Sie haben eine dauerhaft durchschnittliche Kaltmiete von etwas mehr als elf Euro angekündigt. Wie hoch ist die Nachfrage nach den Räumen? Obwohl der Umbau erst 2027 fertiggestellt sein wird, bekommen wir schon jetzt sehr viele Anfragen – insbesondere, weil wir den Schwerpunkt auf populäre, queere und migrantische Kultur legen. Auch für kleine Handwerksbetriebe, für Clubs und Bars sind wir sehr attraktiv. Gastronomie wollen wir aber nur zu fünf oder zehn Prozent ansiedeln. Wie viel ist noch frei? Etwa 87 Prozent der Flächen sind bereits vergeben. Bei einer gesamten Bruttogeschossfläche von 35.000 Quadratmetern sind noch 4.500 Quadratmeter frei. Wie entscheiden Sie, wer den Zuschlag erhält? Die Mieter müssen auch Genossenschaftsmitglieder werden, 250 Euro pro Quadratmeter einlegen und mit ins Risiko gehen. Es geht uns außerdem um finanzielle und wirtschaftliche Diversität, und wir achten darauf, einen ausgeglichenen Kreis von Mitgliedern zu haben. Organisationen, die von Frauen oder migrantisch geführt sind, haben im Moment einen Vorteil. Schließlich müssen wir auch Rücksicht auf die Begebenheiten der Immobilie nehmen und uns fragen, was passt überhaupt in welchen Raum rein? Am Ende sprechen wir natürlich auch mit dem Stadtentwicklungsamt Neukölln über Nutzungsarten. Kulturprojekte, so wie das, das sie gerade planen, scheitern oft am Geld. Wie hoch ist die Investition? Wir veranschlagen 65 Millionen Euro für den Umbau. Und ja: So viel Geld für ein Projekt wie dem unseren zu finanzieren, ist nicht einfach. Das haben wir auch gemerkt. Aber inzwischen steht die Finanzierung. Wir suchen aber noch nach Impact-Investoren, die uns günstigeres Geld zur Verfügung stellen können. Bisher haben Sie noch kein Geld von Impact- Investoren bekommen? Leider nein. Das Projekt wird hauptsächlich von Banken, der Triodos Bank und voraussichtlich der IBB, finanziert. Da wir uns als private Initiative verstehen, wollten wir zunächst ohne öffentliche Gelder auskommen. Da wir aber bei Impact-Investoren keinen Erfolg hatten, haben wir dann doch Anfragen gestellt und glücklicherweise eine Zusage für einen Zuschuss von zwölf Millionen Euro an Bundesmitteln aus dem Programm „KulturInvest“ bekommen. Erst dadurch war es möglich, den Zuschlag von Banken zu bekommen. Wir haben das Projekt als Gemeinschaft gestemmt. Das ist das Spannende. Was meinen Sie damit? Allein wäre ein Künstleratelier, ein Handwerksbetrieb, eine Filmschule, ein Sozialprojekt oder ein Club doch nicht in der Lage, ein solches Immobilienprojekt zu stemmen. Das sind alles Leute, die davon bedroht sind, ihr Gewerbe oder ihre kulturellen Aktionen irgendwann hier nicht mehr machen zu können, weil sie sich früher oder später die Mieten nicht mehr leisten können und aus ihren Räumen rausfliegen. Aber zusammen haben wir ein sicheres, wirtschaftlich tragfähiges Konstrukt gefunden, natürlich auch mithilfe der Stiftung. Sie sprechen für Ihr Projekt von menschlicher Stadtentwicklung. Was meinen Sie damit? Wir haben die Menschen, die hier in Neukölln leben, im Fokus. Nachbarschaftsprojekte sind uns sehr Ein Modell der neuen Bebauung des früheren Brauereiareals Ich denke, dass nicht alles an der Gentri- fizierung schlecht ist. Es entsteht Neues. Hans Christian Ziebertz FOTOS: AMIN AKHTAR Hans Christian Ziebertz vor dem ehemaligen Vollgut-Lager FOKUS | Stadtentwicklung | 32 Berliner Wirtschaft 01-02 | 2025
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