Berliner Wirtschaft März 2022
findet die Gründerin, die ausdrücklich Hand- werkerinnen ermutigt, sichtbarer zu werden und offensiver zu agieren. Zu den Erfolgsfakto- ren zählt Dietzsch ein dicht geknüpftes Netzwerk, in dem sich die Mitglieder unterstützten und nicht als Stutenbeißerinnen den Erfolg neideten, sowie emotionale Intelligenz. BeimThema Immobilien gehe es eben nicht nur umdie harten Fakten rund umGeld, Material, Terminplanung, sondern auch um viel Emotionalität zwischen Partnern, Kin- dern bis hin zu Großeltern. „Da treffen Frauen manchmal den besseren Ton und können gut zwi- schen unterschiedlichen Interessen vermitteln“, weiß Dietzsch, deren eine Mitgründerin Psycho- login ist. Vielfalt bereichert Konzerne Wie die Mittelständler sieht auch der Sie- mens-Konzern Vielfalt als Bereicherung. Zusam- mengearbeitet wird unabhängig von ethni- scher Herkunft, Religion, Alter, Behinderung, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Identität und Welt- anschauung. In begründeten Ausnahme- fällen besteht auch die Möglichkeit, Pensionäre zu beschäftigen. „Auch bei Siemens beobachten wir, dass die Nachfrage steigt“, sagt Unterneh- menssprecher Christian Datzer. Die Gründe seien vielfältig. Wegen der steigenden Lebenserwar- tung könnten Mitarbeiter länger einer Beschäfti- gung nachgehen. Gleichzeitig verstärke der demo- grafische Wandel den Fachkräftemangel, sodass Stellen unbesetzt blieben. Eingesetzt werden die Senioren zum Beispiel, um Projekte fertigzustel- len, bei denen umfangreiches Know-how gefor- dert ist, oder bei Projekten, die über mehrere Jahre gehen und ungeplant verlängert werden. „Hier spielen Weitergabe und Erhalt von Fach- und Expertenwissen eine Rolle.“ Wie das Thema Nachhaltigkeit ist Diversi- tät mitten in der Wirtschaft angekommen – von Konzernen bis zu mittleren und kleinen Unter- nehmen. Und wie Environmental Social Gover- nance – kurz: ESG-Ziele – zum Greenwashing führten, ist auch bei der Diversity nicht immer drin, was draufsteht. Die Plattform Expatrio hat deshalb mit allen Mitarbeitern grundlegende Werte rund um Diversität definiert mit Fokus auf kulturelle Hintergründe, Geschlechtergleich- heit und sexuelle Orientierung. Für Co-Founder Alex Ruthemeier steht fest: „Bei uns wird nie- mand diskriminiert, aus keinemGrund. Vielmehr ist Diversität für uns ein Imperativ und gelebte Selbstverständlichkeit.“ ■ IT-Geräte dann zum Wiederverkauf in AfB-Lä- den oder im AfB-Onlineshop weiter. Für den neuen Bundeskanzler ist das Thema Diversity mit Blick auf die Frauen ganz einfach zu lösen. Weil die Hälfte der Gesellschaft aus Frauen bestehe, sollten sie auch die Hälfte der Macht haben, sagte Olaf Scholz, als er Anfang Dezember 2021 noch als designierter Kanzler die SPD-Regierungsmannschaft vorstellte. Und so ist die Ministerriege im neuen Bundeskabi- nett zur Hälfte weiblich. Die obersten Führungs- etagen privatwirtschaftlicher Unternehmen sind dagegen von einer paritätischen Besetzung noch weit entfernt, zeigt eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). 2020 lag der Frauenanteil dort bei 27 Prozent - nur ein Prozentpunkt mehr als zwei Jahre zuvor. Trotz des 2016 eingeführten Gesetzes zur gleichberech- tigten Teilhabe von Frauen und Männern in Füh- rungspositionen wären laut IAB-Berechnungen Frauen erst im Jahr 2052 so in Top-Etagen der Unternehmen vertreten, wie es ihrem Anteil an der Gesamtbeschäftigung entspricht – vorausge- setzt, das Tempo erhöht sich nicht. Bei Franziska Dietzsch ist alles ganz anders. Mitten in der Corona-Pandemie gründete sie mit Anja Tillack, Nicole Engel und Andreas Engel die Klinker & Klunker GmbH, kommt damit auf eine Frauenquote von 75 Prozent. Ihr Start-up beglei- tet private und gewerbliche Immobilienkäufer oder gewerbliche Unternehmen beim Umbau, Ausbau und der Gestaltung von Gewerbeeinhei- ten, angefangen von der Objektbesichtigung über Ausschreibungen für die einzelnen Gewerke über Finanzierungspläne bis hin zu allen Fragen rund um die spätere Bewirtschaftung von Haus oder Wohnung, sei es Gärtner, Reinigung oder Orga- nisation des Haushalts. In der Baubranche und mit Vorurteilen kennt sich Dietzsch bestens aus. Anfang 2000 absolvierte sie eine Lehre als Male- rin und Lackiererin, war in der Berufsschule die einzige Frau in der Klasse. Auch später nach dem Studium von Architektur und Facility Manage- ment war auf den Baustellen von Frauen immer noch wenig zu sehen. „Die nach wie vor männerdominierte Bran- che hat sich zwar etwas geöffnet, aber gerade mit Blick auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf herrscht doch immer noch sehr die Einstellung vor, dass Kinder ausschließlich Sache der Frauen seien.“ Entsprechend familienunfreundlich sind oftmals die Arbeitszeiten. „Eine Baustelle kann man durchaus auch nachmittags besichtigen“, Ulli Pridat Geschäftsführer bluCom Communication & Events GmbH Die sogenannte Pride Season ist für das Unternehmen Hoch- saison. Bundesweit organisiert die Agentur die Teilnahme von Unternehmen an Akti- onen zum Christopher Street Day. Die Bera- tung in Fragen der LGBT-Verankerung im Betrieb gehört ebenso zum Portfolio. Ulli Pridat Es ist unerlässlich, dass die oberste Führungsebene beginnt und alle Ebenen nach und nach einbindet. FOTO: PRIVAT SCHWERPUNKT | Diversity 24 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2022
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