Berliner Wirtschaft Februar 2021

35 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2021 BRANCHEN | Historie Nach den Plänen von Heinrich Straumer entstanden etliche markante Gebäude in der Hauptstadt. Das berühmteste davon ist der Berliner Funkturm von Prof. Dr. Klaus Dettmer (BBWA) Höhenflüge der Architektur D ie Grüne Woche fand zum ersten Mal im Februar vor 95 Jahren statt – und zwar schon in den neuen Messehallen am Funkturm. Denn die alten Ausstel- lungshallen amBahnhof Zoo waren viel zu klein, um den wachsenden Messebetrieb der Haupt- stadt zu beherbergen. Zudem änderte sich das Format der Ausstellungen, die nun nicht mehr thematisch, sondern nach Branchen ausgerich- tet waren und ein Massenpublikum ansprachen. Zu diesemTyp gehörte die erstmals 1924 gezeigte Funkausstellung. Hier entstand mit dem Funkturm nach den Plänen von Heinrich Straumer (1876–1937) Aus- gangspunkt und Zentrum des späteren Messege- ländes. Konkurrenz bekam er durch den Fern- sehturm am Alexanderplatz – aber erst 40 Jah- ren später. Bis dahin war er als „Langer Lulatsch“ Wahrzeichen Berlins. Sein Vorbild war der Eiffel- turm, Markenzeichen der Weltausstellung 1896, und er diente ursprünglich nur als Sendemast. Restaurant und Aussichtsplattform kamen erst später hinzu. Zum Funkturm, der dank Stahl- fachwerk von der Fa. Steffens & Noelle aus Tem- pelhof mit einer Grundfläche von 20 mal 20 Metern auskam, entwarf Straumer auch das völ- lig aus Holz bestehende Haus der Funkindustrie, das aber 1935 abbrannte. Straumer hatte sich nach dem Studium in Dresden als selbstständiger Architekt in Ber- lin niedergelassen. Mit einem sicheren Gespür für vielversprechende neue Tendenzen hatte er zumErfolg Frohnaus als Siedlung das Umspann- werk, das Feuerwehrdepot und eine Brücke zum benachbarten Glienicke beigesteuert. Zudem ent- warf er für die neue U-Bahn-Linie nach Schlach- tensee die Station Thielallee imLandhausstil und die Neubauten der Landwirtschaftlichen Hoch- schule in Dahlem. Straumer beteiligte sich an zahlreichenWett- bewerben, darunter auch dem für ein Hochhaus amBahnhof Friedrichstraße undWettbewerben für die Entwicklung des Messegeländes. Die heu- tige Gestalt des Theodor-Heuss-Platzes und der die Heerstraße einrahmenden Bauten des Ame- rika-Hauses und des Deutschland-Hauses beru- hen auf seinen Plänen. Der Architekt hielt enge Verbindungen zu Wirtschaft und Handel, für die er Geschäftshäuser (Adam, Israel-Erweiterungs- bau, Esders & Dyckhoff, Lenz) und Privathäuser der Firmenchefs entwarf. Markant auch der Sitz der Nordstern-Versicherung in der Badenschen Straße. Straumer wurde durch die Verleihung einer Professur an der TH Berlin geehrt. Das ursprünglich für den Zentralverband der Feuerversicherungsanstalten errichtete Gebäude in der Kaiserswerther Straße 16–18 erlangteWelt- ruhm als Sitz der Alliierten Kommandantur in Berlin zwischen 1945 und 1990. ■ Kontakt zum Wirtschaftsarchiv Der Publikumsverkehr im Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchiv (BBWA) ist pandemie- bedingt zurzeit eingestellt. Kontakt und Infos: bb-wa.de Der Architekt Heinrich Straumer verewigte sich an zahlreichen Ecken und Enden der Stadt und auch in die Vertikale: Der von ihm entworfene 146,7 Meter hohe Fernsehturm – von den Berlinern später „Langer Lulatsch“ getauft – ist eins der Wahrzeichen Berlins FOTOS: BBWA

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