Berliner Wirtschaft 11/2019

„Online lernen wir unsere Kunden besser kennen“ Outfittery-Chefin Julia Bösch will mit dem Internetshop für Männermode eine persönliche Bindung zum Verbraucher aufbauen, wie sie bisher nur in kleinen inhabergeführten Boutiquen möglich war von Michael Gneuss D ie Erfolgsaussichten im Einzelhandel mit Bekleidung sind umso größer, je besser die Anbieter ihre Kunden kennen. Das jeden- falls meint Julia Bösch, Mitgründerin und Geschäftsführerin von Outfittery. Als Kernkompe- tenz ihres Portals bezeichnet sie daher die Persona- lisierung mithilfe geschickter Datenanalysen. Berliner Wirtschaft: In Ihrer Firmenzentrale in Kreuzberg betreiben Sie im vierten Stock einen Showroom. Brauchen Sie den als Online-Anbieter, der immerhin 80 Millionen Euro im Jahr umsetzt? Julia Bösch: Es gibt tatsächlich viele Kunden, die aus Neugier mal einen persönlichen Kontakt zu Outfit- tery haben möchten. Bei uns erfolgt die Kommuni- kation zu den Nutzern ja über Stylisten, und einige Kunden möchten wissen, ob es die Berater auch wirklich gibt. Hier am Leuschnerdamm können wir zeigen: Ja, es gibt sie wirklich. Wie viele Kunden nutzen diesen Showroom? Wir haben jedeWoche einige hier. Die Kunden lassen sich die von unseren Stylisten ausgewählten Outfits dann nicht nach Hause schicken, sondern probieren sie hier bei uns an. Wir nutzen den Showroom aber auch für Schulungen unserer Stylisten. Es ist für uns ganz wichtig, dass unsere Stilberater alle Teile der neuen Kollektionen ganz genau kennen. Planen Sie Showrooms auch in anderen Städten? Das ist definitiv sehr spannend für uns, weil es einen zusätzlichen Weg darstellt, über den Kunden uns kennenlernen können. Wir haben in der Vergan- genheit auch schon Erfahrungenmit Pop-up-Stores, zumBeispiel imHamburger Flughafen, gemacht. Das ist immer sehr gut angenommen worden. Klar ist für uns aber: Es sind keine Stores im eigentlichen Sinne. Was heißt das? Wir werden keine riesigen Flächen anmieten, um dort das komplette Sortiment aus- zustellen. Es geht uns darum, dass der Kunde eine weitere Möglichkeit bekommt, mit uns zu interagieren. Wir brin- gen also eher die Auswahl aus demOnline-Shop zur Anprobe in den Store. Weitere Erfahrun- gen damit zu sammeln, wird bei uns in den kommenden Monaten aber nicht die höchste Priorität haben. Große stationäre Einzelhänd- ler wie Karstadt interessie- ren sich auch für das Curated Shopping im Internet. Wäre es für Sie dann nicht wichtig, im Gegenzug in den stationären Handel vorzudringen? Ich wundere mich immer ein bisschen darüber, wenn noch so stark zwischen statio- Links: Julia Bösch ist seit dem Abschied von Mitgründerin Anna Alex im Jahr 2018 alleinige Geschäftsführerin Unten: Eine Out- fittery-Box, in der Outfits an Kunden geschickt werden » FOTOS: AMIN AKTHAR SCHWERPUNKT | Interview 31 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 11 | 2019

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