Berliner Wirtschaft Februar 2022

großräumige Verbindungen übergeordnete Verbindungen örtliche Verbindungen besondere örtliche Verbindungen Ergänzungsstraßen in zwei Stufen. Zunächst lässt die Senatsver- kehrsverwaltung die beiden Richtungsfahrbah- nen neu aufteilen, ohne die Bordsteine zu verset- zen. Statt zwei Kfz-Fahrstreifen und einer breiten Busspur soll es künftig pro Richtung nur noch eine Kfz-Spur geben und eine schmalere Busspur. Dafür wird ein eigener 3,25 m breiter Radfahr- streifen markiert. An den Bordstein passt dann noch ein 2,50 m breiter Multifunktionsstreifen. Darauf werden sich Lieferzonen abwechseln mit Abstellplätzen für Fahrräder, E-Scooter, Carsha- ring, Taxi- und Bushaltestellen. Nur parken kann man dann dort nicht mehr. Im Sommer 2022 soll alles fertig sein – erst mal. Denn in der zweiten Stufe möchte der Senat den motorisierten Individualverkehr komplett aus dem historischen Straßenraum verbannen, spätestens ab 2028. Zudem wird die Mittelinsel ökologisch aufgewertet mit hochwertigen Einfas- sungen der Baumbeete, Staudenpflanzungen und Bewässerung, wie vor dem Adlon bereits pilo- tiert. Damit soll die Aufenthaltsqualität imUmfeld der Kultureinrichtungen weiter gesteigert wer- den, Handel und Gastronomie unterstützt und der Boulevard zu einem noch attraktiveren Ort werden. Eine öffentliche Debatte soll den Prozess der Neugestaltung begleiten, deren erste Ergeb- nisse schon imBeteiligungsportal mein.berlin.de zu finden sind. Dabei bleibt zu hoffen, dass der Beteiligungs- prozess anders läuft als bei der Flaniermeile Friedrichstraße, die trotz Autofreiheit aus der Flaneurperspektive ein eher tristes Bild abgibt. Hier hatte das Vorgehen von Bezirk und Land für viel Unmut bei Gewerbetreibenden gesorgt. Auf den Plan, das Kfz-Verbot endgültig zu machen und räumlich auszuweiten, hat nun der Wirt- schaftskreis Mitte mit Sorge reagiert. Gemein- sam mit dem neuen Interessenverbund Gendar- menmarkt/Friedrichstraße fordern die Gewer- betreibenden ein vernünftiges Verkehrs- und Tourismuskonzept, das die Auswirkungen auf die ansässige Wirtschaft berücksichtigt. Und das muss man auch von jeder Verkehrsplanung erwarten können, gerade im hochsensiblen his- torischen Zentrum. Erreichbarkeit für Gäste, Kunden und Mitar- beiter gehört zur Attraktivität jedes Standorts, wie auch reibungsloser Liefer- und Entsorgungsver- kehr, Stadtrundfahrten, Taxis und Bustouristen. Die Aufgabe muss sein, alle Anforderungen orts- genau zu ermitteln, zu priorisieren und dann in Verkehrsregeln und Raumgestaltung umzuset- zen. Das bisherige Pilotprojekt zeigt, dass dabei Gebiete statt einzelner Straßenabschnitte zu bedenken sind, sonst werden Probleme nur ver- lagert statt gelöst. Ein Ergebnis, das auch schon vor zwanzig Jah- ren die versuchsweise Sperrung des Hackeschen Marktes für den Kfz-Verkehr erbracht hatte. Hier sind mit stündlich bis zu 7.500 mehr als doppelt so viele Fußgänger unterwegs wie in der Fried- richstraße, und das auf sehr schmalen Gehwe- gen. Deshalb hält es das Bezirksamt Mitte auch hier für denkbar, eine weitere Verkehrsberuhi- gung zu planen. So wie die IHK Berlin schon an der letzten Umgestaltung des Verkehrsraums im gesamten Scheunenviertel erfolgreich mitgearbeitet hatte, wird sie sich auch in kommende Verkehrsplanun- gen einbringen. Es gilt Lösungen zu erarbeiten, die die notwendigen Anforderungen der betroffenen Unternehmen berücksichtigen.   ■ Straßennetz im Zentrum vor dem Umbruch Übergeordnete Straßen in Berlins Mitte verschwinden, das zeigen die Karte von 2017 (o.) und der Plan für 2025 Grafiken: BW Quelle: SenUMVK Berlin Verkehrsplanung Der „Stadtentwicklungs­ plan Mobilität und Verkehr 2030“ (StEP MoVe) stuft die City- Magistralen zurück. Aus bisher übergeordneten Verbindungen (blau und rot), wie Leipziger Straße und Torstraße, sollen schon bis 2025 „Beson­ dere örtliche Verbindun­ gen“ (rosa) werden, das verdeutlicht die Karte. 17 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2022 AGENDA | Verkehrspolitik Dr. Lutz Kaden, IHK-Experte für Verkehr und Mobilität Tel.: 030 / 315 10-415 lutz.kaden@berlin.ihk.de

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