Berliner Wirtschaft 9/2019
Im boomenden Schöneberg war das Interesse der Bodenspekulanten am großen Garten der Schloßbrauerei sehr groß, allerdings ohne Erfolg Die Schloßbrauerei Schöneberg war nicht nur eine der großen Bierfabriken Berlins, sondern auch Ausflugsziel für eine Erfrischung unter Bäumen von Björn Berghausen Bären-Bock und Kronenbier FOTO: BBWA 41 BERLINER WIRTSCHAFT 09 | 2019 BRANCHEN | Historie D ie Schloßbrauerei Schöneberg wurde 1867 vonHeinrich Schle- gel als „Schloss-Brauerei Schle- gel & Co. Berliner Bären-Brau- erei“ gegründet und nahm mit dem Kapital vom Aktienmarkt in den Gründerjahren Fahrt auf. Die „Schloß- brauerei AG Schöneberg“ zahlte zwar jahrelang keine Dividenden, steigerte aber den Bierausstoß beständig. In diese Zeit kammit dem „Bayrischbier“ auch Konkurrenz aus Süddeutschland, denn mit Lindes Eismaschine revolu- tionierte sich das Brauen: Es war mög- lich, Hefe auch bei kälteren Tempera- turen gären zu lassen, das „Helle“ und das „Pils“ kamen auf den Schanktisch. Die Berliner Weiße konnten sie den- noch nicht verdrängen. Die Schloßbrauerei wurde unter der Ägide vonMax Fincke ab 1886 eine der großen Brauereien Berlins und bil- dete mit ihrem Restaurationsgarten einen beliebten Anziehungspunkt. Unter schönen, alten Bäumen gab es auf 70mal 100Metern die eigenen Pro- dukte zu trinken: Schloßbräu, Bären- Bock und Kronenbier. Das Werks- gelände füllte etwa das Areal zwischen der Haupt- und der Feurigstraße an der Ecke zur heutigen Domenicusstraße. 1889 modernisierte die Schloß- brauerei und errichtete nicht nur einen 42 Meter hohen Schornstein, sondern auch einen von Regierungsbaumeister Wilhelm Walther entworfenen Pfer- destall, der auf zwei Stockwerken Platz für 140 Brauereipferde bot. Ebenfalls neu war das Bierkochen nicht mit direktem Feuer, sondern mit Dampf. Überdies soll hier die erste Flaschen- bierabfüllung Berlins eingeführt wor- den sein - ganz zu schweigen von der 0,33-Liter-Bügelflasche mit Schnapp- verschluss. Diese konnte gespült und wiederverwendet werden und ver- günstigte den Absatz. Günstig und beliebt blieb das Aus- flugslokal – nun aber überbaut durch den „Prälat“. Mehrere Säle luden ab 1938 bis zu 2.000 Gäste zum Tanz. Er blieb „der“ Veranstaltungsort Ber- lins, etwa für den Presseball in den 1950ern – bis zur Eröffnung des Palais am Funkturm. Bis dahin aber hatte die Schloßbrauerei mehrere Besitzer- wechsel erlebt und vor allemdie Bom- benzerstörung im November 1943. 1954 stieg die Berliner Kindl Braue- rei AG hier ein und errichtete 1974 rie- sige, moderne Brauereianlagen, die nur fünfzehn Jahre später wieder abgeris- senwurden undWohnungen der GSW wichen. Der „Prälat“ schlummert seit 1987 am Standort der Schloßbrauerei in einemDornröschenschlaf, aus dem ihnmehrere Initiativen bis heute nicht haben wecken können. ■ Für Interessierte Die Bestände des Berlin-Branden- burgischen Wirtschaftsarchivs (BBWA) können eingesehen werden. Kontakt und Informationen: bb-wa.de
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