Berliner Wirtschaft März 2022

Standortleiter. Von der inklusiven Personalpolitik beimweltgrößten Zulieferer von Fahrgestelldich- tungen profitieren beide Seiten. Die Beschäftig- ten haben einen sicheren Arbeitsplatz, aus Sicht des Arbeitgebers Freudenberg zählen sie zu den loyalsten und besten. Ein eigenes sechsköpfiges Inklusionsteam aus Personalleiterin, Schwerbehindertenvertre- tern und Betriebsräten sorgt dafür, dass auf die Belange der Betroffenen Rücksicht genommen wird. Höhenverstellbare Schreibtische, Hebe- hilfen, maßgefertigte Sicherheitsschuhe, flexible Arbeitszeitmodelle oder andere Hilfsmittel sind bei Freudenberg selbstverständlich. Ende Novem- ber 2021 zeichnete das Land Berlin Freudenberg Sealing Technologies in der Kategorie mittel- ständische Unternehmen für sein Engagement im Bereich „inklusive Beschäftigung“ aus. Diverse Teams brauchen Vorbereitung Soll das Arbeiten in diversen Teams gelingen, ist eine gute Vorbereitung unerlässlich. In Tempelhof leitet Jörg Franke einen Standort der 2004 gegrün- deten AfB gemeinnützigen GmbH, die Computer, Notebooks, Mobiltelefone, Monitore und Drucker aufbereitet sowie wiedervermarktet. Das nach eigenen Angaben erste und mittlerweile größte gemeinnützige IT-Unternehmen Europas ist mit mittlerweile 19 Niederlassungen auf dem Kon- tinent vertreten, Hauptsitz ist in Ettlingen bei Karlsruhe. In Berlin, am kleinsten Standort, gibt es zwölf Mitarbeitende, davon sieben Menschen mit Behinderung. Insgesamt sind es in der Unter- nehmensgruppe 600 Mitarbeitende aus 20 Nati- onen, davon 45 Prozent mit Behinderung – bei- spielsweise Gehörlose, Autisten, Beschäftigte mit geistigen und nervlichen Erkrankungen sowie schweren Lernstörungen. „Damit die Teams gut zusammenarbeiten, lernen sich beide Seiten idealerweise bei einem Praktikum kennen. Darauf legen wir großen Wert“, sagt Franke. Bei AfB arbeiten ungelernte Kräfte ebenso wie Fachkräfte, jedoch alle in sozi- alversicherungspflichtigen Beschäftigungsver- hältnissen. Für AfB, so Franke, stehe der Mensch imVordergrund, nicht seine Behinderung. Das sei das Leitmotiv des Gründers und Geschäftsfüh- rers Paul Cvilak. Die Beschäftigten mit Behin- derung arbeiteten wie vollwertige Mitglieder auf dem ersten Arbeitsmarkt. Das Berliner Team übernimmt von Partnerfirmen deren Gebraucht- geräte und vernichtet in deren Auftrag alle alten Daten, macht Funktionstests und leitet die motivierten und demUnternehmen verbundenen Mitarbeitern entwickeln. Unerlässlich seien eine intensive Einarbei- tungsphase, in der es auch um einen gemeinsa- men Wertekanon der vielen unterschiedlichen Kulturen gehe, sowie fortlaufende Events – zum Beispiel Weinproben, Cocktailschulungen oder die Azubitage. „Da wählenwir bewusst Zeiten aus, in denen das Geschäft brummt“, sagt der Chef. Für drei Tage schlüpfen Azubis in die Rolle der Füh- rungskräfte und managen das Hotel. Stress pur, aber ideal für das Teambuilding. Damit die ange- henden Fachkräfte zu guten Teams zusammen- wachsen und kleine wie auch größere Konflikte zügig gelöst werden, beschäftigen die Albrechts- hof-Hotels eigens eine Mitarbeiterin, die sich aus- schließlich um die Belange der Azubis kümmert, inklusive der oftmals schwierigenWohnungssu- che in Berlin, Behördengängen und Sprachkur- sen. Jüngere ausgelernte Kollegen übernehmen zudem die Rolle von Mentoren. Die kontinuierliche intensive Ausbildung auch in Krisenzeiten zahlt sich für die kleine Hotelgruppe aus. Anders als viele Hoteliers klagt Zwielong nicht über Fachkräftemangel. Im Zuge der Pandemie undmehrfacher langer Lockdowns hatten sich viele Mitarbeiter in der Branche nach neuen Jobs, oftmals mit besseren Arbeitsbedin- gungen und Konditionen, umgeschaut und somit die Personalengpässe noch verschärft. Zwei sei- ner drei Häuser hat der Hotelchef während Corona für spezielle Projekte vermietet, sodass viele Mit- arbeiter in Vollzeit weiterarbeiten konnten. Die Schattenseite der Krise: „Die Zeiten werden schon rauer“, beobachtet Zwielong. Selbst in seinem Hotel hat der Manager Mitarbeiter der Konkur- renz gesichtet, die Servicekräfte mit Geldofferten abwerben wollten. Auch für Matthias Götzfried steht fest: „Wir haben als Arbeitgeber eine soziale Verantwor- tung und engagieren uns deshalb seit Langem für gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsplatz.“ AmBerliner Standort Adlershof der Freudenberg Sealing Technologies produzieren 180 Mitarbei- tende Dichtungsbälge für Fahrwerksysteme und Lenkungen in Automobilen, darunter 13 Schwer- behinderte. Mit einer Beschäftigungsquote von sieben Prozent übertrifft der Mittelständler die gesetzliche Vorgabe von fünf Prozent deutlich. „Inklusion ist für uns keine Belastung. Die Mit- arbeiter leisten einen sehr wichtigen Beitrag in der Produktion und der Logistik, der Produktent- wicklung und in der Qualitätskontrolle“, sagt der Matthias Götzfried Inklusion ist für uns keine Belastung. Die Mitarbeiter leisten einen sehr wichtigen Beitrag. » 27% Frauenanteil  haben oberste Füh- rungsetagen privater Unternehmen in Deutschland laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 37% LGBT-Talente gaben bei einer Befragung der Boston Consulting Group unter jüngeren Beschäftigten an, ihre sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz nicht offengelegt zu haben. 23 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2022 SCHWERPUNKT | Diversity

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