Berliner Wirtschaft 12/2018
BERLINER WIRTSCHAFT 12/18 22 MEINUNG & MACHER durch immer mehr Speicherchips und Displays benötigt werden. Zunehmend wollen unsere Kunden von uns Lösungen, die Daten ausgeben –wie zumBeispiel die Temperatur, die Dauer der Nutzung oder Stückzahlen. Und auch wir selbst produzieren immer digitaler. Das Polieren wird immer öfter von einem Computer vorgegeben. Generell bleibt das Schleifen und Polieren aber noch sehr mechanisch. Wenn Sie so wollen: Wir machen viel Hightech noch von Hand. Ist diese Handarbeit Ihre Spezialität? Die Spezialität von Berliner Glas ist die Formge- bung im Umgang mit Materialien wie Glas oder Glaskeramik. Wir bearbeiten und strukturieren die Oberflächen im Bereich von Millionstel Mil- limetern. Dazu nutzen wir klassische Formge- bungsverfahren wie CNC-Technik oder Ätzung und mittlerweile auch Laserstrukturierung. Aber die Formtreue der letzten Nanometer könnenwir nur mit optischenVerfahren, also mit demklassi- schen Schleifen und Polieren, bearbeiten. Haben Sie damit ein Alleinstellungsmerkmal? Ich bin mit dem Begriff Alleinstellung immer et- was vorsichtig.Wir sind sicher eines der ganzwe- nigen Unternehmen weltweit, die das können. Mit Carl Zeiss und Jenoptik habenwir in Deutsch- land zwei Konkurrenten, in den USA gibt es auch noch einen. Aber danach wird es schon eng. Finden Sie für so anspruchsvolle – teils manuelle Ar- beit – noch genug Mitarbeiter? Ja, aber Einstellungen dauern jetzt ein bisschen länger als früher. Ingenieure, Physiker und das kaufmännische Personal suchen und finden wir deutschlandweit. Unser größtes Problem ist, dass hierzulande viel zuwenig Feinoptiker ausgebildet werden. Im Jahr schließen in Deutschland nur et- wa 80 junge Menschen in diesem Berufsfeld ihre Ausbildung ab. Der Bedarf ist aber viel höher, und aufgrund der Digitalisierung steigt er weiter. Die Branche schafft sich mit einer so geringen Aus- bildung eigentlich selbst ab. Können Sie nicht selbst genug Feinoptiker ausbilden? Wir bilden für unsere Größe schon relativviel aus. Pro Jahrgang sind es zehn Feinoptiker. Insgesamt habenwir also bei dreieinhalb Lehrjahren immer rund 35 Feinoptiker bei uns in der Ausbildung. Hinzu kommen auch andere Auszubildende, zum Beispiel Zerspanungs- und Industriemechaniker sowie die Auszubildenden in kaufmännischen Berufen. Damit erreichen wir bei den Fachkräf- ten, die ausbilden können, auch schon die Ka- pazitätsgrenze. Wie viel Wert wir der Ausbildung beimessen, zeigt sich daran, dasswir für diese Ab- teilung gerade ein ganz neues, sehr modernes Ge- bäude errichtet haben. Gibt es andere Chancen, Feinoptiker zu gewinnen? Wir haben das Problem bei den Feinoptikern selbst in die Hand genommen und neben der klassischen Fachausbildung verschiedene Qua- lifikationsmöglichkeiten für Quereinsteiger ge- schaffen. Wir bieten jedem Facharbeiter, der ein Präzisionshandwerk erlernt hat – also Uhrma- cher, Zahntechniker, aber auch Bäckermeister –, ein sechswöchiges Programm an, in dem der Be- ruf Feinoptiker kennengelernt werden kann. Wer Interesse gefunden hat, kann bei uns umsatteln. Dazu habenwir einen zertifizierten Lehrgang zur Fachkraft Optik mit neun praktischen und theo- retischen Modulen in Zusammenarbeit mit dem Bildungsträger BBW und der Agentur für Arbeit aufgesetzt. Können Sie den Bedarf an Arbeitskräften durch Au- tomatisierung senken? Nein, unsere Arbeit ist sehr entwicklungsintensiv. Vom ersten Gespräch mit unserem Kunden – in dem eher grob umrissen wird, welche Funktio- nen benötigt werden undwelche Aufgaben zu lö- sen sind – bis zum Prototypen vergehen oftmals anderthalb bis zwei Jahre. Erst wenn der Proto- typ sich in der Praxis bewährt hat, beginnen wir Andreas Nitze schätzt am Standort Berlin vor allem das immer noch relativ günstige Leben, die Nähe zu den Universitäten und die Attraktivität der Stadt FOTO: AMIN AKHTKAR Andreas Nitze befürchtet einen eklatanten Mangel an Feinoptikern Wir bilden für unsere Größe schon relativ viel aus. Pro Jahr sind es zehn Feinoptiker.
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