Berliner Wirtschaft 12/2018

BERLINER WIRTSCHAFT 12/18 60 NEUE UNTERNEHMEN & MÄRKTE TALENTE MUSS MANHALTEN D ie knappste Ressource für Gründer ist nicht mehr Geld – sondern Talent. Während VC- Fonds in Deutschland aus dem Boden sprießen, wird das Talent knapp. Ohne die richtigen Mitarbeiter lässt sich jedoch keine Firma aufbauen und skalieren. Der „War for Talents“ beherrscht viele Gespräche unter Gründern. Damit nähernwir uns in Berlin, München, Köln oder Hamburg den Zuständen, die das Silicon Valley schon lange kennt. Mitar- beiter zu finden wird schwieriger, lang- wieriger und viel teurer. Steigende Wechselbereitschaft Gleichzeitig steigt die Wechselbereit- schaft. Gemäß einer aktuellen Linked- In-Studie liegt die jährliche Wechselbe- reitschaft gerade bei Entwicklern in der Tech-Branche in Deutschland bei mehr als 25 Prozent – ein Unternehmen muss also jedes Jahr für ein Viertel seiner Ent- wickler Ersatz finden. Start-ups konkur- rieren dabei zunehmend mit den Digi- tal-EinheitenvonGroßunternehmenund dem Mittelstand. Auch diese Unter- nehmen versprechen ihren Mitarbei- tern jetzt start-up-ähnliche Arbeits- bedingungen mit flachen Hierarchien und großen Gestaltungsmöglichkeiten. Letztlich konkurrieren alle um diesel- ben Entwickler, Data Scientists, Product Manager, Digital Marketer und Sales-Mit- arbeiter. Hat ein Start-up – oft nach einem langwierigen und teuren Prozess – ei- nen guten Mitarbeiter gefunden, geht es darum, ihn zu halten. Wie schaffen Viele Unternehmen kümmern sich um ihre Kunden, dabei vernachlässigen sie ihre Mitarbeiter. Was man tun kann, um gute Fachkräfte an sich zu binden » Von Jenny Podewils lich kann ein Drei-Monats- und Probe- zeiten-Feedbackgespräch klären, ob die Erwartungen erfüllt werden. Führungskräfte haben maßgeb- lichen Einfluss auf den Erfolg, die Moti- vation und die Zufriedenheit ihrer Mit- arbeiter. Die Auswahl und Entwicklung der Führungskräfte ist daher eine wich- tige Verantwortung der Gründer und Ge- schäftsführer. Dass Führungskräfte den Erfolg ihrer Mitarbeiter maßgeblich be- einflussen, belegt Googles „Project Oxy- gen“. Googles People-Ops-Team ana- lysierte im Rahmen dieses Projekts die Effektivität der Führungskräfte bei Goo- gle und erkannte (wenig überraschend), dass strukturiertes Coaching der Mitar- beiter durch die Führungskraft derwich- tigste Hebel für die Leistungsfähigkeit der Teams ist. es junge Unternehmen, die neuen Mit- arbeiter in ihrer neuen Rolle an Bord zu bringen und sie imUnternehmen zu hal- ten? Als Unternehmer und Produktent- wickler arbeiten wir daran, die Nutzer- erfahrung (oder: „UX”) für unsere Kun- den zu optimieren. Als Arbeitgeber müs- sen wir daran arbeiten, die sogenannte „Employee Experience“ für unsere Mit- arbeiter optimal zu gestalten. Drei Trei- ber prägen diese Employee Experience besonders stark: Onboarding und Pro- bezeit, gute Führungskräfte sowie Feed- back und Weiterentwicklung. Onboarding und Probezeit-Prozesse entscheiden darüber, wie schnell ein Mitarbeiter ins Unternehmen und sei- ne neue Rolle findet. Beide haben einen hohen Einfluss auf die initiale Motivati- on und den Erfolg des Mitarbeiters, wie wissenschaftliche Studien belegen (siehe beispielsweise Merkwitz & Peitz 2007) . Führungskräfte müssen gut sein Zum guten Onboarding gehört es, einem neuen Mitarbeiter schnell einen Über- blick darüber zu geben, wie Kernpro- zesse im Unternehmen funktionie- ren, welche Tools genutzt werden und wer an welcher Stelle welche Aufga- ben übernimmt. Ein Mitarbeiter, der ein gutes Onboarding erhält, kann schnel- ler zeigen, was er kann. Das macht den Start für beide Seiten erfolgreicher. Zu- dem ist es wichtig, dass der neue Mit- arbeiter weiß, was von ihm erwartet wird, und dass er gerade in der Anfangs- phase schnell Feedback erhält. Zusätz- FOTO: GETTY IMAGES/TOM EERNER

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