Berliner Wirtschaft 12/2019

für die Siemensstadt 2.0, an dem sich 18 Archi- tekturbüros beteiligen. Ein Jahr später soll der Bau in einem modularen System starten, dazu werden bei laufendemBetrieb Gebäude erneuert und Flächen verdichtet. Von 2030 an dreht sich dann alles umZukunftstechnologien wie dezen- trale Energiesysteme, Elektromobilität, Industrie 4.0 oder das Internet der Dinge. Um die Nach- barschaft in die Planungen einzubeziehen, star- tete der 1847 in Berlin gegründete Konzern im Sommer einen Bürgerdialog. Ängsten, dass etwa infolge von Gentrifizierung Mieten steigen könn- ten, will man rechtzeitig entgegenwirken. Als Gründe für den Standort hatte Neike bei der Bekanntgabe der Mega-Investition die Dyna- mik, den Erfindergeist, die Forschungslandschaft und die schnelle Politik genannt. Ein solches Lob für die Senatsverwaltung hört man in Berlin nicht allzu oft. Letztlich hat es die Entscheidung für die Hauptstadt beeinflusst. „Voraussetzung für die Standortentscheidung war auch, dass der Cam- pus mit dem 5G-Netz verbunden wird und eine schnelle Anbindung an den künftigen Flughafen BER bekommt, und zwar am besten in 40 Minu- ten. Beide Themen bewegen sich klar nach vorn“, zeigt sich Neike optimistisch. Reichlich Platz in Tegel Nur wenige Kilometer von Siemensstadt entfernt wird die „Berlin TXL – The Urban Tech Republic“ entstehen. Auch in Tegel hier setzt man auf die „Berliner Mischung“ aus Wohnen, Arbeiten und Forschen und hat dafür mit 500 Hektar reichlich Platz. Ein halbes Jahr nach Airport-Schließung will der Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH, Prof. Dr. Philipp Bouteiller, das neue Industrie- areal rund um die Themen Energie, Mobilität, Kreislaufwirtschaft, Wasser, Materialforschung und IKT mit künstlicher Intelligenz und Robotik gestalten – allesamt „innovative urbane Techno- logien, die die Stadt zum Funktionieren bringen“. Doch solange der Projektentwickler nicht aufs Grundstück kommt, bleibt es bei Absichtserklä- rungen und Interessenbekundungen potenzieller Mieter. „Erst mit der Eröffnung des BER werden wir mit Unternehmen zu verbindlichen Verab- redungen kommen können“, sagt Bouteiller, der angesichts knapper Gewerbe- und Industrieflä- chen aber keinen Zweifel an einer hohen Nach- frage hat. „Für nationale und internationale Kon- zerne wird das zentral gelegene Areal mit seiner Nähe zur Bundesregierung und den vielen jun- gen Talenten der Stadt sehr attraktiv sein. Aber auch prosperierenden Berliner Unternehmen, die in der Stadt keine geeigneten Flächen mehr fin- den, kann hier eine Zukunft geboten werden.“ UmkünftigWettbewerb unter den Zukunfts- orten zu vermeiden, wird eine klare Profilie- rung umso wichtiger. Damit nicht genug. „Ber- lin vermarktet sich als Ort für Innovationen und Zukunftsfähigkeit – die Flächen- und Vergabepo- litik oder die Leistungsfähigkeit der digitalen In- frastruktur werden diesem Anspruch jedoch in vielen Fällen nicht gerecht“, kritisiert IHK-Prä- sidentin Dr. Beatrice Kramm. Bei einem Wirt- schaftspolitischen Frühstück der IHK hatte die Juristin zudem den Eindruck vieler Unterneh- mer wiedergegeben, wonach Teile der Politik die Wirtschaft nicht als Partner begriffen, sondern als „notwendiges Übel“. Kramm: „Uns berichten Unternehmer, dass sie lieber in Brandenburg oder anderen Teilen Deutschlands investieren, weil sie das Klima in Berlin als wirtschaftsfeindlich emp- finden.“ Die elf Zukunftsorte in der Hauptstadt sollen dem entgegenwirken. ■ Philipp Bouteiller Geschäftsführer Tegel Projekt GmbH Im Sommer 2021 soll der Startschuss für die „Urban Tech Republic“ auf dem Gelände des Airports Tegel fallen. Es wird das größte zusammenhängende Berliner Industrie- und Gewerbegebiet im Nordwesten der Stadt. Tobias Rühmann, IHK-Ansprechpartner für Industrie Tel.: 030 / 315 10-621 tobias.ruehmann@ berlin.ihk.de FOTOS: CHRISTIAN KIELMANN, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG, DIW 28 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 12 | 2019

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