Berliner Wirtschaft Februar 2022

Bauinvestitionen legten vor allem 2020 deut- lich zu, im vergangenen Jahr war ihr Wachstum nur gering – Arbeitskräfte- und Materialmangel dämpften die Dynamik teils massiv. Wie wird sich nun Berlin in diesen Kontext einordnen? Die ersten amtlichen Zahlen zum Wirtschaftswachstum 2021 werden uns erst zu Beginn des zweiten Quartals erreichen; die IBB erwartete Ende Dezember etwa drei Prozent Wachstum, also im Bereich des Bundeswertes. Es spricht einiges für ein leicht überdurchschnitt- liches Berliner Wachstum: Der Pharmaschwer- punkt der hiesigen Industrie sorgte für steigende Umsätze, das Auftragsvolumen stieg deutlich. Der Informations- und Kommunikationssektor, einer der wenigen, die die ganze Krise hindurch wuch- sen, ist in Berlin überproportional vertreten und gewinnt durch gut finanzierte Gründungen wei- ter an Gewicht. Der Berliner Arbeitsmarkt ent- eilt folglich den übrigen Bundesländern wie vor der Krise. Krise für Berlin auch ein Innovationstreiber Doch die hauptstädtische Wirtschaft muss auch mit erheblichemGegenwind kämpfen. Liefereng- pässe bremsen die Industrie, vor allem die Elek- troindustrie blieb daher hinter ihremWachstums- potenzial zurück. Auch das Baugewerbe konnte mangels Material und Arbeitskräften nicht ent- sprechend der Nachfrage produzieren. Und wei- terhin ist die Erholungsdynamik von Handel, Gastgewerbe sowie Kultur- und Unterhaltungs- angeboten durch die Corona-Regelungen limitiert – doch sind das Probleme, denen allerorten zu begegnen ist. Sie mindern das Berliner Wachstum relativ zu anderen Bundesländern wahrschein- lich nicht. Denn die Krise zeigt, dass Berlin nicht mehr so stark von personenbezogenen Branchen abhängt wie noch vor 15 Jahren. Das Wachstumdes Stand- orts wird inzwischen weit mehr von stark wert- schöpfenden, technologischen Dienstleistungsan- geboten beeinflusst. Und diese leiden kaumnoch unter der Pandemie – imGegenteil, viele digitale Angebote haben durch diese einen Nachfrage- schub erlebt. Wie jede Krise ist auch diese ein Innovations- treiber – und die Berliner Wirtschaft scheint die richtigen Innovationen imPortfolio zu haben. Nur dürfen darüber keinesfalls jene Branchen verges- sen werden, die nicht im digitalen Kosmos agie- ren – und deren Kunden in Läden, Restaurants, Hotels, Theatern und Clubs unterwegs sind. ■ Christian Nestler, IHK-Experte für Konjunktur Tel.: 030 / 315 10-286 christian.nestler@ berlin.ihk.de 5,8% Rückgang gab es bei den privaten Konsumausgaben im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019. 4,4% mehr Bruttowert- schöpfung erzielte das Verarbeitende Gewerbe im Vergleich zu 2020. 2,7% Wachstum erreichte das deutsche BIP 2021 laut der ersten amtlichen Schätzung. Grafiken: BW Quelle: Statistisches Bundesamt, Januar 2022 Deutsches BIP im Schlingerkurs Höher als 2020, aber unter Vorkrisenniveau: 2021 liegt das Bruttoinlandsprodukt bei 105,1; Index: 2015 = 100 Entwicklung der Bruttowertschöpfung Baugewerbe sowie Information und Kommunikation landen 2021 über dem Niveau des Jahres 2019 Verwendung des Bruttoinlandsprodukts Der Anstieg bei den öffentlichen Konsumausgaben zeigt die Bedeutung des Staates als wirtschaftlicher Akteur Verarbeitendes Gewerbe 4,4 -6,0 Baugewerbe 3,3 -0,4 Handel, Verkehr, Gastgewerbe -2,3 3,0 Information und Kommunikation 2,3 3,3 Unternehmensdienstleister -2,3 5,4 Ö . Dienst, Erziehung und Gesundheit -0,1 3,2 sonstige Dienstleister -9,9 0,6 BIP gesamt -2,0 2,7 private Konsumausgaben -5,8 0,0 staatl. Konsumausgaben 7,0 3,4 Bauinvestitionen 3,0 0,5 Ausrüstungsinvestitionen -8,3 3,2 Exporte -0,8 9,4 Importe -0,8 8,6 105,1 107,2 96,0 90 2012 2013 2015 2017 2019 2021 100 110 105 95 Veränderung zum Vorjahr Veränderung zu 2019 11 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2022 AGENDA | Konjunktur

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