Berliner Wirtschaft 12/2018

TITELTHEMA 13 BERLINER WIRTSCHAFT 12/18 Nikolaus Fink, Chef von diemarktplaner. Zehn Märkte betreibt Fink, der über das Thema „Wo- chenmärkte“ sogar seine Diplomarbeit geschrie- ben hat, darunter allein acht in Neukölln. Zum Wochenmarkt am Maybachufer, mit bis zu 180 Händlern einer der größten in der Stadt, kommen freitags mehr als 5.000 Besucher. „Die Größe ist auch ein Aushängeschild. Der Markt fehlt in kaum einem Reiseführer“, freut sich Fink, dem es gegen den allgemeinen Trend gelungen ist, die Zahl der Händler auf seinenMärkten insgesamt zu steigern. Auf anderen Berliner Märkten gehe die Zahl der Händler jedoch teils deutlich zurück, weil es im- mer schwieriger werde, das Geschäft erfolgreich zu betreiben. In Britz-Süd etwa gab es Ende der 90er-Jahre noch mehr als 50 Stände, heute sind es gerademal 20. „Wer in Rente geht, findet oft keinen Nachfolger für das aufwendige Geschäft.“ Denn die Konkurrenz nehme zu, sei es durch längere » da schon schwerer. „Die Zahl der Besucher ist viel unvorhersehbarer geworden“, beobachtet Michael Roden, der nicht nur den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz betreibt, sondern auch als Lan- desvorsitzender des Schaustellerverbandes das Geschehen auf den Festplätzen im Blick hat. Die Konkurrenz nehme zu, vor allem durch die Elekt- ronik. „Heute fahren die Kids mit der 3D-Brille im Bett Achterbahn.“ Große Volksfeste finden anderswo statt Die Statistik gibt ihm recht. Interessierten sich im Jahr 2014 noch gut 18,4 Millionen Menschen in Deutschland für den Besuch großer Volksfeste, waren es 2018 nur noch 16,7 Millionen, errechne- te das Institut für DemoskopieAllensbach. Und für die ist Berlin – ausnahmsweise einmal nicht – der Nabel der Welt. In den Top 15 von 2017 kommt die Hauptstadt gar nicht vor. Die vorderen Plätze be- legten das Oktoberfest in München (6,2 Mio.), der Cannstadter Wasen in Stuttgart (4,1 Mio.) und der Freimarkt in Bremen (3,8 Mio.). KeinWunder, dass die BerlinerVeranstalter um attraktive Fahrgeschäfte buhlen müssen, die das überwiegend junge Publikum begeistern. Denn trotz Elektronikbooms stellen Jugendliche und jun- ge Erwachsene immer noch das Gros der Besucher auf Volksfesten, wie die BAT Stiftung für Zukunfts- fragen herausfand. Und die sind anspruchsvoll. „Der Doppel-Looping reicht nicht mehr. Immer höher, schneller, größer, dahin geht der Trend“, weiß Michael Roden. Beim Berliner Frühlingsfest etwa schickt der VMAXX die Besucher mit 100 Ki- lometern pro Stunde durch die Lüfte, die XXLKra- ke wirbelt sie im Dreifach-Dreh auf und ab. Erfolgreiche Marktmacher wissen auch, wann sie die Notbremse ziehen müssen – wenn etwa einzelne Händler nicht mehr genug Umsatz ma- chen, sei es, weil Preise oder Qualität nicht mehr stimmen. Oder wenn sich das Konzept einer Ver- anstaltung schlicht überholt hat. Nach gut 50 Jah- ren kamdeshalb zumBeispiel 2017 das Aus für das Deutsch-FranzösischeVolksfest auf demZentralen Festplatz. „Das war eine tolle Tradition, aber mit einem deutsch-französischen Freundschaftsfest können junge Menschen gar nichts mehr anfan- gen“, sagt Roden, dessen Schaustellerverband im- merweniger Besucher zählte und deshalb seit ver- gangenem Jahr am selben Ort das Berliner Früh- lingsfest organisiert. Zu den erfahrenen und leidenschaftli- chen Marktmachern der Hauptstadt gehört auch FOTO: CHRISTIAN KIELMANN diemarktplaner Nikolaus Fink, Inhaber Zehn Märkte betreibt Fink. Er hat über das Thema schon seine Diplomarbeit geschrieben. Vom Firmensitz in Neukölln aus wird zum Beispiel der Wochenmarkt am Maybachufer betreut – mit 180 Händlern einer der größten der Stadt. Der Trend geht zur Kulinarisierung.

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