Berliner Wirtschaft 3/2020
nologie auf dem Weg zu neuen Antrieben und die derzeit beste Option für eine grüne Logistik. Der Elektroantrieb hat bei schweren Lkws keine Chance, da wir auf eine hohe Nutzlast und lange Reichwei- ten angewiesen sind. Er hat zwar den Vorteil, dass er fast geräuschlos ist, aber CNG-Lkws sind auch sehr leise. Auch deshalb haben wir sie angeschafft. Wir machen damit in Wohngebieten keinen Lärm und können auch in Verbotszonen für Euro-5-Die- sel fahren. Gas ist als fossiler Brennstoff aber auch nicht ideal. Warum kaufen Sie trotzdem solche Fahrzeuge? Die Wissenschaftler, die im vergangenen Jahr Vor- träge auf dem ForumGrüne Logistik gehalten haben – das Terramitveranstaltet hat –, kannten auch keine perfekte Antriebsart, die heute schon verfügbar ist. Aber ihre Botschaft war: Macht was. Wir können nicht ewig mit Dieseln durch die Gegend fahren und warten, bis perfekte Lösungen vom Himmel fallen. Manmuss was ausprobieren. Das hat mich überzeugt. Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit Erdgas-Fahrzeugen? Das Problem ist die Reichweite. Wir schaffen nur 300 bis 350 Kilometer. Das ist sehr wenig für einen Lkw-Fahrer, der es gewohnt ist, mit Diesel-Fahrzeu- gen erst nach 800 oder 900 Kilometern wieder tan- ken zumüssen. Weil wir ein regionaler Großhändler mit demHauptmarkt Berlin sind, geht es. Wir liefern maximal bis nach Dresden oder Mecklenburg-Vor- pommern. Im Fernverkehr ist CNG keine Alterna- tive. Dafür ist LNG – also verflüssigtes Erdgas – bes- ser. Damit fährt ein Lkw ungefähr 1.000 Kilometer. Warum haben Sie keine LNG-Lkws angeschafft? LNGwird vorwiegend im arabischen Raum, in Aus- tralien und in Neuseeland produziert. Es würde sich mit unserem Bekenntnis zur Regionalität beißen, wenn wir Gas aus Neuseeland importieren. Außer- dem gibt es im Großraum Berlin nur eine einzige Tankstelle für LNG, nämlich in Grünheide. Wir haben einmal ein Testfahrzeug bekommen. Unser Fahrer stand dann morgens ab fünf Uhr drei Stun- den lang in der Schlange, um tanken zu können. Ist das Tankstellenangebot für CNG besser? Ja, da sind es immerhin rund 15 Tankstellen. Als Unternehmer müssen Sie neben der Ökologie auch die Ökonomie imBlick behalten. Wie hoch sind die Mehrkosten, die Sie für Erdgas-Fahrzeuge hin- nehmen müssen? Erdgas-Fahrzeuge sind nicht teurer. Im Gegenteil, der gefahrene Kilometer ist sogar ein bisschen bil- liger. ImGegenzug müssen wir häufiger tanken, und in dieser Zeit muss ich den Fahrer auch bezahlen. Ich denke, unter dem Strich gibt es keinen nennens- werten Kostenunterschied zwischen Diesel- und Erdgas-Lkws. Sind Sie zufrieden mit dem Angebot an alternati- ven Antriebsarten, die die Lkw-Hersteller auf den Markt bringen? Nein, ich habe den Eindruck, dass sie am liebsten weiterhin nur Diesel und Benziner verkaufenmöch- ten. Das Engagement für alternative Antriebe könnte größer sein. Auf der anderen Seite muss man sagen: Die Mehrheit der Spediteure zeigt auch kein großes Interesse an nachhaltigeren Fahrzeugen. Unter dem Strich gibt es keinen nennenswerten Kostenunterscheid zwischen Diesel- und Erdgas-Lkws. Meinrad Schmitt Oben: Meinrad Schmitt fährt auch heute noch gern mal eine Tour selbst. Unten: Bei Terra Naturkost werden die Waren scannergestützt kommissioniert 28 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2020 SCHWERPUNKT | Interview
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