Berliner Wirtschaft 12/2018

MEINUNG & MACHER 19 BERLINER WIRTSCHAFT 12/18 Man kann nicht jeden in Arbeit bekommen, aber die elende Vererbung von Langzeitarbeitslosigkeit muss vermieden werden. Es darf nicht passieren, dass Kinder der Langzeitarbeitslosen lernen, dass man nicht arbeiten muss. DETLEF SCHEELE Vorsitzender des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Seit einem Jahr verkündet Scheele nun monatlich den Mangel an Fachkräften – Wachstumshemmnis Nummer eins für die deutsche Wirtschaft. In seinem Im- pulsvortrag vor mehr als 100 Zuhörern aus Wirtschaft und Politik im Ludwig Erhard Haus ging es darum, „langzeitarbeitslose Menschen inArbeit (zu) bringen – von der fürsorglichen Belagerung bis zum sozia- lenArbeitsmarkt“. Und an demBegriff der „fürsorglichen Belagerung“ konnte Schee- le gleich einen wesentlichen Handlungs- ansatz seiner Arbeit erklären: Grundauf- trag ist es, Arbeitnehmer mit Arbeitgebern in Kontakt zu bringen, was mal besser und mal schlechter klappt. Obwohl die Ar- beitsmarktzahlen so gut wie nie sind, hat eine Gruppe bisher kaum etwas vomAuf- schwung: die Langzeitarbeitslosen. Prävention wichtigstes Mittel Wichtigstes Mittel ist nachAuffassung von Scheele die Prävention. Auch bei dieser Gruppe sei „Qualifizierung“ das Schlüssel- wort: Umschulung oder Fortbildung brin- gen oft dieArbeitsfähigkeit zurück. „Küm- mern mit Nachdruck“ sei extremwichtig, meinte Scheele. Man könne nicht jeden in Arbeit bekommen, aber „die elendeVerer- bung von Langzeitarbeitslosigkeit“ müsse vermiedenwerden. Es dürfe nicht passie- ren, dass Kinder der Langzeitarbeitslosen „lernen“, dass man nicht arbeiten muss. Genau da helfe Prävention. „Fürsorgliche Belagerung“ „Fürsorgliche Belagerung“ ist bei der ers- ten Jugendberufsagentur in Hamburg ausprobiert worden. Das bedeutete auch, schonmal nachzufragen, was die Jugend- lichen nach der Schule gemacht haben. „Wirwollen an der Schnittstelle in den Be- ruf noch weniger junge Menschen verlie- ren“. Es sei wichtig, die Jugendlichen ohne Orientierung „an die Hand zu nehmen“. Daher wird die BA auch die Berufsbera- tung an Schulenweiter intensivieren: „Wir wollen in den Oberstufen der Gymnasien verstärkt beraten“, so Scheele. Man müs- se den Blick auf das Berufswahlspektrum verbreitern und zeigen, „dass die duale Ausbildung keine Sackgasse ist“. Die BA wird intensiv in die Beratungskompetenz der Mitarbeiter investieren. Als Warming-up zur Diskussions- runde hatte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder den BA-Chef gefragt, ob er auch ADAC-Chef hättewerden können –wenn man die BA mit einer gut funktionieren- denVerkehrslenkung vergleiche – und ob er sich als „oberster Pannenhelfer“ ver- stehe. Darauf Scheele: „Entweder ist man eine gute Führungskraft oder nicht. Aber ADAC wäre nicht so meine Sache.“ Erster Ferienjob für ein Schlauchboot Womit er selbst denn sein erstes Geld ver- dient habe, wollte Ederweiterwissen. „Mit 15 Jahren hatte ich einen Ferienjob bei Karstadt in der Registratur und habe mir vom ersten Geld ein Schlauchboot ge- kauft“, erinnerte sich Scheele. Zum ver- gnüglichen Abschluss der Veranstaltung berichtete Eder noch von seiner Vorberei- tung auf diesen Termin: Er habe den „Job-Futuromaten“ ausprobiert und „Ju- rist“ eingegeben. Das Ergebnis war er- schreckend: „67 Prozent Ihrer Arbeit könnte schon heute ein Roboter überneh- men“, sagte der Futuromat. Nur gut, dass „HGF“ keine juristische Arbeit ist. Morgentermin: IHK-Vizepräsident Tobias Weber (r.) und Hauptgeschäftsführer Jan Eder (2. v. l.) begrüßen BA-Chef Detlef Scheele (2. v. r.) und Bernd Becking, den Chef der Berliner Arbeitsagentur

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1