Berliner Wirtschaft 7 + 8 / 2020

M ehr als ein Jahrzehnt dauert die Hoch- phase des Venture Capital nun schon an. Sie hat zu einem Verkäufermarkt zugunsten der Start-ups geführt, mit steigenden Bewertungen in den Early und Late Stages. Doch die Auswirkungen der Corona-Pan- demie werden bald auch in der Gestaltung von Beteiligungsverträgen zu spüren sein. Die Inves- toren dürften zunehmend die Oberhand gewin- nen. Nicht nur bei neuen Deals, auch Altinvestoren könnten darauf drängen, Sonderrechte zu ihren Gunsten dem neuen Marktumfeld anzupassen. Bewertung und Verwässerungsschutz Die allgemeine Unsicherheit führt zu niedrige- ren Unternehmensbewertungen und somit zu einer geringeren Beteiligungsquote der Gründer. Bestandsinvestoren werden sich bei Folgefinan- zierungsrunden über Verwässerungsschutzklau- seln noch intensiver als bisher gegen eine nied- rigere Bewertung absichern und somit über eine kompensierende Anteilsausgabe von den Grün- dern mehr Geschäftsanteile zum Nominalwert erhalten. Der Verwässerungsschutz bewahrt einen Investor davor, dass bei einer Folgefinanzie- rung eine niedrigere Bewertung greift als bei der Runde, an der er beteiligt war. In den letzten Jahren hat sich dabei die gründerfreundlichere Weighted-Average-Klausel durchgesetzt. Danach wird zur Berechnung der Anzahl der Geschäfts- anteile, die der Investor imRahmen des Verwäs- serungsschutzes erhält, ein gewichteter Durch- schnittspreis für die Anteile ermittelt, auf Basis des Volumens vorheriger Finanzierungsrunden und einer Runde mit niedrigerer Bewertung. Gründer und Investor teilen sich also das Risiko. Full-Ratchet-Methode zu erwarten Im aktuellen Marktumfeld ist damit zu rech- nen, dass die Full-Ratchet-Methode zum Ein- satz kommt. Diese stellt allein auf die niedrigere Bewertung der Downround ab und wälzt somit das Risiko einer Verwässerung allein auf die Gründer (beziehungsweise die übrigen Gesell- schafter) zugunsten des Investors ab. Trotzdem gilt es darauf zu achten, die Finan- zierungsfähigkeit und Attraktivität gegenüber weiteren potenziellen Investoren zu erhalten. Das gelingt nur durch eine faire Balance der Interes- sen von Gründern und Investoren, etwa durch eine zeitliche Beschränkung des Verwässerungs- schutzes auf die unmittelbar folgende Runde. Bislang waren Start-ups in Verhandlungen mit Investoren oft im Vorteil. Doch die Corona-Krise könnte das Machtgefälle kippen lassen. Worauf Gründerinnen und Gründer achten müssen von Dr. Christopher Hahn Was sich in VC-Verträgen ändern wird Bei Verhandlungen mit Investoren müssen sich Unternehmer auf die neue Gesamt- situation einstellen SERVICE | Gründerszene 60 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 07-08 | 2020

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