Berliner Wirtschaft 11/2018

MEINUNG & MACHER 21 BERLINER WIRTSCHAFT 11/18 N och zu wenig Unternehmer wissen, was die Bürgschaftsbank Berlin ge- nau macht und wer davon profi- tieren kann, das jedenfalls glauben Steffen Hartung und Peter Straub, die Geschäfts- führer der Förderbank. Sie wollen sich stärker in der Stadt vernetzen und mehr Lösungen für den Berliner Mittelstand anbieten. Berliner Wirtschaft: Was können Sie mit der Bürg- schaftsbank Berliner Unternehmern bieten? Peter Straub: Das klassische Modell ist schnell er- klärt: Unternehmer, die beispielsweise eine In- vestition finanzierenwollen, wenden sich an ihre Hausbank, und die stellt Fragen nach den Sicher- heiten und nach dem Eigenkapital. Wenn es da- bei Probleme gibt, können die Banken sich an die Bürgschaftsbank wenden, und wir können dann mit einer Bürgschaft oder mit Eigenkapital hel- fen. Bei Letzterem arbeiten wir mit der Mittel- ständischen Beteiligungsgesellschaft zusammen. Also sind es nur Banken, die auf Sie zukommen? Steffen Hartung: So ist es bisher in der Regel. Die Hausbanken legen uns die Themen in Form ei- nes Antrags vor. Wir sind aber so aufgestellt, dass Unternehmen uns auch direkt ansprechen kön- nen, ab April auch über eine digitale Plattform. Wir führen gerade eine Transformation unseres Geschäftsmodells in diese Richtung durch. WelchenVorteil hat der Unternehmer, wenn er direkt auf Sie zukommt? Straub: Unser Vorteil ist, dass wir neben Fremd- auch Eigenkapital bieten. Grundsätzlich sind wir immer dann der richtige Ansprechpartner, wenn Firmen den Banken keine ausreichenden Si- cherheiten oder zu wenig Eigenkapital vorwei- sen können. Über uns bekommt selbst ein Un- ternehmer, der bereits von Banken abgewiesen wurde, zumGroßteil eine zweite Chance. Banken stehen ja unter Kostendruck, sie standardisieren und automatisieren die Kreditentscheidungen. Es gibt immerwieder Finanzierungsgesuche, die auf Basis der Standards der Institute abgelehnt wer- den, die mithilfe unserer Bürgschaften aber den- noch eine Umsetzung erfahren. Hartung: Unternehmer können sich die Bürg- schaftsbank folgendermaßen vorstellen: Wir sind eine Maßschneiderei für Finanzierungen. Wir beurteilen die Anliegen sozusagen noch manu- ell und können deshalb gute von schlechten Vor- haben besser unterscheiden. Unsere Motivation ergibt sich aus dem Förderauftrag, den uns un- sere Gesellschafter erteilt haben. Wir sind nicht gewinnorientiert. Uns reicht ein ausgegliche- nes Ergebnis. Dieses Modell können wir natür- lich nur aufrechterhalten, weil wir eine Unterstüt- zung vom Land Berlin und vomBund in Form ei- ner Rückbürgschaft erhalten. Ist Ihr Förderauftrag näher spezifiziert? Straub: Eigentlich nicht. Es gibt keine Branchen- ausschlüsse. Unsere Schwerpunkte ergeben sich daraus, dass Banken bestimmte Vorhaben nicht gern finanzieren. In der Regel ist das der Fall, wenn der Wert einer Investition schwer zu grei- fen ist – bei Investitionen im IT-Bereich zum Beispiel. Auch Spezialimmobilien landen oft bei uns. Undwenn Firmen zur Nachfinanzierung ge- zwungen sind, stößt das bei Banken ebenfalls auf große Skepsis. Ein Ziel ist zudemdie Finanzierung von Unternehmern mit Migrationshintergrund. Finanzieren Sie auch selbst oder helfen Sie nur mit Bürgschaften? Straub: Direkte Finanzierungen von der Bürg- schaftsbank gibt es noch nicht. Das kann sich aber ändern. Wir erarbeiten gerade mit dem Se- nat neue Instrumente. Wir wissen genau, wo der Schuh in der BerlinerWirtschaft drückt, und kön- nen daher sehr präzise dort ansetzen, wo Firmen Unterstützung brauchen. Eines Tages gibt es also vielleicht auch Kredite von der Bürgschaftsbank, aber nie in Konkurrenz zu den Banken. Wo drückt denn der Schuh in der BerlinerWirtschaft? Hartung: Momentan drückt er wenig. Die Kon- junktur kennt ja seit 2008 nur noch eine Richtung. Aber darin sehe ich auch ein Problem: Die Un- Die Bürgschaftsbank Berlin hat mit Steffen Hartung und Peter Straub seit rund einem Jahr eine Doppelspitze. Sie wollen das Institut bekannter machen und mehr Firmen bei der Finanzierung helfen » Von Michael Gneuss „ Wir sind eine Maßschneiderei für Finanzierungen“ FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Peter Straub will das Leistungsport- folio der Bürgschafts- bank ausbauen Direkte Finan- zierungen der Bürgschafts- bank gibt es noch nicht. Das kann sich aber ändern. INTERVIEW DES MONATS

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