Berliner Wirtschaft 11/2020

Die Nachfolge ist für viele Unternehmer mit Ängsten verbunden, etwa der Sorge vor Bedeutungsverlust. Sich mit dem Thema zu beschäftigen, ist sinnvoller, als es zu verdrängen. Die IHK bietet dazu Beratung an von Jana Pintz Es ist schwierig loszulassen FOTO: GETTY IMAGES/WESTEND61 Wenn jemand sein Unternehmen übergeben will, ringt er meist nicht nur um einen guten Vertrag, sondern auch mit seinen Ängsten E in Unternehmen erfolgreich zu gründen, zu entwickeln und schließlich rechtzei- tig in neue Hände zu übergeben, klingt auf der rationalen Ebene nach einer logi- schen Abfolge. Warum aber fällt es vielen Unter- nehmern schwer, diesen natürlichen Ablauf zu akzeptieren? Solch einen Zyklus gibt es in vielen Bereichen des Lebens, wenn beispielsweise die Kinder beginnen, ihre eigenen Wege zu gehen. Sie festzuhalten, wäre folgenschwer, geradezu verantwortungslos. Unternehmer haben viel Herzblut, schlaflose Nächte und sehr viel Zeit dem eigenen Lebens- werk gewidmet. Zu akzeptieren, dass es an der Zeit ist loszulassen, fällt vielen schwer. Dahinter stehenmenschliche Ängste und Sorgen. Die Angst, an Bedeutung, Macht und Einfluss zu verlieren und ins gesellschaftliche Abseits zu gelangen, keine Einladungen mehr zu unternehmerischen Anlässen zu erhalten, gehört dazu. Ebenso wie die Sorge vor finanziellen Einbußen, denn ohne das Unternehmen fehlt das regelmäßige Einkom- men. Letztendlich bleibt auch die Frage, was mit der frei werdenden Zeit anzufangen ist. Das Loslassen ist demnach ein schwieriges Unterfangen, das mit betriebswirtschaftlichen Kompetenzen nicht gelöst werden kann. Hier sind andere Kompetenzen gefragt. Dazu zählt zunächst die Bereitschaft, sich diesemTabu-Thema zu stel- len: „Eine bewusste Auseinandersetzung mit ver- trauensvollen Sparringspartnern, aber auch der Austauschmit gleichgesinnten Unternehmern ist Erfolg versprechend“, sagt Wolf Wilder, Nachfol- gebegleiter, und betont, dass es Zeit, Ruhe und Abstand vom eigenen Arbeitsumfeld brauche, um sich Gedanken über eine neue Schaffensperspek- tive nach der Übergabe machen zu können. „Dazu muss ich aber wissen, was mich als Mensch hin- ter demUnternehmen ausmacht. Was sindmeine Grundmotivationen, und wie kann ich diese in der Zeit nach der Übergabe leben“, so der Experte. Er hat den Prozess der Nachfolge selbst durch- lebt. Je nach Identifikation mit dem eigenen Unternehmen fällt die Schlüsselübergabe ent- sprechend schwer. Auch Vertrauen in den Nach- folger ist wichtig, um loszulassen. Diese emoti- onalen Aspekte gilt es zu berücksichtigen, um Nachfolgeprozesse nicht scheitern zu lassen. Der ausschließliche Fokus auf rechtliche, steuerliche, strategische Schritte kann schnell in die Sack- gasse führen. Die IHK bietet zu diesem Thema einenWebimpuls an, weitere Informationen gibt es unter dem nebenstehenden Link. ■ Jana Pintz, IHK-Expertin für Unter- nehmensnachfolge Tel.: 030 / 315 10-582 jana.pintz@berlin.ihk.de Anmeldung Webimpuls „In sechs Schritten zur Nachfolge“ am 19. November: events. ihk-berlin.de/insechs- schrittenzurnachfolge SERVICE | Unternehmensnachfolge 62 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 11 | 2020

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