Berliner Wirtschaft 12/2019

früher Berater von McKinsey, BCG oder Bain, um die sich alle rissen, wollen Corporates heute mehr Köpfe mit Start-up-Erfahrung im Team haben. Für Leute, die operativ skalieren können, zah- len sie absurd hohe Summen. Die Gefahr dabei: Jeder noch so funkelnde Diamant kann fake sein. Nicht jede Führungskraft, die mal in einem Start- up gearbeitet hat, ist der Kopf hinter dessen Erfolgsstory. Und Skalierung sowie nachhaltiges Wachstum brauchen Zeit. Die unliebsame Folge: Einmal rekrutiert, dauert es unter Umständen lange, eine Fehlbesetzung als solche zu erken- nen. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Wie also lassen sich Game Changer von Fehl- besetzungen unterscheiden? Recruiting ist immer eine Mischung aus Wissen und Hypothese, ein Restrisiko bleibt. Doch es hilft, sich klarzuma- chen, was beide Gruppen ausmacht und antreibt. Game Changer sind Visionäre und Macher glei- chermaßen. Sie haben den Mut zu experimentie- ren und nehmen so lange Rückschläge und Durst- strecken in Kauf, bis sich der Erfolg einstellt. Sie haben oft große Egos, setzen diese aber smart ein, auch für die Company. Diese Leute sind „Giver“, sie helfen ihren Teams und befähigen sie. Sie suchen das individu- elle Potenzial in jedemMitarbeiter und jeder Mit- arbeiterin, geben ihnen entsprechende Aufgaben und können dann auch loslassen und vertrauen. Das fördert Kreativität, Innovation, Respekt, Wertschätzung, Sicherheit und Identifikationmit demUnternehmen. Giver schaffen es, Unterneh- men zu skalieren, indem sie sich nicht allein auf die Weiterentwicklung von Prozessen konzen- trieren, sondern ebenso auf die Entwicklung ihrer Untergebenen. „Only the teamwith the best play- ers wins“, sagte JackWelch, der mehr als 20 Jahre CEO von General Electric war. Der „Taker“ dagegen steht einer nachhaltigen Skalierung kontraproduktiv gegenüber. Solche Menschen nehmen, ohne etwas zurückzugeben, und sind nur auf den individuellen Erfolg fixiert. So steigen sie zwar meist schnell auf, ihr Erfolg ist aber in der Regel nicht von Dauer. Das heißt nicht, dass Fehlbesetzungen, die sich als Blender heraus- stellen, zwingend auch Taker seinmüssen. Aller- dings lässt sich erfahrungsgemäß eine gewisse Korrelation beider Eigenschaften feststellen. In den vergangenen fünf Jahren haben wir als Personalberatung einen Anstieg der Gehälter auf Management-Ebene um teilweise 40 Prozent gesehen, insbesondere in starkwachsenden Start- ups. Es gibt Mittelständler, die an solche Preis- sprünge längst nicht mehr anknüpfen. Ihre Bud- getvorstellungen liegen weit unter den Gehältern, die gefordert werden. Wir erleben gerade eine Situation, die einer Blase gefährlich nahekommt. Wenn diese Gehaltsblase platzt, wird das zu einer Marktbereinigung führen. Mittelmäßige Manager, die nicht skalieren können, werden aus- getauscht. Der Zeitraum zwischen der Rekrutie- rung und der Erkenntnis, eine überteuerte Fehl- besetzung in eine Schlüsselposition gehoben zu haben, wird allerdings entsprechend teuer und könnte einer Reihe von Firmen schwer zusetzen. Umdas zu verhindern, müssen Unternehmen noch genauer hinschauen. Bevor sich Start-ups einen fulminanten Fehl-Hire ins Haus holen, sollten sie zunächst lieber in einen Chief Human Resources Officer (CHRO) investieren, der in die Geschäftsführung eingebunden ist, das Geschäfts- modell genau kennt – und die Spreu vomWeizen trennen kann. Ansonsten wird das früher oder später zwangsweise der Markt für sie tun. ■ Melina Hanisch, Start-up-Koordinatorin Innovation der IHK Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@berlin. ihk.de Link zur Website der Gründerszene Die ungekürzte Version des Textes unter: gruenderszene.de SERVICE | Gründerszene DEUTSCHLANDS BESTES KINO FÜR EIN KULTURELL HERAUSRAGENDES KINOPROGRAMM

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