Astrofein kommen aus demAusland, über 40 Pro- zent der Aufträge sogar von außerhalb der EU. „Astrofein ist damit ein wahrer Exportkönig, der seine Space-Produkte in denWesten bis zumPazi- fik und in Richtung Osten bis hinter den Mount Fuji sendet“, so Geschäftsführer Dr. Sebastian Scheiding. „Nach demStart geht es dann aber noch weiter: für manche Produkte bis in die Umlauf- bahn vom Merkur oder vom Saturn.“ Weitere aus Adlershof operierende Akteure sind die Berlin Space Technologies GmbH (BST) und ein Ableger des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). BST zählt zu den Spezialisten für kleine Satellitensysteme und -technologien. Momentan treibt die Space-Firma im Rahmen eines Joint Ventures im Nordwes- ten Indiens den Aufbau einer Fabrik zur Herstel- lung kostengünstiger Satelliten voran. Das DLR Berlin-Adlershof ist als einer von 30 Standorten mit seinen rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitar- beitern einer der besonders bedeutenden Raum- fahrtstandorte des DLR mit einer erfolgreichen Geschichte: Bereits in der zweiten Hälfte des ver- gangenen Jahrhunderts wurden hier Weltraum- sensoren für sowjetische Missionen zur Venus, zum Mars und zum Merkur entwickelt. Heute sind die DLR-Institute für Planeten- forschung und für Optische Sensorsysteme an fast allen wichtigen Missionen in der Planeten- forschung und der Erdbeobachtung beteiligt. Davon profitiert die gesamte Raumfahrtwirt- schaft in der Metropolregion. „Besonders wichtig sind uns der Technologietransfer in dieWirtschaft und die Ausbildung des wissenschaftlichen Nach- wuchses, das Sicherstellen flexibler Lieferketten innerhalb unserer Missionen und Projekte und die enge persönliche Zusammenarbeit, die durch die räumliche Nähe amStandort Adlershof besonders produktiv ist“, betont Melanie Wiese vom DLR. Eines der wachstumsstärksten Felder im Bereich der Raumfahrtwirtschaft beschäftigt sich mit der Beobachtung der Erdoberfläche. Hochauf- lösende Satellitenbilder mit einer Auflösung von 50 Zentimetern pro Pixel sammeln essenzielle Geo-Informationen von jedem Flecken der Erde undmachen Anwendungen zur Landvermessung, Verkehrsüberwachung oder die Beobachtung von Waldbeständen erst möglich. Die präzisen Aufnahmen der Erdoberflä- che nutzt zum Beispiel ein Berliner Start-up aus der New-Space-Szene für sein innovatives Geschäftsmodell. LiveEO überwacht mithilfe von künstlicher Intelligenz unterschiedliche Infrastruktursysteme und trifft Risikovorher- sagen, aus denen sich konkrete Arbeitsanwei- sungen etwa für Forstmitarbeiter ableiten lassen. Zu den Kunden von LiveEO zählen die Deutsche Bahn AG oder der Energiekonzern Eon. „Unser Ziel ist es, im Jahr 2025 die größten Infrastruktur- netzwerke der Welt mit unserer Technologie zu überwachen“, sagt Co-Gründer Sven Przywarra. „Frühe Profiteure aus anderen Industrien sind zum Beispiel Versicherungen, die dank unse- rer Analysen Objekte ortsunabhängig bewerten können“, so Przywarra. „Ich bin allerdings davon überzeugt, dass Insights aus Satellitendaten frü- her oder später für jedeWertschöpfungskette eine Rolle spielen werden.“ Auch das Kreuzberger Start-up nutzt die Stärken des Standortes Berlin. „Einerseits hat die Stadt eine starke Digitalbranche, wodurch hier die Talente leben, mit denen sich einweltweit führen- des Softwareunternehmen aufbauen lässt“, freut sich Przywarra. „Andererseits sind neben uns eine ReiheweitererWeltraumunternehmen hier ansäs- sig undmit der TU Berlin die Universität, die welt- weit die meisten Satelliten im Orbit hat.“  ■ 70 Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Bereich Raumfahrt- wirtschaft sind in Berlin angesiedelt. Der Sentinel-2- Satellit der Euro- päischen Raumfahrt- agentur (Esa) nimmt Daten der Erdober­ fläche auf, die das Berliner Start-up LiveEO analysiert Lars Mölbitz, IHK-Key Account Manager Industrie und Gesundheitswirtschaft Tel.: 030 / 315 10-439 l ars.moelbitz@berlin. i hk.de FOTO: ESA/ATG MEDIALAB BRANCHEN | Raumfahrtwirtschaft 38 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2022

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