Berliner Wirtschaft 3/2020
4,9% mehr Sendungen gab es 2018 insgesamt in Deutschland. 3,9% Zuwachs bei der Beschäftigung ver- zeichnete die Branche von 2017 zu 2018. 0,4% mehr Sendungen gab es 2018 im B2B-Bereich. 4,7% Wachstum jährlich werden bei Sendungen erwartet. Von Rekord zu Rekord Paket-, Kurier- und Expressdienste eilen von einer Bestmarke zur nächsten. Der Boom der Branche ist seit Jahren ungebrochen – Ende nicht in Sicht. Klaus-Günter Lichtfuß Prokurist Logistik Behala Seit 1999 leitet der Ingenieur den Bereich bei der Berliner Hafen- und Lagerhausgesell- schaft mit ihren drei Stadthäfen in Mitte, Spandau und Neukölln 120 Mit- arbeiter beschäftigt die Behala und setzte 2019 rund 21 Mio. Euro um. größere Schiffe undmehr Züge einsetzen zu kön- nen. Prompt kam Kritik aus dem Bezirk: zu dre- ckig, zu laut, so die Einwände. Für den Diplom- ingenieur steht hingegen fest: „Die Straßen wer- den immer voller, bei Schiffen gibt es aber noch große freie Kapazitäten.“ Und per Schiff könnten die Güter umweltfreundlicher transportiert wer- den, auchweil der Südhafen an die Bahn angebun- den sei. Voraussetzung für den Einsatz größerer Schiffe ist laut Lichtfuß der Ausbau der Wasser- straßen, wie jetzt zumBeispiel in Spandau, wo das Planfeststellungsverfahren abgeschlossenwurde. Auch die bessere Zusammenarbeit aller Akteure sei unerlässlich. So müsse zum Beispiel die DB Netz die Güterbahnhöfe in Ruhleben und Moa- bit für die neuen Züge mit mehr als 700 Metern Länge ausbauen. Neben demTagesgeschäft hat das Thema Öko- logie oberste Priorität. Im vierten Quartal 2020 wird die Behala das von ihr, der TU Berlin und weiteren Unternehmen entwickelte weltweit erste emissionsfreie Schubboot „Elektra“ fertig- stellen und mit Versuchsfahrten zwischen Ber- lin und Hamburg sowie innerhalb der Hauptstadt beginnen. „Das auch vomBundesverkehrsminis- terium geförderte Projekt wird eine Vorbildfunk- tion für den ökologischen Einsatz von Schiffen in Ballungsgebieten übernehmen“, ist Lichtfuß überzeugt. Die Behala als Depot-Betreiber und Radlo- gistiker Schmidt – im Auftrag von Hermes und DHL – waren auch beim Pilotprojekt KoMoDo dabei. Die Abkürzung steht für: „Kooperative Nut- zung vonMikrodepots durch die Kurier-, Express-, Paket-Branche für den nachhaltigen Einsatz von Lastenrädern in Berlin“. Gefördert von Bund und Senat, wurde KoMoDo ein Jahr lang getestet und nach Abschluss imMai 2019 für gut befunden. Von einemMikrodepot in Pankow strömten täglich die Fahrer der fünf größten nationalen Paketdienst- leister in die Berliner Bezirke aus und lieferten in diesem Jahr rund 160.000 Pakete. Der Einsatz lohne sich vor allem in Gebieten mit vielen Emp- fängern, zudem würden knappe öffentliche Flä- chen von den KEP-Dienste-Anbietern kooperativ und effizient genutzt, so das Fazit. Jetzt soll die Behala weitere Flächen suchen, um neue Mikro- depots errichten zu können. Parallel dazu treiben findige Unternehmer die Produktion innovativer Fahrzeuge für die letzte Meile voran, unter ihnen das Berliner Start-up Ono Motion, das im Sommer mit einem E-Las- tenrad in Serie geht. Der „Pedal Assisted Trans- porter“ besteht aus Fahrerkabine und abnehmba- rem Container, der flexibel über eine integrierte Laderampe getauscht werden kann. Zwei Kubik- meter kann das Bike laden, bei einer maximalen Nutzlast von 300 Kilogramm – inklusive Fahrer. Wenn es um die großen Mengen geht, kom- men die Güterverkehrszentren ins Spiel. „Ohne unsere Güterverkehrszentren würde Berlin ver- hungern und verdursten“, bringt es Rüdiger Hage etwas flapsig auf den Punkt. Seit 1992 hat er als leitender Mitarbeiter bei der Landesentwicklungs- gesellschaft Brandenburg (LEG) und ab 2002 als Geschäftsführer der Potsdamer IPG Infrastruk- tur- und Projektentwicklungsgesellschaft mbH im brandenburgischen Großbeeren, in Wustermark und Freienbrink drei Güterverkehrszentren ent- wickelt und vermarktet. Auf insgesamt 700 Hektar Bruttofläche haben sich 149 Betriebe aus der Logistik und dem Gewerbe mit 14.750 Beschäftigten nieder- gelassen. Zu den großen Playern zählen der bri- tische Online-Modehändler Asos, Edeka, Lidl, Aldi, Penny und der Getränkelieferant Trinks GmbH. Zudemhaben sich Pharmahändler, Stück- gut-Logistiker, aber auch Exotenwie die Carl Pabst Samen und Saaten GmbH angesiedelt, die in Groß- beeren säckeweise Samen für Bau- und Super- märkte abfüllt und für hiesige Blumenfreunde auf den Weg bringt. Wie Behala-Prokurist Lichtfuß hat auch Hage ein Platzproblem: „Großbeeren und Wustermark sind fast zu 100 Prozent ausgelastet, in Freienbrink sind es etwa 80 Prozent“, sagt er. Wegen der geplanten Ansiedlung von Tesla halte sich das Land bei der weiteren Vermarktung dort aber zurzeit zurück. » KEP-Branche verdoppelt Umsatz Stetiges Umsatzwachstum – mit kleiner Delle infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise, Angaben in Mio. Euro Grafik: BW Quelle: KEP-Studie 2019 0 5 000 10000 15000 20000 2000 2009 2018 20 400 10 050 13 330 FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 21 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2020 SCHWERPUNKT | Logistik
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