Berliner Wirtschaft 11/2018

BERLINER WIRTSCHAFT 11/18 12 TITELTHEMA FOTO: CHRISTIAN KIELMANN bens“, erzählt die Hotelfachfrau und Betriebswirt- schaftlerin. „Aber übernehmen wollte ich sie ei- gentlich nicht. Während meines Studiums und in meinen ersten Berufsjahren imOnline-Marketing habe ich aber natürlich immer wieder mit mei- ner Mutter über geschäftliche Themen gespro- chen. So bin ich langsammental immer mehr ins Unternehmen hineingewachsen. Dazu kam, dass ich nicht auf Dauer nur amComputer sitzenwoll- te. So entwickelte sich der Gedanke, das Geschäft zu übernehmen.“ 2012 stieg Julia Pascalin in das Unternehmen ein. „Wir ergänzen uns hervorragend“, betont Mut- ter Isolde Becker. „Marketing, betriebswirtschaftli- che Analysen, die Präsentation des Unternehmens und die Kundenansprache zum Beispiel über So- cial Media, das sind die Stärken meiner Tochter.“ Sie selbst steuert als Textilexpertin Wissen über Stoffe, Schnitte und das Wissen bei, welche Pass- form einer Frau steht. Grabenkämpfe, wie es sie in vielen Mutter-Tochter-Beziehungen gibt, kennt das Unternehmerinnen-Gespann nicht. Seit 2018 ist Julia Pascalin als Geschäftsführerin im Han- delsregister eingetragen: „Unsere Nachfolge läuft vollkommen problemlos. Begonnen hat für uns alles mit dem Besuch des ‚Sprechtages Unterneh- mensnachfolge‘ der IHK. Danach haben wir uns von einer Rechtsanwältin beraten lassen, und wir werden über die ganze Zeit von unserem Steuer- berater begleitet.“ Ihr Fazit: „Unsere Rahmenbe- dingungen sind optimal: Meine Mutterwill loslas- sen, und ich will einsteigen. In drei Jahren über- nehme ich dann komplett das Ruder.“ Die zukünftige Rechtsform noch mal prüfen Wie wichtig der Faktor Zeit ist, betont Rechtsan- wältin Stephanie Metzger: „Wenn man sich mit dem Gedanken der Übergabe beschäftigt, ist da- mit ein kompletter Unternehmens-Checkverbun- den. Das geht nicht von heute auf morgen. Man er- kennt Stärken und Schwächen, die jeder Unter- nehmer auch noch für den eigenen Erfolg nutzen kann, selbst wenn die Nachfolge noch nicht in der entscheidenden Umsetzungsphase ist.“ Als Juris- tin weiß Metzger, wie wichtig es ist, die Rechts- form des Unternehmens zu überprüfen: „Manch- mal kann eine andere Unternehmensform, z. B. eine GmbH oder eine andere Kapitalgesellschaft, die bessere Wahl sein. Bei einer Übernahme tritt dann eine echte Rechtsnachfolge ein, das heißt, alle Verträge werden mit übernommen und müs- sen nicht neu verhandelt werden.“ Boutique extraweit Berlin Julia Pascalin, Geschäftsführerin (l.), und Isolde Becker, Gründerin Vor 25 Jahren eröffnete Isolde Becker die Boutique für große Größen. Tochter Julia Pascalin ist gelernte Hotelfachfrau und Betriebswirtschaftlerin. Der Einstieg ins Geschäft der Mutter erfolgte 2012, sechs Jahre später der Wechsel in der Geschäftsführung. gelung der Nachfolge ist eine unerlässliche Maß- nahme zur Sicherung eines Betriebs. Es entkop- pelt das Unternehmen und dessen Arbeitsplätze vom Schicksal des Inhabers“, so Wassermann. Als erste Anlaufstelle für Unternehmen, die sich mit dem Gedanken der Nachfolge beschäf- tigen, versteht sich die IHK. „Wir beraten in Ein- zelgesprächen, aber auch inVeranstaltungen über die Vorgehensweise undwichtige Entscheidungs- felder für den Übergeber und den Nachfolger. Au- ßerdem vermitteln wir kompetente Sachverstän- dige für die Ermittlung des Unternehmenswertes“, so Bettina Schoenau, IHK-BereichsleiterinWeiter- bildung und Unternehmenssicherung. Sanfter Übergang zwischen Generationen Eine vorbildliche Nachfolge absolviert die „Bou- tique extraweit Berlin“. Julia Pascalin übernimmt das seit 25 Jahren bestehende Geschäft für Mode in großen Größen von ihrer Mutter Isolde Becker. „Die Boutique war auch immer Teil meines Le-

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