Berliner Wirtschaft 10/2019

D er Konferenzraum war bis auf den letz- ten Platz gefüllt. Dennis Bittner sprach als Geschäftsführer der Boschen & Oet- ting Automatisierungs-Bau GmbH vor Beschäftigten über gesetzliche Rente, finanzi- elle Lücken im Alter und betriebliche Altersvor- sorge (bAV). Der Diplom-Kaufmann erinnert sich noch genau an die Veranstaltung im Herbst ver- gangenen Jahres. Damals sagte er, die Geschäfts- leitung wolle sich entsprechend engagieren. „Das erhöht zwar die Kosten undmindert die Erträge“, machte er der Runde klar. „Deshalb müssen wir alle das Geld auch wieder verdienen.“ Aber das lohne sich in jedem Fall. Seit Jahresbeginn bietet der Berliner Sonder- maschinenbauer – wie viele andere Unterneh- men in der Hauptstadtregion – seiner Belegschaft die Möglichkeit, mithilfe der Firma teils steuer- und sozialabgabenfrei fürs Alter vorzusorgen. Besonders populär ist die Variante der Direkt- versicherung (siehe rechts). Für Führungskräfte wirdmitunter die Formder Unterstützungskasse gewählt. Und seit Anfang dieses Jahres gibt es als neue Möglichkeit die sogenannte Zielrente. Geschäftsführer Bittner hat eine Versorgungs- vereinbarung mit seinemVersicherer abgeschlos- sen, der auch die betrieblichen Risiken deckt: „In unseremFall ist es eine Direktversicherung, in die wir als Arbeitgeber einzahlen, was dem Arbeit- nehmer imRentenalter zugute kommt.“ Abhängig von der Betriebszugehörigkeit überweise Boschen & Oetting einen bestimmten Beitrag, der mit der Betriebszugehörigkeit steigt. Jeder Beschäftigte könne zudemeinen Teil seines Entgelts zugunsten der persönlichen Altersvorsorge umwandeln, was die Firma dann zusätzlich bezuschusst. Der Aufwand ist für Arbeitgeber bei einer Direktversicherung überschaubar, so Frank Hemicker. Wie der Experte für betriebliche Altersversorgung bei der bfh Finanzhaus Berlin GmbH weiß, schätzen Arbeitnehmer hieran die vom jeweiligen Assekuranzkonzern garantierten Leistungen. Für die betriebliche Altersvorsorge von Führungskräften bietet sich, so Hemicker, zusätzlich die Unterstützungskasse an: „Denn dort lässt sich der steuer- und sozialabgabenfreie Förderbetrag noch weiter ausbauen.“ Mit Blick auf die neue Zielrente äußert sich der Profi zurück- haltend: Es gebe zwar erste Versicherer, die dieses Produkt anbieten. Doch er kenne in Berlin noch keine Firma, die diese Form der Altersvorsorge nutze. Der Grund: „Es gibt kein festes Renten- versprechen – was vielen einfach zu wenig ist.“ Wie sehr betriebliche Altersvorsorge ein Thema bei Beschäftigten ist, spürt Stephanie Kräft. Sie ist Personalleiterin bei der Berliner Erdbär GmbH, die Bio-Kindersnacks aus Obst und Gemüse her- stellt. Mit Blick auf das durchweg junge Team sagt sie: „Viele haben ein Bewusstsein fürs finanzielle Vorsorgen in Richtung Rente.“ Seit Januar unter- stützt der Assekuranzkonzern HDI dabei mithilfe einer Direktversicherung. „Unabhängig davon“, erklärt die Betriebswirtin, „übernehmenwir auch BAV-Verträge, die neue Beschäftigte von deren bisherigen Arbeitgebern mitbringen.“ Für zusätzliche Motivation beim Sparen sorgt ein Angebot, das Erdbär, vermittelt von BAV-Ex- perte Hemicker, den Teammitgliedern bietet: Wer etwa 100 Euro an Entgelt mithilfe der HDI-Police umwandelt, bekommt nicht nur 15 Euro zusätz- lich vomArbeitgeber. Er erhält auch eine mit dem Erdbär-Logo verzierte Kreditkarte. Kräft: „Auf die zahlen wir monatlich steuer- und sozialabgabe- frei 40 Euro an Sachbezügen ein.“ Das Geld lässt sich etwa für den Jahresurlaub ansparen. „Oder“, so die Personalleiterin, „man zückt die Karte und gönnt sich mal was Schönes.“ ■ Dennis Bittner Geschäftsführer Boschen & Oetting Betriebliche Altersvorsorge erhöht zwar die Kosten und mindert die Erträge, deshalb müssen wir alle das Geld auch wieder verdienen. Aber das lohnt sich in jedem Fall. Modell Beschäftigte können wählen zwischen klassischen Rentenversicherungen mit ver- gleichsweise geringer Verzinsung und fonds- gebundenen Rentenversicherungen, bei denen Aktieninvestments möglich sind. Bedingungen Die Versicherungsbeiträge werden im Rahmen einer Entgeltumwandlung gezahlt. Der Arbeitnehmer kann die Ansprüche auch bei einem Arbeitgeberwechsel mitnehmen oder privat weiterführen. Details Beschäftigte können bis zu 268 Euro monatlich steuer- und sozialabgabenfrei in die Direktversicherung einzahlen. Zusätzlich können weitere 268 Euro steuerfrei gewandelt werden. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, für Neuverträge ab 2019 insgesamt 15 Prozent zur Entgeltumwandlung beizusteuern. Populäre Variante In puncto betriebliche Altersvorsorge ist die Direktversicherung bei Mittelständlern besonders beliebt 268 Euro können Beschäftigte maximal monatlich steuer- und sozialabgabenfrei in die Direktversicherung einzahlen. FOTO: GETTY IMAGES/WESTEND61 55 BERLINER WIRTSCHAFT 10 | 2019 SERVICE | Altersvorsorge

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