Berliner Wirtschaft 9/2018

BERLINER WIRTSCHAFT 09/18 12 TITELTHEMA FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Bei zwei Prüfungsdurchgängen – einer im Win- ter und einer im Sommer – kommt Sebastian Wormuth auf insgesamt 14 bis 16 Tage pro Jahr, für die ihn sein Arbeitgeber bei Lohnfortzahlung freistellt. Dass der Beruf des Schauwerbegestal- ters, den er selbst erlernt hat, modernisiert wor- den ist, liegt für ihn auf der Hand: „Denn Gestal- ter für visuelles Marketing planen und organi- sieren heute auch Events, Kunden-Foren oder Promotion-Aktionen und setzen Multime- dia-Systeme ein.“ Dieser anerkannte duale Ausbildungsberuf ist einer von fast 330, zwischen denen angehende Azubis heute wählen können. Mehr als eine hal- be Million Jugendliche haben auch in diesem Jahr in Deutschlandwieder eine duale Ausbildung mit Betriebspraxis und Berufsschule begonnen, die mit der Abschluss- oder Gesellenprüfung endet. Undwenn sie die bestehen, ist das der Startschuss in ihr Berufsleben. Darüber entscheiden bundes- weit mehr als 300.000 ehrenamtliche Prüfer, die Satis&fy AG SebastianWormuth, Ausbilder Das Unternehmen ist ein international aufgestellter Anbieter für Event- und Medientechnik sowie Eventarchtitektur. Wormuth, gelernter Schauwerbegestalter, bildet heute Gestalter für visuelles Marketing aus und gehört auch zu den von der IHK berufenen Prüfern für dieses Berufsbild. von den zuständigen Stellen berufenwerden. Zu- ständige Stellen sind die berufsständischen Kam- mern und Verbände – für nicht handwerkliche Gewerbeberufe zum Beispiel die Industrie- und Handelskammern, für handwerkliche Berufe die Handwerkskammern oder für landwirtschaftliche Berufe die Landwirtschaftskammern. „Prüferin- nen und Prüfer sind das Herzstück der beruflichen Bildung in Deutschland“, sagt StephanWolter,Ge- schäftsführer Bildung & Beruf und Organisation & Entwicklung bei der IHK Berlin, „ohne sie wären praxisnahe Prüfungen nicht denkbar.“ Fachkompetenz trifft Berufspraxis Deshalbwirdvon ihnenvor allemberufliche Fach- kompetenz erwartet. Eine ausreichende Sachkun- de ist in der Regel dann gegeben, wenn ein Prüfer selbst erfolgreich im entsprechenden Beruf aus- gebildet worden ist und danach eine mehrjährige Berufspraxis vorweisen kann. Bildet ein Bewerber in diesem Beruf auch noch selber Azubis aus, ist das zwar von Vorteil, aber keine Bedingung. „Wer als Prüfer tätig werden will, sollte zudem über ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein, menschliche Reife und pädagogisches Geschick verfügen“, sagt Harald Tragmann, Teamleiter Be- rufsausbildung im Werk Berlin der BMW Group und seit 13 Jahren Prüfer für Elektroniker für Be- triebstechnik (siehe Interviewauf S. 16). Weil Prü- fungen gerade für junge Menschen immer Aus- nahmesituationen seien, gehöre psychologisches Feingefühl ebenso zum Job eines Prüfers wie eine ruhige und motivierende Ausstrahlung. Rund 2.700 ehrenamtliche Prüfer sind derzeit in der Hauptstadt allein für die IHK im Einsatz. Sie nehmen jährlich etwa 24.500 unterschied- liche Aus- und Weiterbildungsprüfungen und 7.500 Sach- und Fachkundeprüfungen ab. „Die IHK-Prüfungen haben in der Wirtschaft eine ho- he Akzeptanz“, weiß Stefan Mathews, Bereichs- leiter Prüfungen Aus- und Weiterbildung bei der IHK Berlin. „Das liegt daran, dass wir keine haupt- beruflichen Prüfer einsetzen, sondernmit Prakti- kern und Fachkräften aus Unternehmen prüfen.“ Die sind allesamt ehrenamtlich tätig, werden da- für in der Regel von ihrenArbeitgebern unter Fort- zahlung der Bezüge freigestellt und erhalten für ihren Zeit- und Arbeitsaufwand eine Entschädi- gung. Die fällt jedoch so gering aus, dass sie eher keinAnreiz sein dürfte, dieses Amt auszuüben. Er- setzt werden auch Auslagen wie Anfahrts-, Ko- pier- oder Telefonkosten. »

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