Berliner Wirtschaft 11/2020
durchaus fünf bis zehn Tage stillstehen“, warnt Markus Willems, der auch Mitglied des Fachaus- schusses Innovation&Technologie der IHK Berlin ist. In seiner Studie „Wirtschaftsschutz in der digi- talenWelt“ bezifferte der Digitalverband Bitkom den im Jahr 2019 entstandenen wirtschaftlichen Gesamtschaden auf knapp 103 Mrd. Euro. Die größten Kostenblöcke sind dabei Ermittlungen, Ersatzmaßnahmen, Rechtsstreitigkeiten, Patent- rechtsverletzungen sowie der Ausfall von Infor- mations- und Produktionssystemen. Das wollen die IT-Verantwortlichen nicht einfach hinneh- men. Die Nachfrage nach Penetrationstests nehme deutlich zu, beobachtet IT-Experte Willems. Einerseits fordere die Datenschutz-Grundverord- nung (DSGVO) aktive Sicherheitstests, anderer- seits wollen sich laut Willems die Unternehmen aktiv schützen, um einemungewollten Datenabfluss vorzubeugen. Für Kerstin Ehrig-Wettstaedt steht denn auch fest: „IT-Sicherheit muss Chefsache sein.“ Im Alltag macht die Geschäftsführerin des Berliner Sys- temhauses Ehrig GmbH allerdings ganz andere Erfahrungen. „Informa- tionssicherheit ist wegen des finanzi- ellen und zeitlichen Aufwandes kei- nesfalls das Lieblingsthema der Unter- nehmer undwird eher als notwendiges Übel gesehen.“ Dank aktueller Ent- wicklungen rund um Digitalisierung und Zunahme des Homeoffice müsse die Notwendigkeit, seine IT-Infra- struktur gut zu schützen, aber noch stärker in den Fokus rücken. Hilfreich findet die Betriebswirtin, dass der Bund im Rahmen des 2020 gestarteten, mit gut 200 Mio. Euro dotierten Programms „Digital jetzt“ unter anderem IT-Sicherheitsschu- lungen im Mittelstand fördert. „Die beste Sicherheitstechnik hilft nichts, wenn die Mitarbeiter nicht ausreichend qualifiziert sind.“ Ständige Schulungen im eigenen Unternehmen seien uner- lässlich. Das von November an neu- aufgelegte landespolitische Förder- programm „Digitalprämie“ kann hier zusätzlich für notwendige Anreize sor- gen. Regelmäßig schickt auch Kerstin Ehrig-Wettstaedt ihre Kollegen zuWei- terbildungen, sei es zum IT-Sicher- heitsbeauftragten (IHK) oder zum Certified Security Consultant, damit die Kunden sicher beraten werden können. Web-Seminare, die ihr Unternehmen Kunden anbietet, absolvie- ren die Mitarbeiter auch intern. Jüngst wurde Ehrig zudem Teilnehmer bei der „Allianz für Cybersicherheit“ des Bundes- amts für Sicherheit in der Informationstechnik, um bei aktuellen Themen gut informiert zu sein. Und wer das stille Örtchen im Berliner System- haus besucht, nimmt immer einen guten Tippmit. Auf die Innenseiten der Toiletten lässt die Chefin von gut 70 Mitarbeitern alle zwei Monate einen neuen Security-Hinweis anbringen, etwa wie man sichere Passwörter erstellt oder dass man keinesfalls Details von der Arbeit in den sozia- len Medien posten solle. Dann könnten solche Fälle verhindert werden: Ein Mitarbeiter lässt Markus Willems Wibocon Unterneh- mensberatung GmbH Die Experten der Wibocon legen Schwachstellen in IT-Systemen offen und geben abge- stufte Handlungs- empfehlungen. Sogenannte Pene- trationstests laufen idealerweise vor einer Attacke auf die IT eines Unter- nehmens. FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 22 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 11 | 2020
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