Berliner Wirtschaft 11/2018

UNTERNEHMEN & MÄRKTE 51 BERLINER WIRTSCHAFT 11/18 Britzer Gradestraße wie der in der Mül- lerstraße zum Busbahnhof wurde. Das Britzer Bahnhofsgelände ist von Werks- wohnungen umgeben, der Straßen- name „Am Straßenbahnhof“ deutet auf die frühere Nutzung. Die Umwid- mung zu Busbahnhöfen war der Stillle- gung der Straßenbahnen imWestteil der Stadt zu danken, die den Akzent auf den U-Bahn-Ausbau setzte. Häuser für Straßenbahnen Der Architekt Jean Krämer hatte großen Anteil an einer frühen smarten Mobilität: Er baute den Ampelturm am Potsdamer Platz und Ensembles um den Tram-Verkehr » Von Prof. Dr. Klaus Dettmer (BBWA) Ampelturm am Potsdamer Platz – seit 2000 steht dort eine Nachbildung Z u den – zu Unrecht – un- bekannten Architekten und Schülern des Ausnahme-Bau- meisters Peter Behrens zählt Jean Krämer (1886–1943). Dabei prägen seine Bauten bis heute unser Bild von der alten Mitte Berlins. 1924 baute Krä- mer den ersten Ampelturm am Potsda- mer Platz. Dieses Verkehrszeichen wur- de Teil des kollektiven Gedächtnisses der Stadt, weshalb seit dem Jahr 2000 ein Nachbau die Kreuzung ziert. Krämers anderes Spezialgebiet wa- ren Hallen für Straßenbahnen. Es war üblich, etwa für die AEG und die Hoch- und Untergrundbahngesellschaft Starar- chitekten wie Peter Behrens und Alfred Grenander zu engagieren, damit deren Entwürfe den Stempel der Unverwech- selbarkeit tragen. Genauso übertrug die Berliner Straßenbahn GmbH Krämer die Aufgabe, Betriebsbahnhöfe neuer Di- mension für die „Elektrischen“ zu ent- werfen. Die Umstellung der Straßenbahnen vomPferdebetrieb auf Elektroantrieb er- folgte zwischen 1898 und 1914. 1911 be- dienten 2.000 Zugmaschinen ein Stre- ckennetz von 113 Linien. Untergestellt waren sie in 21 Bahnhöfen, die War- tung erfolgte in zwei Werkstattbahn- höfen. Krämer war Büroleiter bei Peter Behrens und baute danach 1918/1919 die Norddeutsche Kühlerfabrik in der Ober- landstraße im Stil der Neuen Sachlichkeit. Dunkler Hart- klinker wurde zur Grund- ausstattung jedes seiner Bauwerke. Mit Otto Salvisberg er- richtete er die erste Stra- ßenbahnstadt an der Köni- gin-Elisabeth-Straße, wobei die Innenhoffläche von ei- ner riesigen Halle mit mehr als vierzehn Einfahrten für die Straßen- bahnen ausgefüllt wurde. In schneller Folge entstanden das Ensem- ble von Betriebshof, Verwaltungsbauten und Wohnungen in der Müllerstraße – Hallenlänge: 124 Meter, Kapazität: 320 Wagen –, der Betriebshof Wiebestraße mit drei Hallen à sechs Stra- ßenbahneinfahrten (heute die Classic Remise), die Repara- turwerkstätten in der Badstra- ße mit den strukturierenden Zierbändern aus Hartklinkern und das Depot in Tempelhof an der Kaiserin-Augusta-Stra- ße mit seinem geschwunge- nen Hallendach. Der Betriebshof in der Pankower Dietzgenstraße funktioniert bis heute, während der Bahnhof in der UNTERNEHMENSHISTORIE FOTOS: BBWA Unbekannt, aber prägend: Jean Krämer Für Interessierte geöffnet Das Berlin-Brandenburgische Wirtschaftsar- chiv (BBWA) ist eine Forschungseinrichtung für regionale Wirtschaftsgeschichte und Industriekultur. Bestände können eingesehen werden. Kontakt und Info: www.bb-wa.de BBWA

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1