Berliner Wirtschaft Februar 2022

Jörg Franzen Vorstandsvorsitzender Im Jahr 2006 wurde Jörg Franzen in den Vorstand der Gesobau AG berufen. Den Vorstandsvorsitz übernahm der Diplom-Betriebswirt 2013. Bevor er zur Gesobau kam, war Franzen in verschiede- nen Führungsposi­ tionen für die Gagfah Immobilien-Manage- ment GmbH tätig. F lächen für neueWohnungen sind nachAnsicht von Jörg Franzen, Vorstandsvorsitzender des landeseigenen Wohnungsbauunternehmens Gesobau AG, noch genügend vorhanden. Er hofft, dass in der neuen Legislaturperiode die Pla- nungen beschleunigt werden. Berliner Wirtschaft: Berlin ist vor Corona stark gewachsen. Fehlende Wohnungen, verstopfte Straßen und mangelnde Gewerbeflächen sind die Folge. Wo ist für Sie der größte Handlungsbedarf? Jörg Franzen: Nach unserer Wahrnehmung besteht der größte Handlungsbedarf imWohnungsbau, weil wir fast keinen Leerstand mehr in der Stadt haben. Bei der Gesobau liegt die Leerstandsquote schon seit einigen Jahren deutlich unter einem Prozent. Das ist weit weniger als die zwei bis drei Prozent, die wir bei den städtischenWohnungsbauunternehmen als normal betrachten. Die Mieter-Fluktuation, die in gewöhnlichen Zeiten bei zehn bis zwölf Prozent liegt, beträgt jetzt in Berlin zwischen vier und fünf Prozent. Das Wohnungsangebot ist einfach nicht ausreichend. Wie ist das Problem lösbar? Wir müssen große Gebiete für den Wohnungsneu- bau entwickeln. Nachverdichtungen und Dachauf- stockungen allein reichen nicht aus. Wenn wir neue Quartiere bauen, müssen aber natürlich auch Ver- kehrsinfrastrukturen, Bildungsangebote und Gewer- beflächen mitentwickelt werden. Die Aufgaben, die für Berlin in der Verkehrsplanung vor uns liegen, sehe ich aber in erster Linie als einen Umbruch an, der mit der ökologischen Wende einhergeht. Fehlen die Flächen für die großen Neubaugebiete? Nein, es gibt sie. ImStadtentwicklungsplanWohnen, den die Senatsverwaltung vor einigen Jahren erstellt hat, sind Flächen für ungefähr 200.000Wohnungen ausgewiesen. Potenziale hat Berlin also, und zwar deutlichmehr als andere Großstädte. Aber manmuss die Flächen auch entwickeln wollen. Noch fehlt ein durchgängiger Neubau-Wille. Sowohl in der Politik als auch in der Verwaltung muss der implementiert werden. Das gilt auch für die Bezirke, die in Berlin sehr autark arbeiten. Derzeit warten wir noch viel zu lange, bis wir Baurecht bekommen. Wie kann dieser Wille hergestellt werden? Ich bin recht zuversichtlich, dass wir vorankommen werden. Die Regierende Bürgermeisterin hat den Wohnungsbau zu einem prioritären Thema erklärt. Für mich ist Hamburg ein gutes Beispiel. Olaf Scholz hatte als Bürgermeister den Wohnungsbau zur » „Noch fehlt ein durchgängiger Neubau-Wille“ Für Gesobau-Chef Jörg Franzen ist der Wohnungsbau die wichtigste Aufgabe für die wachsende Stadt Berlin. Vor allem wünscht er sich schnellere Genehmigungsverfahren von Michael Gneuss Jörg Franzen beobachtet schon seit über 15 Jahren die Entwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt Wir müssen große Gebiete für den Wohnungs- neubau entwickeln. Jörg Franzen FOTO: AMIN AKHTAR SCHWERPUNKT | Interview 26 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2022

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