Berliner Wirtschaft 10/2020

O b Zoom, Microsoft Teams oder Google Meet: Ohne Videokonferenzenwärenwir in den vergangenenMonaten imHomeof- fice aufgeschmissen gewesen. Auch künftig spricht viel für die Nutzung von digita- len Konferenzräumen: Sie ermöglichen nicht nur eine Zusammenarbeit über größere Entfernungen, sondern sparen auch Zeit und Geld. Gleichzeitig ergeben sich dadurch zahlreiche Herausforderun- gen – insbesondere für junge Gründer, die auf der Suche nach Förderern und Investoren überzeugen müssen. Auch in Corona-Zeiten gilt: Jede Idee ist nur so gut, wie sie verkauft wird. Damit Gründe- rinnen und Gründer auch online das Beste her- ausholen, kommt es auf eine gute Mischung aus Schauplatz, Auftreten und Geschichte an. Ein digitaler Pitch benötigt zunächst einmal eine funktionierende Technik. Um eine stabile Internetverbindung sicherzustellen, muss das WLAN frei von anderen Internet-Saugern wie Smartphones oder Spielekonsolen sein und zuvor in Verbindung mit der Konferenzplattform getes- tet werden. Im zweiten Schritt sollten sich Gründer mit den Funktionsweisen des entsprechenden Prä- sentationstools vertraut machen, um im Notfall schnell auf Störungen reagieren zu können. Für den Fall, dass die Verbindung trotz aller Vor- bereitungen abreißen sollte, empfiehlt es sich außerdem, sofern die Situation es zulässt, einen Backup-Speaker einzuplanen, der im Notfall einspringen kann. Es gibt nichts Nervigeres als Tonhänger, die Sprecher und Publikum aus dem Gesprächsfluss reißen. Den Raum nutzen – auch digital Die Corona-Hochphase hat auch gezeigt, dass Videocalls einen enormen Energieeinsatz erfor- dern. Mit „Zoom-Fatigue“ gibt es auch schon einen Fachbegriff, der die Ermüdung beschreibt, die durch die Teilnahme an Videokonferenzen erfolgt. Der Grund: Die Präsentation findet die ganze Zeit auf dem Rechner statt, während das Umfeld viel Ablenkung bietet. Es ist anstrengend, aufmerk- sam und konzentriert zu bleiben. Da das Auge gezielt nach Bewegung und Impulsen sucht, ist ein minimalistischer Hintergrund also Pflicht. Dieser kann vereinzelt mit Elementen ergänzt werden, die im Laufe des Vortrags interaktiv einbezogen werden. Aber: Der Sprecher sollte imFokus stehen und nichts im Hintergrund von ihm ablenken. Im Idealfall stellen Gründer ihren Laptop so hin, dass sie sich im Raum bewegen und zeigen können. Eine Kamera, die per Stativ auf Brust- höhe platziert wird, ermöglicht den Sprechern große Gesten. Auf diese Weise kann sich der Pitch von der gewohnten Onlinemeeting-Situa- tion abheben. Erst wenn die innere Haltung nach außen transportiert wird, erzielt der Pitch auch nachhaltig Wirkung – ein Leitspruch, auf den es im digitalen Kontext noch viel mehr ankommt. Wichtig sind außerdemBluetooth-Kopfhörer, eine Fernbedienung und ein großer Monitor, auf demdie Reaktionen der Zuhörer wahrgenommen werden können. Denn der Sichtkontakt zumPub- likum ist für eine zuhörerfokussierte Kommu- nikation unabdingbar. Genauso muss während des Vortrags nicht nur das Pitch-Deck, sondern auch der Sprecher in einem kleinen Videofenster zu sehen sein – allerdings nur für das Publikum, der Redner sollte sein eigenes Video abkleben, um den Fokus auf den Pitch zu wahren. Die Geschichte bestimmt den Erfolg Das Pitch-Deck sollte während einer Video-Prä- sentation sehr viel schlanker als sonst daherkom- men. Daher ist es ratsam, gleich zwei Präsentatio- nen vorzubereiten: eine, die demZuhörer vor oder nach dem Pitch zugespielt wird und ohne Erklä- rungen auf der Tonspur auskommt, und eine, die während des Pitches gebraucht wird. Der Erfolg einer Präsentation ist stark von der Geschichte dahinter abhängig, die ein kla- res Kommunikationsziel verfolgen sollte. Dabei dürfen Präsentierende ruhig mutig sein und sich metaphorischer Bilder bedienen. Vergleiche mit großen, bekannten Unternehmen visualisieren denmöglichen Erfolg und bleiben in Erinnerung. Das Hamburger Start-up Musicube etwa, das von der Standortinitiative Nextmedia.Hamburg geför- dert wurde, bezeichnet sich gern als „Tinder für Songs“ oder „B2B-Google für die Musiksuche“ und hat mit diesemNarrativ nachhaltigen Erfolg. Beim digitalen Pitch noch wichtiger als im echten Leben ist zudem der genaue Blick auf die Uhr: Eine gute Story lässt sich in fünf Minuten erzählen, ehe direkt eine Frage-Antwort-Situa- tion folgen sollte, um so auch den Zuhörer zu akti- vieren. Zur Aufbereitung der Fragen bietet sich die Nutzung eines externen Kanals wie Slack an, über den alle Fragen von einemNicht-Sprecher schon während des Vortrags gesammelt werden können. Insgesamt gilt auch bei Video-Präsentatio- nen: Es gibt keinen „All-fits-one-Pitch“. Es kommt vielmehr darauf an, auf sein Gegenüber einzuge- hen und mit ihm auf einer Wellenlänge zu sein. ■ FOTOS: GETTY IMAGES/MANWITHGIANTLAPTOPCONFCALL, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG Der Autor Lars Hartenstein ist seit 15 Jahren als selbstständiger Executive-Coach und Moderator tätig und fördert bei Teams wie Einzelpersonen Kommunikations­ kompetenzen und Kreativität. Melina Hanisch, Start-up-Koordinatorin der IHK Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@berlin. ihk.de Link zur Website der Gründerszene Die Original-Version des Textes unter: gruenderszene.de 61 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 10 | 2020 SERVICE | Gründerszene

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