Berliner Wirtschaft 11/2020

dann müssen diese erst mal erwirtschaftet wer- den. Und das ist auch der Kern: Wir brauchen eine wirtschaftsfreundliche Politik in Berlin.“ Fünf Bausteine sind der Ministerin gerade auch im Wahlkampf wichtig: gute Arbeit und eine starke Wirtschaft, Bildung und Wissen- schaft, Sicherheit und Ordnung, ein funktionie- render ÖPNV, mehr Wohnungsbau und bezahl- bare Mieten. Da hakte Jan Eder ein: „Die Mieten- politik und die Angst vor Enteignungen bewegen viele Berliner.“ Moderator und Gast waren sich einig, dass Hamburg in Sachen kooperativer Woh- nungsbau und einer verpflichtenden Zahl von Baugenehmigungen einen vielversprechende- ren Weg für mehr bezahlbaren Wohnraum geht. Giffey berichtete, dass sie, wenn sie im Bun- desgebiet unterwegs sei, gefragt werde: „Kann man in Berlin noch investieren?“ Tatsächlich gehe die Angst vor Enteignungen um. Da müsse man positive Signale senden: „Wir wollen eine Stadt, in der sich alle die Innenstadt leisten kön- nen. Investoren sind grundsätzlich was Gutes für die Stadt. So werden wir die Tesla-Region! Das ist wie VW für Wolfsburg.“ Manmüsse auf die soziale Durchmischung bei Stadtquartieren achten, Part- nerschaften zwischen städtischen wie privaten Wohnungs- und Baugesellschaften fördern und das Level des Wohnungsneubaus erhöhen. Viel- leicht sei ein runder Tisch dazu nach Hamburger Vorbild auch für Berlin eine gute Sache. Auf jeden Fall will sich Giffey für eine besser funktionierende Verwaltung einsetzen. „Berlin ist sehr attraktiv. Berlin hat Anziehungskraft überall auf der Welt. Aber wir müssen dafür sorgen, dass diese Stadt funktioniert.“ In demZusammenhang sei die Bezahlung für gute Verwaltungsfachkräfte in Berlin ein altbekanntes Problem, sodass die „besseren Verdienstmöglichkeiten beim Bund“ Bewerber oder Angestellte einfach weglockten. Gegen Ende der Veranstaltung erinnerte auch Eder an den Besuch imMai 2019: „Als unser Gast im letzten Jahr, liebe Frau Dr. Giffey, haben Sie es auf Anhieb unter die Top drei unseres virtuellen ‚IHK-Applausometers‘ geschafft. Ein Vergleichmit heute wäre natürlich sehr spannend, aber ohne Live-Publikum bekommen wir das nicht hin.“ Aber, so Eder weiter, „da Sie aktuell mit sehr guten Chancen Ende des Monats für den Landesvorsitz der SPD in Doppelspitze mit Raed Saleh kandi- dieren, ist das ja auch erfreulich für Sie. Und viel- leicht ist das hier und heute ein Zwischenstopp der Bundesfamilienministerin auf demWeg zur Regierenden Bürgermeisterin von Berlin.“ ■ FOTOS: AMIN AKHTAR Arbeitnehmer sich darüber verständigen müss- ten. „Das letzte Wort soll schon der Arbeitgeber haben“, formulierte die Ministerin klar. Aber man könnte flexibler damit umgehen als bisher. „Für viele Firmen zeigte sich sogar eine Kosten- ersparnis, weil Dienstreisen gegen Online-Mee- tings getauscht wurden.“ „Aus Sicht der ehemaligen Neuköllner Bezirksbürgermeisterin und jetzigen Bundes- politikerin: Wie haben Sie die Hilfsangebote der Berliner Politik in den Wochen des Lockdowns erlebt?“, fragte Eder. Giffey fand, wie sie sagte, die kurzfristigen Hilfen für Solo-Selbstständige gut. Viele Menschen hätten ihr bestätigt, dass ihr Geschäft dadurch gerettet wurde und sie für die schnelle Hilfe aus Berlin dankbar waren. Aber anfangs sei der Berliner Mittelstandmit Betrieben von zehn bis 200Mitarbeitern zu kurz gekommen, obwohl er das Rückgrat der Berliner Wirtschaft sei. „Wenn wir Gelder sozial ausreichen wollen, Dr. Beatrice Kramm IHK-Präsidentin Gerade jetzt in der Krise muss man strukturelle Heraus- forderungen angehen. Corona-Bedingungen: das Ludwig Erhard Haus als Fernsehstudio Dr. Beatrice Kramm hob die Wichtigkeit von Giffeys Arbeitsgebiet hervor AGENDA | Digitales Wirtschaftsgespräch 12 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 11 | 2020

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