Berliner Wirtschaft 10/2018

UNTERNEHMEN & MÄRKTE 53 BERLINER WIRTSCHAFT 10/18 Seit 2018 verbietet die EU die kostenlose Ausgabe von be- stimmten Plastiktüten So hat Denn’s Biomarkt dadurch im Jahr 2017 bereits 4.000 Einwegbecher einge- spart, aber auch kleine Cafés machen en- gagiert mit. Laut einer Umfrage der Unterneh- mensberatung PwC sind 95 Prozent der Deutschen dafür, die Materialmenge bei Verpackungen auf ein Minimum zu re- duzieren. Mehr als 80 Prozent meinen, dass bei Obst und Gemüse eine Verpa- ckung grundsätzlich überflüssig sei. Be- sonders ärgerlich ist dabei, dass Biopro- dukte mit Plastikfolie verkauft werden. Auch da hat der Handel mit innovativen Ideen den Wünschen der Verbraucher entsprochen, indem etwa „Smart Labe- ling“ bzw. „Natural Branding“ schrittwei- se eingeführt wird, also das Lasern von Labels direkt auf die Schale. Beim Ein- kauf von Lebensmitteln achten 75 Pro- zent der Kunden darauf, Produkte mit so wenig Verpackung wie möglich aus- zuwählen. Laut einer anderen Umfrage wünschen sich 91 Prozent der befragten Konsumenten, dass Onlineshops ihre Versandverpackungen auf das Nötigste reduzieren, sogar ein Mehrwegsystem bei Versandverpackungen würde eine große Mehrheit gutheißen. Das Müllbewusstsein wächst Nun weiß man aus Erfahrung, dass die Verbraucher in Befragungen gerne eine Wunschvorstellung äußern, ihr eigenes Konsumverhalten aber nicht unbedingt umstellen. Allzu oft entscheidet sich der Kunde trotz miserabler Ökobilanz für den Onlinekauf aus Bequemlichkeit. Dabei ist der Bedarf anAbfallreduzierung nicht bloß ein LuxusproblemderwenigenÜberzeug- ten – Deutschland produziert einfach zu viel Müll (37,4 kg Plastikverpackungen pro Kopf) undwird ihnnicht los. DieAlarmglo- cken haben 2018 schon früh begonnen zu läuten. Anfang des Jahres verhängte China einen Importstopp für Plastikmüll. Allein 2016 wurden aus Deutschland fast 800.000 Tonnen Kunststoffreste nach China und Hongkong verschifft. Deutsche PET-Flaschen, die der Verbraucher wegen des Einweg- und Mehrwegpfands in den Handel zurückbringt, werden in Fernost verarbeitet. „Exportschlager“ dieser ande- renArt sind auch gebrauchte Elektroklein- geräte. An das Bild der endlosen Müllhal- denmit ausgeschlachteten Fernsehern aus Europa in Entwicklungsländern hat man sich schon fast gewöhnt. Oder nein – ge- wöhnt daran haben sich viele nicht, wes- wegen es nicht nur unter Umwelt-NGOs keinen Mangel an Ideen zur Abfallredu- zierung gibt. Auch in der Berliner Wirtschaft wächst seit Jahren das Bewusstsein für Müllvermeidung, das Thema hat die „Öko-Nische“ längst verlassen. Es sind nicht nur Pioniere wie Milena Glimbov- ski von „Original Unverpackt“, die voran- gehen. Der Lebensmittelriese Edeka hat erfolgreich den Einsatz von Mehrweg- verpackungen an den Frischetheken ge- testet, was lange an Hygienevorschriften gescheitert ist; die anderen Supermarkt- ketten (aktuell REWE) ziehen nach. Ei- ner, der Unternehmen in Sachen Plastik- vermeidung berät, ist der Berliner Chri- stoph Schulz, der den Blog „careelite.de“ betreibt und selbst nachhaltige Produkte vertreibt. Ob Bambusstrohhalme oder Zahnbürsten aus Holz –mit etwas gutem Willen finden sichmarktgängigeAlterna- tiven zu Einwegprodukten. Dass kleine Schritte große Wirkung haben können, beweisen auch Sabine und Christoph Scholz. Sie betreiben seit über 20 Jahren den Biolebensmittelbringdienst „Mär- kische Kiste“. Eigene Konzepte sind gefragt Um Plastikmüll einzusparen, haben sie kürzlich alle Kisteneinleger auf recyceltes Altpapier umgestellt, der Verschluss er- folgt mittels Klebstoff aus ausschließlich natürlichen Elementen (Kartoffelstärke). Nein, das ist nicht die günstigere Varian- te, aber wenn man etwa 10.000 Plastikfo- lieneinleger im Monat einsparen kann, mussten sich die Gründer der „Kiste“ nicht lange überzeugen lassen. Gesetzli- che Regularien sind das eine, derWille des Verbrauchers das andere, aber am Ende liegt es an den Unternehmen, die Vorga- ben um eigene Konzepte zu ergänzen. 95% der Deutschen sind laut einer Umfrage der Unternehmensberatung PwC dafür, Verpackungen auf ein Minimum zu reduzieren .

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