Berliner Wirtschaft 12/2018

MEINUNG & MACHER 23 BERLINER WIRTSCHAFT 12/18 mit der Fertigung des eigentlichen Produkts. Mit- unter ist das nur ein Einzelstück, maximal wer- den es 5.000. Ihr Firmenname Berliner Glas lässt eigentlich nicht auf Hightech schließen. Das stimmt. Aberwir sind eben ein Traditionsun- ternehmen, das nicht als Hightech-Unternehmen gegründet wurde, sondern als Händler von Fens- terglas. Der Gründer Herbert Kubatz wollte aber fertigen und hat dann in den Sechzigerjahren mit der Produktion von Diapositivgläsern begonnen. Sein Sohn Dr. Herbert Kubatz ist in die Fertigung von optischen Komponenten eingestiegen. Zu- sammen habenwir dann auf dieser Grundlage ein Hightech-Unternehmen daraus geformt. Die Nachfolge von Herrn Dr. Kubatz als Unterneh- menschef sind Sie angetreten. Begonnen haben Sie bei Berliner Glas schon als Werkstudent. Wollten Sie nie etwas anderes machen? Doch, ich wollte eigentlich nur drei Jahre bleiben und mal sehen, wie es anderswo in derWirtschaft aussieht. Aber ich habe gemerkt, wie spannend der Optik-Markt ist und was man im Unterneh- men alles bewegen kann. Es ist natürlich auch faszinierend, ein Unternehmen in einemWachs- tumsmarkt zu führen und auszurichten. Als ich 1991 angefangen habe, lag der Umsatz bei knapp zehn Millionen Euro. Mittlerweile sind es mehr als 200 Millionen. Wir haben unsere Chancen ge- nutzt – und wir wissen, dass noch mehr drin ist. In welcher Hinsicht? Wir können das internationale Geschäft weiter ausbauen. Derzeit liegt unsere Exportquote bei 50 Prozent. Der Schwerpunkt liegt aber noch zu sehr in Europa.Wirwollen uns regional breiter aufstel- len und auch in den USA sowie in einigen asia- tischen Ländern mehr Umsatz machen. In China sind wir bereits mit einer Tochterfirma präsent. Aber Japan und Südkorea sind auch interessant, weil dort die optische und die Display-Indust- rie sitzen. Da unsere Produkte sehr erklärungs- bedürftig sind, brauchen wir vor Ort einen Ver- trieb, Entwickler und einen First-Level-Support. Rechnen Sieweiterhinmit einem starkenWachstum? Ich glaube, dass sich unser Wachstum ab 2020 aufgrund allgemeiner konjunktureller Entwick- lungen abschwächen wird. Aber die Photo- nik-Branche ist grundsätzlich eine Wachstums- branche. ImDurchschnitt ist sie in den vergange- nen zehn Jahren um sechs Prozent gewachsen. Wir haben es also geschafft, überproportional zu wachsen und unserenMarktanteil auszubauen. D er Fachkräftemangel im Pflegebereich klopft immer lauter an unsere Türen. Die betroffenen Unternehmen müssen alle Register ziehen, um die wenigen verfügbaren Fachkräfte zu locken. Einige Pflegedienstleister haben dies bereits erkannt, viele noch nicht. Wer heute immer noch in der Zeitung inseriert, hat irgendwann etwas verpasst. Aber auchAktivitäten auf Facebook reichen für sich ge- nommen nicht, um dem Ziel näher zu kommen. Die Frage der Stun- de lautet: Wie attraktiv stellt sich ein Unterneh- men im Internet dar? Denn jede vakante Fach- kraft schaut zuerst ins Internet, um sich ein Bild vom potenziellen Arbeitgeber zu machen. Und jeder weiß – der erste Eindruck zählt, und den vermittelt heutzutage naturgegeben das Internet. Für einen Unternehmer ist es wichtig, sich hin undwieder neutral von außen zu betrachten. Da ist die Frage gut: Würden Sie sich in Ihrem Unternehmen bewerben, wenn Sie Ihre Web- seiten angeschaut haben? Ein Interessent muss Vertrauen zu einem Unternehmen aufbauen können, und das auf den ersten Klick. Ein pro- bates Mittel sind die Stimmen der eigenen Mit- arbeiter, die das Unternehmen kennen und vom tollenTeam-Spirit erzählen. ImPflegebereich bietet es sich auch an, Pa- tienten oder enge Angehörige in einemVideo als Fürsprecher für gute Leistungen zu Wort kommen zu lassen. Empfehlungen anderer Men- schen schaffen Vertrauen. Storytelling macht es möglich. Wer sein Personalmanagement demografie- und damit zukunftssi- cher aufstellen will, sollte den Dreierhop trainieren und so Anreize für Fachkräfte setzen. Der erste Sprung stellt die Arbeitgeberattraktivität für Bewerber her. Im zweiten Sprung gilt es, die Mitarbeiter zur vollen Leistungsentfaltung zu motivieren. Mit demdritten Sprung ist die Mis- sion erfüllt: die langfristige Bindung von Fachkräften. Wer zwischen- durch umknickt, muss von vorn beginnen – das schlaucht! Wer einmal bei Ebay-Kleinanzeigen „Altenpfleger“ eingibt, fin- det dort über 200 Angebote allein in Berlin. Das Recruiting-Marke- ting steht vor einer immensenAufgabe. Der Konkurrenzkampf um die besten Mitarbeiter spitzt sich immer mehr zu. Wir sind an Ihrer Meinung interessiert. Kontaktaufnahme unter: www.ihk-berlin.de/kompetenzteam Wer Fachkräfte im Pflegebereich finden will, sollte die eigene Attraktivität als Arbeitgeber überprüfen Würden Sie bei sich selbst arbeiten? MITTELSTANDSKOLUMNE CHRISTIANE PÄTZOLD Christiane Pätzold ist Mitglied im Kompetenzteam Mittelstand und Geschäftsführerin der Strategia GmbH. FOTO: IHK BERLIN/AMIN AKHTAR

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