Berliner Wirtschaft 7-8/2018

UNTERNEHMEN & MÄRKTE 49 BERLINER WIRTSCHAFT 07-08/18 ren Ausrichtung sich völlig veränderte. Auftraggeber waren nun die Stadt und Wohnungsbaugenossenschaften, für die die Berndt Baugenossenschaft mbH Siedlungsbauten errichtete. Die Indus- trie beauftragte die Firma mit Indus- triebauten, etwa die Rohrbach Metall- flugzeugbau GmbH am Pekinger Platz in Wedding, die Osram-Werke in Spandau und die Wittler-Brotfabrik inWedding. Baukunst der Superlative Der Architekt Kurt Berndt prägte das Berliner Stadtbild mit Europas größtem Vergnügungspark und Gewerbeanlagen, neuartig konzipiert und aufwendig gestaltet » Von Prof. Dr. Klaus Dettmer (BBWA) Sollte in eine Märchenwelt einladen und für Erholung sorgen: der Luna-Park im heutigen Halensee B erliner Bauwerke al- ler Art werden wie durch ein einigendes Band mit dem Na- men des Architekten und Bau- meisters Kurt Berndt verbun- den. Die Spannbreite seiner 1887 gegründeten Firma reichte von Fabriken und Geschäftshäusern über Hotels und Vergnügungs- stätten bis zu Siedlungsbauten. Vor allem mit Gewerbehöfen machte er sich einen Namen: Die Elisabethhöfe am Erkelenzdamm 5/6, das Manolihaus für den Zigaretten- hersteller Mandelbaum in der Runge- straße (heute Josetti-Höfe) und die Ge- werbehöfe zwischen Reichenberger Str. 79/80 und Paul-Lincke-Ufer 8 sowie die Hofanlage für den Möbelfabrikanten J.C. Pfaff am Maybachufer stammen von ihm. Am bekanntesten sind heute aber die Hackeschen Höfe. Diese Anlage um- fasste acht Höfe zwischen Rosenthaler Straße und Sophienstraße und war die größte in ganz Deutschland. Berndt schuf hier einen neuen Bau- typ, der Wohnungen, Büros, Produkti- onsstätten, Geschäfte und Vergnügungs- stätten zusammenfasste. Diemit Zentral- heizung, Innentoilette, Bad und Balkons ausgestattetenWohnungen lagen auf der Innenseite begrünter Höfe, die ihrerseits auf die benachbarten Friedhöfe der jü- dischen Gemeinde und der Sophienkir- che blickten. An der Straßenfront befan- den sich Geschäfte, Bankfilialen und das Deutsche-Familien-Kaufhaus (DeFa- Ka). Den ersten Innenhof mit Festsälen, Lichtspieltheater Imperial und Gaststät- ten ließ Berndt vom Architekten August Endell besonders repräsentativ gestal- ten. Die in den hinteren Höfen unterge- brachten Gewerbezweige reichten von Pappenherstellung bis zu Nahrungs- und Genussmittelvertrieben wie der Kaffee- firma Hinz & Küster. Bei vielen seiner Bauprojekte kamen die Glasmosaiken von Puhl & Wagner zum Einbau. Berühmte Gaststätten be- stellten bei Berndt zeitgemäße Umbauten – etwa der Kerkau-Palast des gleichna- migen Cafés, der Metropolpalast in der Behrenstraße oder „Borchardt“ in der Friedrichstraße. Besonders markant wa- ren die Halensee-Terrassen, die als Teil des Luna-Parks täglich Tausende Berli- ner anzogen. Die Architektur sollte den Erholungseffekt unterstützen, indem die Besucher sich gleich in eine Märchenwelt versetzt fühlten. In denWeimarer Jahren übernahmen die Söhne von Berndt die Geschäfte, de- UNTERNEHMENSHISTORIE FOTOS: BBWA Für Interessierte geöffnet Das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsar- chiv (BBWA) ist eine Forschungseinrichtung für regionale Wirtschaftsgeschichte und Industriekultur. Bestände können eingesehen werden. Kontakt und Info: www.bb-wa.de BBWA

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